Frage an Peter Tauber von Magnus W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr gehrter Herr Tauber,
im letzten Dezember äußersten sie sich dahingehend, dass es kein Problems sei, nach Afghanistan abzuschieben. Dort gäbe es Regionen, wo man sicher leben könne und verwiesen dabei auf die gute Zusammenarbeit zwischen der Deutschen und der Afghanischen Regierung. Mich würde doch sehr interessieren, wie Sie diese Haltung begründen. So heißt es zum Beispiel in der Reisewarnung des AA: „Wer dennoch reist, muss sich der Gefährdung durch terroristisch oder kriminell motivierte Gewaltakte bewusst sein. Auch bei von professionellen Reiseveranstaltern organisierte Einzel- oder Gruppenreisen besteht unverminderte Gefahr, Opfer einer Gewalttat zu werden.
Für zwingend notwendige berufliche Reisen nach Afghanistan gilt: Der Aufenthalt in weiten Teilen des Landes bleibt gefährlich. Jeder längerfristige Aufenthalt ist mit zusätzlichen Risiken behaftet. Bereits bei der Planung des Aufenthaltes sollten die Sicherheitslage und die daraus resultierenden Bewegungseinschränkungen beachtet werden. Zudem sollte der Aufenthalt auf der Basis eines tragfähigen professionellen Sicherheitskonzepts durchgeführt werden.
Es wird empfohlen, sich bei Reisen nach Afghanistan möglichst schon vor Abreise in die Krisenvorsorgeliste (Externer Link, öffnet in neuem Fenster http://elefand.diplo.de/ ) einzutragen.
In ganz Afghanistan besteht ein hohes Risiko, Opfer einer Entführung oder eines Gewaltverbrechens zu werden. Landesweit kann es zu Attentaten, Überfällen, Entführungen und andere Gewaltverbrechen kommen.“ Ein Land, in dem fast 1000 Deutsche Soldaten stationiert sind, Männer und Frauen, die bewaffnet und ausgebildet sind zu töten, ein Land, für das sie für Ihre eigenen BürgerInnen eine Reisewarnung aussprechen, Ihnen also wegen der erhöhten Gefahr abraten, sich dort aufzuhalten, dieses Land, dieses Bürgerkriegsland, soll also für afghanische RückkehrerInnen sicher sein?
Sehr geehrter Herr Wurm,
haben Sie vielen Danke für Ihre Anfrage. Gerne möchte ich Ihnen meine Sicht erläutern.
Grundsätzlich werden Rückführungen mit Bedacht und in enger Zusammenarbeit unter anderem mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) durchgeführt. In jedem Einzelfall wird geprüft, ob die jeweilig betroffene Person in eine Region zurückgeführt werden kann. Auf diese Weise verfahren alle europäische Länder.
Die Bedrohungslage für afghanische Zivilisten hat sich seit 2015 - für ganz Afghanistan betrachtet - nicht verändert. Die Angriffe seitens der Taliban richten sich gezielt auf Angehörige der internationalen Gemeinschaft und nicht auf die Zivilbevölkerung. Dies erklärt die Reisewarnungen, auf die Sie sich beziehen.
Es ist nach wie vor ein zentrales Anliegen des deutschen Afghanistan-Engagements, die Sicherheitslage vor Ort weiter zu verbessern. So haben wir uns wesentlich am Aufbau der Nationalen Polizeiakademie in Kabul sowie weiterer Polizeizentren im Norden des Landes beteiligt, um die Leistungsfähigkeit der afghanischen Polizei zu verbessern. Auch in der Zukunft wird Deutschland unterstützend an der Seite des Landes stehen, damit Afghanistan seinen schwierigen aber gleichzeitig klaren Weg fortsetzen kann.
Ich hoffe, dass ich Ihnen meinen Standpunkt auf diese Weise näherbringen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Tauber