Frage an Peter Tauber von Dirk W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Tauber,
ich bin über Jahre hinweg Stammwähler von Ihrer Partei und Ihnen persönlich. Nun muss ich mich als Akademiker schämen. Das Thema ist bekannt. Der Verteidigungsminister!! Wie können Sie es ertragen das die DEMOKRATIE in Deutschland nur noch durch Repräsentieren und nicht mehr durch agieren gelenkt wird. Ich hab mich seiner Zeit sehr über die Wahl Ronald Reagans zum US Präsidenten amüsiert. Nun sind wir am selben Punkt angekommen. Man muss nichts mehr leisten, man muss sich nicht durch arbeit empfehlen, man muss sich nur richtig präsentieren (z.B.mit Frau und Kerner in Afganistan). Wenn sie nicht aufpassen und das Volk immer dümmer machen (Ja auch sie haben die Chance das Volk zu bilden!!!!!!! ) wird die Demokratie durch die Dummheit des Volkes sterben. Meine Frage ist Ihnen diese Gefahr bewusst die durch so unmoralisches Verhalten und deren Billigung entsteht. Bitte reagieren Sie solange es nicht zu spät ist. Ich ziehe nun für mich als Akademiker folgende Konsequenz: Nicht mehr wählen. Bitte überzeugen Sie mich doch wählen zu gehen in dem Sie Konsequenzen ziehen. Suchen Sie das Gespräch mit Kollegen und treten Sie gemeinsam zurück (od. drohen Sie dies wenigstens an) falls der Verteidigungsminister dies nicht macht. Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dirk Weisbecker
Sehr geehrter Herr Dr. Weisbecker,
vielen Dank für ihre Anfrage auf Abgeordnetenwatch. Ich mache um meine eigene Meinung in Bezug auf die Diskussion um Karl-Theodor zu Guttenberg keinen Hehl: Karl-Theodor zu Guttenberg hat einen schweren Fehler gemacht, als er die Quellen bei seiner Dissertation nicht ordnungsgemäß kenntlich machte. Dennoch hatte ich mir gewünscht, dass er auch in Zukunft eine herausgehobene Rolle in der deutschen Politik spielt. Kaum ein Politiker hat es in der Vergangenheit geschafft, innerhalb eines solch kurzen Zeitraums einen vergleichbaren Beliebtheitswert wie Herr zu Guttenberg zu erzielen. Ich teile ihre Meinung nicht, das Herr zu Guttenberg ein Minister war, der nur repräsentiert und nicht agiert hatte. Schauen Sie sich alleine die Reform der Bundeswehr an, die eine Jahrhundertreform ist und bislang von keinem anderen Politiker angefasst wurden. Das mittlerweile der allseits anerkannte Thomas De Maiziere zum neuen Verteidigungsminister ernannt wurde, belegt die große Bedeutung und Wichtigkeit der von Herrn zu Guttenberg initiierten Bundeswehrreform. Die positiven Beliebtheitswerte hatten im Übrigen einen sehr wichtigen Nebeneffekt: Die Menschen haben sich wieder für Politik interessiert, sich mit der Bundeswehr beschäftigt und unserem Verteidigungsminister zugehört. In Zeiten von Politikverdrossenheit war dies eine einmalige Chance.
Ob der Bundesverteidigungsminister nun für weitere politische Aufgaben diskreditiert ist, da gehen die Meinungen aber nun doch weit auseinander. Dass sein Handeln in der Zukunft immer unter "verschärfter Beobachtung" steht, dürfte nicht verwundern. Den einen oder anderen Rückschluss in Ihren Formulierungen teile ich jedoch nicht. Warum soll man nicht mehr wählen gehen, wenn ein Minister einen persönlichen Fehler begangen hat? Dieser Fehler wirkt sich zugegebenermaßen auf sein politisches Amt aus, aber dennoch liegt kein Fehler in seiner politischen Arbeit vor. Ich möchte nochmal betonen, dass Herr zu Guttenberg die Reform der Bundeswehr in kürzester Zeit angestoßen und mit der Umsetzung begonnen hat. Ich bin sehr im Zweifel, ob dies einem anderen Verteidigungsminister gelungen wäre. Man kann also sicher nicht davon sprechen, dass Herr zu Guttenberg in seinem Amt nichts geleistet hätte.
Zu Ihrer Frage: Natürlich bin ich mir bewusst, dass die Diskussion um die Doktorarbeit von Herrn zu Guttenberg ein schwerer Schlag für die Glaubwürdigkeit der Politiker in unserem Land insgesamt ist. Ich persönlich bin dabei auch der Meinung, dass es schon verwundert, dass gerade die Politiker besonders laut schreien, die angesichts der Debatte eher ein bisschen Demut an den Tag legen sollten. Hier reicht mir der Hinweis auf Herrn "Dr." Gysi und seine Promotion, die auch eine Parteitagsrede der SED sein könnte und nach meiner Meinung nicht viel mit Rechtswissenschaften zu tun hat.
Für mich persönlich kann ich nur sagen, dass ich weiter bemüht bin, meine Arbeit als Bundestagsabgeordneter ordentlich zu erledigen und mich dabei auf meinen Wahlkreis und die Anliegen der Einwohner konzentriere. Wenn jeder das notwendige Pflichtbewusstsein an den Tag legt, dann haben es Politiker selbst in der Hand, Bürgerinnen und Bürger davon zu überzeugen, dass ihre Interessen gut vertreten werden. Übrigens gilt das aus meiner Sicht für sehr viele der Abgeordneten, die ich kenne. Viele sind fleißig und arbeiten hart. Schade, dass im Zweifel immer die Negativbeispiele bemüht werden und bei den Menschen hängen bleiben. Außerdem sollten wir uns alle überlegen, ob und welche Wertmaßstäbe wir bei Politikern anlegen. Sind es die gleichen, die auch für uns selbst gelten? Darüber kann und sollte man bisweilen einmal nachdenken.
Nach dem Rücktritt von Herrn zu Guttenberg sollten wir den öffentlichen Fokus wieder auf die eigentlich wichtigen Dinge lenken: In Nordafrika stürzen Diktatoren, in Afghanistan wurden unlängst drei Kameraden heimtückisch erschossen, in Frankfurt hat uns ein Akt des Terrors am Flughafen erschüttert. Diese Ereignisse erfordern unsere volle Aufmerksamkeit und ein besonnenes Handeln der Politik!
Sollten Sie Interesse an einem persönlichen Gedankenaustausch haben, dann wenden Sie sich bitte direkt an mein Büro unter peter.tauber@bundestag.de .
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Peter Tauber