Frage an Peter Tauber von Katja R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Tauber,
ich habe mir Ihr Video angesehen und es bleibt bei meinen Fragen, denn diese wurden ja nicht beantwortet.
Wenn SIe sagen, Deutschland hätte auch schon sehr viele Schiedgerichte in Verträgen mit anderen Ländern, dann hätten Sie aber erwähnen müssen, das es sich dabei um Entwicklungsländer handelt. Wie Sie selbst sagen, sind weder die USA noch die Staaten der EU Entwicjklungsländer und haben ein funktionierendes Rechtssystem.
Sind Sie sich eingentlich der Wirkung dieser Gerichte bewusst? Das Gut, für das ein extra Gericht mit einseitigem Klagerecht vorgesehen werden soll, sind nicht etwa die Menschenrechte oder der Umweltschutz oder die Nachhaltigkeit, nein, es sind die Profite der Konzerne? Ist das die Politik, für die die CDU stehen will?
Dieses Zeichen kommt jedenfalls bei mir an.
es bleibt bei den Fragen:
1. Wenn Ihre Partei nicht müde wird, vielen europäischen Ländern mangelde Wettbewerbsfähigkeit vorzuwerfen, wie sollen diese dann davon profieren, das sie Ihre Märkte öffnen?
Werden Italien, Frankreich oder Spanien mit diesem Abkommen automatisch wieder wettbewerbsfähig?
2. Wieso brauchen wir einen völkerrechtlichen Vertrag, um gemeinsame Normen zu finden? Dafür gibt es internationale Normungsgremien, in denen die Fachleute aus den Bereichen zusammen arbeiten (War bei der CE Normung sehr erfolgreich). Ist Ihnen wohl dabei, das Anwälte und Handelskommisare die Standards aushandeln?
3. Wenn die Handelsströme umgeleitet werden, denn ich kaufe ja nicht 2 Autos, sondern entweder ein deutsches oder amerikanisches, wer wird der Verlierer sein?
4. Sind Sie der Ansicht, das die höchsten Normen festgeschrieben werden sollen, wodurch aber alle Schwellen- und Entwicklungsländer das Nachsehen haben werden?
Sollte das Ziel nicht ein fairer Ausgleich zwischen allen Handelspartner sein?
5.Reicht Ihnen die Information über Ergebnisse aus, oder sollten die Bürger und Abgeordneten nicht mitreden können?
Mit freundlichen Grüssen
Katja Rauschenberg
Sehr geehrte Frau Rauschenberg,
bitte entschuldigen Sie meine so verspätete Antwort. Mich erreichen zahlreiche Briefe und Mails, sodass die individuelle Beantwortung viel Zeit in Anspruch nimmt. Erlauben Sie mir heute auf einige zentrale Punkte Ihrer Anfrage einzugehen, die mir von grundsätzlicher Bedeutung erscheinen. Für die Detailfragen wenden Sie sich bitte an entsprechende Fachleute, die mit den Themen enger vertraut sind.
Zunächst einige grundsätzliche Ausführungen zur Bedeutung des Freihandels. Die Europäische Union und Deutschland profitieren in hohem Maße von international frei handelbaren Gütern und Dienstleistungen sowie von grenzüberschreitenden Investitionen. Die EU ist der weltweit größte Exporteur und Importeur von Waren und Dienstleistungen, sowie einer der wichtigsten Investoren und Empfänger von Investitionen. Der freie weltweite Handel mit Waren und Dienstleistungen ist für Europa nicht nur wünschenswert, er ist vielmehr Grundvoraussetzung für unsere wirtschaftliche Prosperität und damit für den Erhalt von Lebensqualität, hohen sozialen Standards und kultureller Vielfalt in der EU. Dies sind die Werte, für die die CDU steht und die wir durch Freihandelsabkommen wie TTIP stärken wollen.
Zu Ihrer Frage zur Thematik der Schiedsgerichte möchte ich deutlich hervorheben, dass die Verankerung von Schiedsgerichten in Freihandelsabkommen seit einem halben Jahrhundert üblich ist – vor allem auch auf Betreiben Deutschlands. In TTIP wird nun noch klarer als in früheren Abkommen geregelt, dass jeder Gesetzgeber auch weiterhin die Möglichkeit hat, Gesetze zum Schutz des Allgemeinwohls zu verabschieden, beispielsweise für Standards zum Schutz der Umwelt, der Gesundheit, der Sicherheit oder anderer öffentlicher Interessen. Die Verfahren sollen ausländischen Investoren Sicherheit geben und vor einer Diskriminierung gegenüber inländischen Investoren, vor einer Verstaatlichung des Eigentums oder vor unverhältnismäßigen Eingriffen schützen. Beim Schiedsverfahren geht es im Wesentlichen um Schlichtung und gegebenenfalls um Schadenersatz, nicht um das Aushebeln von Gesetzen.
Bezugnehmend auf Ihre Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit anderer EU-Staaten, verweise ich darauf, dass TTIP darauf ausgerichtet ist, allen EU-Bürgern zu helfen, unabhängig von der aktuellen Wirtschaftsleistung der Staaten. Laut Center for Economic and Policy Research sind es langfristig für einen durchschnittlichen EU-Haushalt etwa 545 Euro mehr im Jahr. Europa und die USA rücken durch TTIP näher zusammen. Am Ende des Prozesses könnte eine Art transatlantischer Binnenmarkt stehen, der viele Vorteile des EU-Binnenmarktes in größerer Dimension mit sich bringt. Chancen auf gute Jobs steigen und Einkommen können nachhaltig wachsen. Waren und Dienstleistungen können günstiger werden. Diese Fortschritte kämen allen Bürgern zugute.
Bezüglich Ihrer Anmerkung, Bürger und Abgeordnete sollten das Recht haben, mitzureden, möchte ich entgegnen, dass sowohl Bürger als auch Abgeordnete durchaus die Chance erhalten, die Verhandlungen zu beeinflussen. Der aktuelle Stand der Verhandlungsrunden ist auf Webseiten der EU* abrufbar. Auch die Befragung zum Thema Investorenschutz gab der Öffentlichkeit die Möglichkeit, Einfluss auf die Verhandlungen zu nehmen. Der Umfang der Informationen geht damit über das bei vergleichbaren Verhandlungen bisher Übliche weit hinaus. Und Deutschland setzt sich intensiv dafür ein, den Weg der Transparenz weiterzugehen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen und Sie bezüglich der Verhandlungen um das Freihandelsabkommen positiver stimmen. Weitere Informationen zu der Thematik finden Sie beispielsweise auch unter der Website der EU zu TTIP: http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/index_de.htm oder auf unserer CDU-TTIP-Seite: https://www.cdu.de/ttip/mythen/
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Tauber MdB
Generalsekretär der CDU Deutschlands