Frage an Peter Weispfenning von Jerome K.
Sehr geehrter Herr Weispfenning,
Ich schreibe Ihnen, als Spitzenkandidat Ihrer Partei zu den Europawahlen 2014 da ich gerne von Ihnen wissen würde
1. Wie stehen Sie zum Konflikt Russland/Ukraine?
2. Sind Ihnen die wöchentlichen Friedensdemonstrationen bekannt, die jede Woche an immer mehr Orten in Deutschland und auch Europa stattfinden? Wenn Ja, wie beurteilen Sie diese und haben Sie oder würden Sie an einer derartigen teilnehmen oder bereits teilgenommen?
3. In Europa werden viele Lebensmittelreste sinnlos vernichtet, statt diese Menschen in Armut zukommen zulassen, wie sehen Sie dies?
4. Wie stellen Sie sich in Europa den vernünftigen Umgang mit Ressourcen (Lebensmittel, Energie, Rohstoffe) vor?
5. Welche Meinung haben Sie zur Förderung von Bioenergiemasse?
Vielen Dank für Ihre Antwort
Jerome Kellermann
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Sehr geehrter Frau Kellermann,
das sind ja eine Menge Fragen. Vielen Dank! Ich versuche, sie konzentriert zu beantworten.
Zu 1. Wie stehen Sie zum Konflikt Russland/Ukraine?
Auf eine vergleichbare Frage habe ich hier bereits ausführlicher geantwortet (siehe https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/peter-weispfenning/question/2014-04-27/7015 ).
Man sollte weder auf die Heuchelei des Westens noch von Putin hereinfallen. Aktuell möchte ich nur kurz darauf hinweisen, was unsere Freunde der revolutionären Weltorganisation ICOR aus der Ukraine dazu machen bzw. meinen. Die Genossinnen und Genossen der KSRD müssen in den verschiedenen Regionen unter komplizierten Bedingungen arbeiten. In Kiew war am 1. Mai aufgrund des faschistischen Terrors ein öffentliches Auftreten mit marxistisch-leninistischen Positionen nicht möglich. In Odessa und Donezk trugen die Genossen ein viel beachtetes Transparent „Für den Sozialismus und für die Einheit der Ukraine“. Es richtete sich gegen eine verbreitete Stimmung „schlechtes Kiew – gutes Russland“. Die KSRD wendet sich gegen die imperialistische Einmischung sowohl der USA/EU als auch Russlands.
2. Sind Ihnen die wöchentlichen Friedensdemonstrationen bekannt, die jede Woche an immer mehr Orten in Deutschland und auch Europa stattfinden? Wenn Ja, wie beurteilen Sie diese und haben Sie oder würden Sie an einer derartigen teilnehmen oder bereits teilgenommen?
Ich weiß, dass es an einzelnen Orten solche Aktionen gibt, an denen sich natürlich auch Menschen mit ehrlichen Anliegen, einer Friedenssehnsucht usw. beteiligen. Die Bewegung ist aber äußerst fragwürdig, wenn man sich führende Persönlichkeiten (wie Lars Mährholz und Jürgen Elsässer), die Inhalte und Methoden genauer ansieht. Schon die von Anfang an vertretene Losung „Gegen die FED (eine private Bank)“ ist so ein Beispiel. Statt die Imperialisten verschiedenster Couleur zu kritisieren, wird der Blick auf eine absurde angebliche Weltverschwörung eingeengt, nicht selten mit antisemitischen Untertönen. Es gibt aber keine Weltverschwörung, sondern schlicht und einfach ein allein herrschendes internationales Finanzkapital, das seine aus schierer ökonomischer Potenz herrührende Macht über Weltwirtschaft und Weltpolitik mit verschiedenen Methoden, durch verschiedenste Organe ausübt.
Nicht müde werden viele Redner auch darin, pauschal gegen „links“ zur argumentieren bzw. strikt zu leugnen, dass die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen klassenbezogen sind.
Typisch ist auch der kleinbürgerliche Führungsanspruch verschiedener Organisatoren, die ohne demokratische Abstimmung und Beratung einfach vorgeben, wie was abzulaufen hat.
Verschwörungstheoretiker, Esoteriker, Ultrareaktionäre bis hin zu Neofaschisten bestimmen Ablauf und Inhalte weitgehend. Im Sinne der der sog. „Querfrontstrategie“ wird versucht, auch einzelne Menschen mit einem fortschrittlichen Image ins Boot zu holen.
Ich selbst gehe seit 2004 Woche für Woche jeden Montag auf die Straße bei den Montagsdemos und Aktionen, die aus dem Kampf gegen Hartz IV hervorgegangen sind und ihn weiterführen. Diese haben sich längst zu „Montagen des Widerstands“ entwickelt und sind auch eine Plattform für den antifaschistischen Kampf, den Umweltkampf und für den Friedenskampf, mit bewährten demokratischen und überparteilichen Prinzipien.
Die Koordinierungsgruppe der bundesweiten Bewegung Montagsdemo hat sich auch in einer Pressemitteilung zu den sog. „Friedensmahnwachen“ klar und zutreffend positioniert ( http://www.bundesweite-montagsdemo.com/index.php?option=com_content&view=article&id=1736:12042014-presse-kg&catid=204:2014&Itemid=82 ).
Zu 3. In Europa werden viele Lebensmittelreste sinnlos vernichtet, statt diese Menschen in Armut zukommen zulassen, wie sehen Sie dies?
Viel zu viel Lebensmittel werden heutzutage vernichtet. Über individuelle Möglichkeiten, das einzuschränken, muss mehr aufgeklärt werden. Das Problem muss aber insgesamt gesellschaftlich angegangen werden. In dem neu erschienenen Buch „KATASTROPHENALARM! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“ ( www.katastrophenalarm.info ) stellen wir die Forderungen auf: „Kampf dem weltweiten Hunger, der Spekulation mit Lebensmitteln, der massenhaften Vergiftung und Vernichtung oder dem Missbrauch von Nahrungsmitteln, der Fehlernährung von Milliarden Menschen!“ (S. 278)
Zu 4. Wie stellen Sie sich in Europa den vernünftigen Umgang mit Ressourcen (Lebensmittel, Energie, Rohstoffe) vor?
Wir benötigen eine Gesellschaft, frei von kapitalistischer Ausbeutung von Mensch und Natur. Das ist für mich der echte Sozialismus. Dann kann der Stoffwechsel Mensch-Natur bewusst gestaltet werden: Regenerative und dezentralisierte Energie, umfassende Maßnahmen zur Energieeinsparung, Beendigung der Wegwerfproduktion, internationale Kreislaufwirtschaft, eine ökologische und multifunktionale Landwirtschaft, eine gesamtgesellschaftliche Städte- und Landschaftsplanung, Einsatz von modernen Technologien zur Beseitigungen von Umweltschäden usw. Notwendig ist dabei auch eine Überwindung bürgerlicher und kleinbürgerlicher Gewohnheiten im Umgang mit der Natur. Dabei müssten europäische Länder angesichts der entwickelteren Produktivkräfte sicher eine – bescheidene! - Vorreiterrolle spielen, lösen lassen sich die globalen Umweltfragen aber nur international, in vereinigten sozialistischen Staaten der Welt.
Zu 5. Welche Meinung haben Sie zur Förderung von Bioenergiemasse?
Das sehe ich differenziert. Die Verwertung von sog. „Bioabfällen“ ist ein Baustein der Umstellung auf fossile Brennstoffe. Die regierungsamtlichen Konzepte (siehe den sog. „Biosprit“) laufen dagegen darauf hinaus, die landwirtschaftliche Produktion von Biomasse zu Lasten der Nahrungsmittel der ärmeren Menschen zu reduzieren, sie sind Vorreiter der Abholzung der Regenwälder usw. Solche Projekte des imperialistischen Ökologismus lehne ich ab.
Ich hoffe, ich konnte ihnen weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Weispfenning