Frage an Peter Tauber von Thomas S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Guten Tag Herr Dr. Tauber,
Zitat Zeit-online vom 31.03.2017:
""Das Leid der Jemeniten kümmert keine Seite"
Seit zwei Jahren herrscht im Jemen ein Krieg, für den sich die Welt kaum interessiert.
Der Hunger sei das Schlimmste, sagt der Politikanalyst Mahmoud Qaiyah.
ZEIT ONLINE: Herr Qaiyah, wie ist derzeit die Lage in Sanaa?
Mahmoud Qaiyah: Es ist sehr dramatisch. Es fehlt an allem, an Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten. Die Menschen bekommen seit Monaten kein Gehalt mehr, deshalb gibt es jeden Tag Streiks. Selbst an den wenigen Schulen, die noch arbeiten, wird gestreikt. Viele Krankenhäuser sind zerstört oder geschlossen. Das Schlimmste ist der Hunger. Millionen Jemeniten im Land hungern, auch in Sanaa betteln viele Menschen auf der Straße um Essen. Wenn nicht bald etwas passiert, wird es eine Katastrophe geben."
http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-03/jemen-krieg-sanaa-hunger-terror
Obwohl die Katastrophe seit langem absehbar ist, verweigern die reichen Länder eine umfassende Hilfe:
"Am 9. Juli berichtete das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP), das erst 33,3 Prozent der erforderlichen Spenden eingegangen seien. Erforderlich seien 2,1 Milliarden US-Dollar für humanitäre Hilfe, gezahlt wurden bislang 688 Millionen. Bislang haben die USA 145 Millionen gezahlt, Deutschland 55 Millionen, Saudi-Arabien nur 25 Millionen. "
https://www.heise.de/tp/features/Jemen-versinkt-weiter-in-Not-3768456.html
Deutschland hilft zu wenig und ist Teil des Problems:
"Auch Deutschland liefert Waffen in die Region. Trotz Bedenken wegen Katars Beteiligung am Krieg im Jemen genehmigte die Bundesregierung im Oktober 2015 die Lieferung von Kampfpanzern in das Golfemirat. Saudi-Arabien ist ebenfalls immer wieder Kunde."
Ist Ihnen die Problematik bekannt?
Was (haben Sie unternommen) werden Sie unternehmen,
um den notleidenden Menschen im Jemen politisch zu helfen?
Viele Grüße T. S.
Sehr geehrter Herr S.,
sowohl die unionsgeführte Bundesregierung als auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verfolgen die alarmierenden Entwicklungen im Jemen mit großer Aufmerksamkeit und bemühen sich weiterhin um eine Linderung der großen Not der Zivilbevölkerung.
In dem bewaffneten Konflikt im Jemen sind seit März 2015 nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 5.000 Menschen gestorben, über 8.000 wurden verletzt. Im Jemen herrscht derzeit, den Vereinten Nationen zufolge, die größte humanitäre Krise weltweit: 18,8 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, davon 9,6 Millionen Kinder. 17,1 Millionen Menschen von Nahrungsunsicherheit betroffen, davon 6,8 Mio. stark gefährdet, 3,3 Mio. Menschen sind mangelernährt, davon 2,2 Mio. Kinder. Der Cholera-Ausbruch verschärft seit April die Lage weiter. Laut der Weltgesundheitsorganisation sind bereits über 2000 Menschen an der Cholera gestorben. Es gibt mehr als eine halbe Million Verdachtsfälle. Die Zahl der Binnenvertriebenen liegt bei ca. 2 Millionen Menschen, viele sind zudem in Nachbarländer geflohen.
Jemen ist seit fast fünfzig Jahren Kooperationsland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und gehört zu den Ländern, mit denen die Bundesrepublik auf Basis zwischenstaatlich vereinbarter Verträge zusammenarbeitet. Die Schwerpunkte der Zusammenarbeit liegen in den Bereichen Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung - wichtig zur Bekämpfung der Cholera - sowie Grundbildung. Darüber hinaus engagiert sich Deutschland in den Bereichen Gesundheit, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Ernährungssicherung und Stärkung von Zivilgesellschaft und guter Regierungsführung.
Auch in der derzeitigen Krise hat Deutschland die Zusammenarbeit nicht eingestellt, sondern an die aktuellen Herausforderungen angepasst. Aufgrund der kritischen Sicherheitslage ist zurzeit kein deutsches Personal vor Ort. Die Projekte werden aber durch nationales Personal fortgeführt.
Ziel des deutschen Engagements ist, die Lebensbedingungen der jemenitischen Bevölkerung zu stabilisieren, indem beispielsweise noch vorhandene öffentliche Strukturen zur Versorgung mit Basisdienstleistungen aufrechterhalten werden. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf die Situation der Binnenvertriebenen gerichtet. Zudem sollen wo möglich Reformprozesse und politische Konsensfindung auf allen Ebenen unterstützt und die Grundlagen für einen Wiederaufbau nach Ende der Kampfhandlungen gelegt werden. Im Bildungsbereich wird auch die Fortbildung von Lehrpersonal in psychosozialer Unterstützung gefördert. 2016 hat das BMZ 55,25 Millionen Euro für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit Jemen zur Verfügung gestellt, 2017 stehen bislang weitere 62,6 Millionen Euro bereit.
Nur eine politische Lösung kann diese katastrophale Krise beenden. Die wichtigsten Schritte hierfür sind ein umgehender Waffenstillstand, uneingeschränkter, sicherer humanitärer Zugang und die Wiederaufnahme von Verhandlungen unter Vermittlung der Vereinten Nationen. Wir unterstützen die laufenden Bemühungen des Sondergesandten der Vereinten Nationen, Ismail Ould Sheikh Ahmed, die Konfliktparteien in Jemen zurück an den Verhandlungstisch zu bringen, und rufen alle Parteien zu einer konstruktiven Zusammenarbeit auf.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Tauber MdB