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Peter Tauber
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Frage von Mike S. •

Frage an Peter Tauber von Mike S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Tauber,

Nachdem die Bundesregierung in der Flüchtlingsfrage festgestellt hat, dass von EU und UN keine Hilfe zu erwarten ist, sondern sie eigenverantwortlich handeln muss, interessieren mich die daraus sich ergebenden Handlungskonsequenzen.

Lassen wir alle Flüchtlinge einreisen, ohne zu wissen, wie viele es werden und wie lange der Flüchtlingsstrom noch anhält?

Kann die BReg einen Aufnahmestopp aussprechen?

Kann die BReg die Flüchtlinge einfach weiter zur französischen, dänischen etc. Grenze bringen, um den Druck auf diese Länder für eine Lösung zu erhöhen?

Kann die BReg Griechenland zB durch Vertragsverletzungsverfahren u.a. Verpflichten, die EU-Außengrente dicht zu machen und die Flüchtlinge auf dem Meer in die sicheren Lager in der Türkei zurückweisen und dort ebenfalls durch Kopfpauschalen o.ä. Helfen?

Mit freundlichen Grüßen

Mike Seim

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Seim,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de zum Thema Flüchtlingspolitik. Inzwischen ist viel Zeit vergangen; meine verspätete Antwort bitte ich zu entschuldigen.
Lassen Sie mich zunächst klarstellen: Die Flüchtlingszahl ist enorm reduziert worden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wurde personell massiv aufgestockt; so schnell wie wohl noch nie zuvor eine Behörde in Deutschland. Die Asylentscheidungen sind auf inzwischen weit über 50 000 monatlich erheblich gesteigert worden. Die Verfahrensdauer hat sich bei neu gestellten Asylanträgen auf nur noch 1,5 Monate verringert. Seit der letzten Septemberwoche hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erstmals seit langem wieder mehr Entscheidungen getroffen, als Anträge gestellt worden sind. Trotz der deutlichen Reduzierung der Zahl der Flüchtlinge haben wir unser auch das Ziel erreicht, den Menschen zu helfen, die tatsächlich hilfsbedürftig sind und denen wir auch weiterhin unseren Schutz bieten wollen. Um dies zu erreichen, haben wir viele Entscheidungen getroffen und Gesetze auf den Weg gebracht. Wir haben heute eine ganz andere Situation als noch vor einem Jahr. Viele der Entscheidungen und viele der erzielten Erfolge sind vielleicht nicht bekannt genug. Lassen Sie mich diese Punkte im Zusammenhang mit Ihren Forderungen kurz ansprechen:

- Wir haben das deutsche Asylrecht erheblich verschärft. Asylverfahren wurden beschleunigt, Abschiebungen werden nicht mehr angekündigt.

- Wir haben den Familiennachzug für bestimmte Gruppen und Abschiebehindernisse aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt; es gibt inzwischen Aufnahmezentren zur Verfahrensbeschleunigung für Migranten ohne Bleibeperspektive.

- Die Verfahrensabläufe beim Bundesamt für Migration und Flüchtlingen wurden verbessert und beschleunigt.

- Wir haben die Zahl der sicheren Herkunftsstaaten ausgeweitet. Die Einstufung der Westbalkan-Staaten als sichere Herkunftsstaaten führte zu einem deutlichen Rückgang der Flüchtlingszahlen aus dieser Region.

- Das Ausländerrecht wurde verschärft, Hürden für die Abschiebung wurden gesenkt.

- Mit einem Integrationsgesetz setzen wir auf Fördern und Fordern. Es gibt mehr Integrationskurse. Den Städten und Kommunen helfen wir mit der Möglichkeit von Wohnsitzzuweisung, um Probleme in Ballungszentren zu vermeiden. Bislang haben allerdings nur Bayern und Baden-Württemberg davon Gebrauch gemacht.

- Die illegale Migration über die Türkei konnte vor allem dank des EU-Türkei-Abkommens weitgehend gestoppt werden.

- Wir schützen heute die EU-Außengrenzen besser als noch vor einem Jahr. Ein NATO-Marineverband unter deutscher Führung beobachtet die Bewegungen von Schleusern in der Ägäis; die Grenzschutzagentur Frontex soll zu einer richtigen europäischen Grenz- und Küstenwache ausgebaut werden.

- Deutschland gibt 2,3 Milliarden Euro, um syrischen Flüchtlingen vor Ort zu helfen und eine Perspektive zu geben.

Allein diese stichwortartige und nicht abschließende Aufzählung zeigt, dass wir schon viel unternommen haben, damit sich eine Situation wie in 2015 nicht wiederholt. Hierzu ist auch Europa gefordert. Die Länder an den EU-Außengrenzen dürfen mit der Bewältigung des Migrationsgeschehens nicht alleine gelassen werden. Alle EU-Mitgliedstaaten müssen sich bei der Aufnahme von Flüchtlingen in die Pflicht nehmen lassen. Fluchtursachen müssen bekämpft werden, dazu zählt vor allem auch eine aktive Politik für Afrika.
Es bleibt auch noch einiges zu tun: Bei der Rückführung der abgelehnten Asylbewerber müssen Bund und Länder ihre Anstrengungen verstärken. Der Schutz der EU-Außengrenzen muss intensiviert, Frontex zu einer richtigen europäischen Grenzpolizei ausgebaut werden. Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen zum aktuellen Stand der Flüchtlingspolitik weiterhelfen. Damals wie heute möchte ich zudem darauf hinweisen, dass wir ganz gezielt an einer europäischen Lösung arbeiten, die unsere Länder schützt und gleichzeitig Menschen in Not Hilfe bietet. Die Binnengrenzen zu schließen löst die Probleme nicht. Auch Ihre These, von EU und UN sei bezüglich der Flüchtlings- und Asylpolitik keine Hilfe erwarten, ist falsch. Im Gegenteil; Eine rein nationale Lösung oder gar eine Abschottung ist keine Option. Nur eine europäische Lösung kann die enormen Herausforderungen der Flüchtlingspolitik langfristig meistern.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Tauber