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Peter Tauber
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Frage von Jens S. •

Frage an Peter Tauber von Jens S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Tauber,

das Thema Islam und Islamisierung ist seit einiger Zeit, besonders seit dem massiven Anstieg der Einwanderung aus diesem Kulturkreis, in der öffentlichen Diskussion. Hierzu habe ich folgende Fragen an Sie als Vertreter der CDU:

1) Erachten Sie die aktuelle Anzahl von Muslimen in Deutschland als zu hoch oder nicht?
2) Sehen Sie die Gefahr, dass die aktuelle und weiter steigende Zahl der Muslime in Deutschland dieses Land zum negativen verändern wird?
3) Ist es eines der Ziele der CDU die Anzahl der Muslime in Deutschland wieder zu reduzieren?
4) Sehen Sie die Gefahr einer Islamisierung des öffentlichen Raumes in Deutschland?

Vielen Dank für Ihre Antworten.

Jens Schmidt

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schmidt,

bitte entschuldigen Sie meine so verspätete Antwort. In den vergangenen Monaten haben mich außerordentlich viele Briefe und Mails erreicht, sodass die individuelle Beantwortung viel Zeit in Anspruch nimmt.

Zu möglichen Gefahren und Risiken einer steigenden Anzahl muslimischer Einwanderer möchte ich klar Stellung beziehen. Erstens: Sehr viele Einwanderer kommen überhaupt nicht aus dem islamischen Kulturkreis, sondern aus Russland, Polen und anderen Teilen der Welt. Unter den Flüchtlingen ist der Anteil der Muslime höher. Hier gelten aber andere Regeln und Prinzipien. Flüchtlingen gewähren wir nur temporär Schutz vor Verfolgung. Zweitens: Die Vorstellung, dass ein Muslim kein guter deutscher Bürger sein kann, ist falsch. Auch mit Blick auf unsere Geschichte verbietet sich ein solches Denken. Schon einmal ist den Angehörigen einer religiösen Minderheit abgesprochen worden, gute deutsche Bürger zu sein, den Juden.

Grundsätzlich ist Einwanderung keine Gefahr, das Gegenteil ist der Fall. Die Migration bietet Chancen, die uns sonst verwehrt blieben und auf deren Nutzung wir angewiesen sind, wenn wir alleine festhalten, dass aufgrund der demographischen Entwicklung inzwischen ein Drittel der Leerstellen nicht besetzt werden kann.

Bereits heute herrscht ein Mangel an Arbeitskräften in einigen Branchen, wie zum Beispiel Pflegeberufen. Wegen der demographischen Entwicklung unserer Gesellschaft sind wir daher abhängig von arbeitswilligen, qualifizierten Migranten, um die Stellen zu besetzen, die sonst leer blieben. Doch sollte das Thema Einwanderung nicht nur auf die arbeitsmarktpolitische Notwendigkeit beschränkt werden, stattdessen muss die Frage gestellt werden, was Deutschland auch für Einwanderer, die nicht nur einen Arbeitsplatz – sondern einen Wohnort suchen, attraktiver macht.

Wenn wir Zuwanderung wollen, die nicht nur arbeitsmarktorientiert ist, nicht nur temporär, dann müssen wir auch über ein Einwanderungsgesetz reden. Momentan geht es uns in Deutschland wirtschaftlich gut. Hoch qualifizierte Zuwanderer kommen, weil es hier Arbeit gibt. Doch die sind vermutlich schnell wieder weg, wenn es einmal schlechter läuft. Doch eine Nation braucht, wenn sie auch schwierige Zeiten überstehen will, Bürger, die sie dann tragen und ein positives Staatsverständnis haben. Wir müssten festlegen, welchen Bedarf wir an Einwanderung haben, was ein Zuwanderer im wahrsten Sinne des Wortes mitbringen soll – an Bildung, Fähigkeiten und der Bereitschaft, sich einzubringen.

Es geht also um die Frage, wer kommt und wer bereit ist, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung anzunehmen und mit zu tragen. Dies schließt Muslime nicht aus. Wir sind angewiesen auf Zuwanderung und wollen diese fördern, natürlich geregelt durch Richtlinien, die für beide Seiten förderlich sind, und die Aufnahme von Migranten an diese Forderungen unseres Sozialstaats anpassen.

Fakt ist, es gibt viele Muslime in Deutschland, auch in der CDU, die unsere Werte teilen, die sich engagieren für dieses Land, die hier leben, die deutsche Bürger sind und von denen ich mir wünschte, dass sie sich noch stärker einbringen würden, sowohl politisch als auch im Ehrenamt. In Deutschland herrscht Religionsfreiheit nach dem Grundgesetz und auf Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung wird der Islam in Deutschland friedlich gelebt. Religionsfreiheit ist allerdings selbstverständlich nicht schrankenlos, sondern es gilt unsere staatliche Ordnung. Und dort, wo Muslime nicht bereit sind, das zu akzeptieren, gibt es natürlich ein massives Problem.

Die staatliche Ordnung kann nicht durch religiöse Verfasstheit infrage gestellt werden. Daher geht unser Staat nicht erst seit dem schrecklichen Anschlag in Berlin resolut – unter anderem durch Ermittlungen und durch verschiedene Verbote – gegen Islamisten vor, die einen radikalen, politischen Islam leben, der gegen unser Grundgesetz verstößt. Alle Menschen in Deutschland müssen denselben Zugang zu Bildung haben – auch wenn es darum geht, schwimmen zu lernen oder sich mit klassischer Musik auseinanderzusetzen. Nur so kann Integration gelingen. Gleichzeitig gebietet die Religionsfreiheit jedoch auch, dass man individuelle Schutzräume für bestimmte – mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbare – religiöse Werte schafft.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter Tauber