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Frage von Nicole G. •

Frage an Peter Tauber von Nicole G. bezüglich Finanzen

1000 Milliarden oder die geladene Finanzwaffe des Herrn Draghi

Die EZB kauft bis Sep 2016 Banken und anderen Finanzunternehmen im großen Stil Wertpapiere (vor allem Staatsanleihen) ab.

Für die Anleihen erhalten die Geldhäuser Geld. In den Finanzkreislauf gelangen so riesige Summen – die Notenbank druckt faktisch Geld.

Sollten Papiere – etwa griechische Staatsanleihen – ausfallen, müsste auch der deutsche Steuerzahler herhalten. Der niederländische Notenbank-Chef Klaas Knot sieht darin ein Problem: "Wir müssen vermeiden, dass über die Hintertür der EZB-Bilanz Entscheidungen getroffen werden, die den demokratisch legitimierten Politikern der Euroländer vorbehalten bleiben müssen."

Ein möglicher Ausweg aus diesem Dilemma: Die jeweiligen Notenbanken kaufen nur die Anleihen ihrer eigenen Staaten auf. Erst einmal steht dann jedes Land für seine eigenen Papiere gerade. Doch im schlimmsten Falle, wenn tatsächlich ein Land zahlungsunfähig wird, könnten auch die anderen Länder haften.

Sehr geehrter Herr Tauber,

Wird durch dieses Gelddruckprogramm oder auch die sogenannte "Geldschöpfung aus dem Nichts" demokratisch legitimierten Politikern nicht Ihre Daseinsgrundlage entzogen, wenn die EZB durch Haftung über u.a. den ESM die ausländischen Schulden Deutschland aufdrückt?

http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-01/ezb-staatsanleihen-draghi-kaufprogramm/seite-2

Herr Draghi zaubert das Geld aus dem Hut, ohne dafür eine Leistung erbracht zu haben. Erstaunlich.
Bei 5 % Verleihgebühr gleich Zins sind das schon 50 Milliarden Zinseinnahmen ohne Zinseszinseffekt versteht sich auf Zeitraum x.
Die EZB bekommt für etwas, was sie vorher garnicht besessen, geschweige denn erwirtschaftet hat ,
satte 50 Mrd..

Ist das Täuschung oder die genialste Idee der Welt? Und wir die Knechte dieser Finanztricks.
Die ewig gezogene Waffe der Steuerhaftung?

Ist das so gewünscht? Wie erklärt man Kindern dieses Leben?

Mit freundlichen Grüßen, N.Grothey

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Grothey,

haben Sie vielen Dank für Ihre erneute Anfrage über abgeordnetenwatch.de. Ihre These, die Europäische Zentralbank würde Deutschland durch die Haftung für Maßnahmen wie den Europäischen Stabilitätsmechanismus ausländische Schulden aufdrücken, ist nicht korrekt. Für den Bundeshaushalt besteht kein Haftungsrisiko. So argumentiert auch die Deutsche Bundesbank. Grundsätzlich gilt, dass falls die EZB einen Verlust erwirtschaftet, der Fehlbetrag gemäß Art. 33 der Satzung des ESZB aus dem allgemeinen Reservefonds der EZB und erforderlichenfalls aus den monetären Einkünften des betreffenden Geschäftsjahres im Verhältnis und bis in Höhe der Beträge gezahlt werden kann, die nach Artikel 32.5 der Satzung (gemäß Kapitalanteil) an die nationalen Zentralbanken verteilt werden.
Sollten Verluste einer nationalen Zentralbank im Eurosystem nicht durch laufende Einkünfte, Rückstellungen und Rücklagen getilgt werden können, muss diese Zentralbank laut Bundesbank im Jahresabschluss einen Verlustvortrag ausweisen, bis der Verlust durch künftige Gewinne abgedeckt wird. Eine Belastung des Bundeshaushalts etwa über eine geringere Gewinnabführung der Bundesbank an den Bundeshaushalt ist demnach zwar nicht ausgeschlossen. Eine rechtliche Verpflichtung des Bundes, Verluste der Bundesbank unmittelbar auszugleichen, besteht nach deutschem Recht jedoch ausdrücklich nicht. Ein Verlustausgleich könnte aber laut Bundesbank erforderlich sein, wenn ein hoher Verlustvortrag nicht in einem vertretbaren Zeitraum ausgeglichen werden könnte. In den Konvergenzberichten der EZB wird insoweit eine Ausgleichspflicht nach dem Unionsrecht angenommen, als durch Höhe und Nachhaltigkeit der Verluste Zweifel an der Fähigkeit der nationalen Zentralbank bestehen, ihre Aufgaben erfüllen zu können. Eine Verlustübernahme durch den Bund könnte aus Sicht der Bundesbank also erforderlich werden, wenn das Ausmaß angefallener Verluste die finanzielle Unabhängigkeit der Bundesbank und damit auch die Glaubwürdigkeit des Eurosystems in Frage stellte. Eine solche Situation ist aus meiner Sicht im Moment und aus heutiger Sicht auch für die Zukunft nicht im Ansatz erkennbar. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und der Bundestag insgesamt werden den Sachverhalt aber auch in Zukunft sehr intensiv verfolgen. Die bei Ihnen mitklingende Sorgen hinsichtlich der Geld- und Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) kann ich durchaus nachvollziehen. Auch wir beobachten das Handeln der EZB wie schon gesagt sehr genau. Gerade Deutschland hat sich aber - aus guten Gründen - bei der Errichtung der EZB immer für eine starke Unabhängigkeit der Zentralbank von der Politik ausgesprochen und dies auch durchsetzen können. Diese Errungenschaft, die den Staaten die Möglichkeit nimmt, Einfluss auf die Geldpolitik im Sinne der eigenen Haushaltspolitik zu nehmen, sollte nicht zur Disposition gestellt werden, solange die EZB im Rahmen ihres Mandats handelt. Dies haben sowohl der EuGH als auch das Bundesverfassungsgericht bisher klar bestätigt.

Der Kauf der EZB von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt ist vom EU-Vertrag ausdrücklich gedeckt (vgl. Art. 123 AEUV). Ein Trend zu immer niedriger werdenden Zinsen ist seit einigen Jahrzehnten zu beobachten, auch schon im Geltungsbereich der D-Mark. Gleichzeitig muss aber immer auch das Verhältnis von Inflation und Zinsniveau, also der tatsächliche Realzins, im Auge behalten werden. Dieser Realzins war in den vergangenen Jahrzehnten in vielen Phasen nahe Null. Auch dass sich Spargeld über einen gewissen Zeitraum negativ verzinst, ist kein neues Phänomen des aktuellen Niedrigzinsumfelds. In Zeiten höherer Inflation überwogen nach Daten der Bundesbank historisch betrachtet sogar die Zeiträume mit negativer Realverzinsung. Der Schlüssel zu wirtschaftlichem Erfolg ist jedoch nicht allein die Geldpolitik, sondern vor allem das Vertrauen in eine nachhaltige, zukunftsgerichtete Reformpolitik. Hier sind die nationalen Regierungen gefragt. Solange viele von Ihnen nicht konsequent wirtschaftliche und haushalterische Reformmaßnahmen durchsetzen, wird sich dieses Vertrauen nicht einstellen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter Tauber