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Frage von Markus S. •

Frage an Peter Tauber von Markus S. bezüglich Jugend

Sehr geehrter Herr Dr. Tauber,

heute lese ich Ihren Vorschlag in Bild-online vom 23.07.2010 zum Thema "Ferienlager Ameland":
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Der CDU-Jugendpolitiker Peter Tauber zu BILD: „Wir brauchen ein neues Kinderschutz-Gesetz, das Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbindet, sowie mehr Aufklärung. Um in Fällen wie diesem die Prävention zu verbessern, könnte das erweiterte polizeiliche Führungszeugnis für ehrenamtliche Betreuer in der Jugendarbeit eine gute Lösung sein.“
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Seit 13 Jahren bin ich als Lagerleiter bzw. Mitglied des Küchenteams bei einer Ferienfreizeit der KjG mit ca. 80 Teilnehmern aktiv.

Unsere Betreuer sind im Regelfall im Alter von 16 bis Mitte 20, das Küchenteam bzw. die geistl. Leitung auch tlw. deutlich Älter.

Wenn ich die bisherige Berichterstattung über den Fall "Ameland" richtig verfolgt habe, haben hier Teilnehmer andere Teilnehmer geschädigt.

Mir fehlt in diesem Zusammenhang jegliches Verständnis für den Sinn der Forderung, die Betreuer durch ein polizeiliches Führungszeugnis präventiv zu kontrollieren.

Können Sie mir bitte folgende Fragen zum Thema erläutern,

1.) Worin der Mehrwert dieser Maßnahme liegen soll?

2.) Wer eine Kontrolle praktisch durchführen soll? (die Lagerleitung, der ausrichtende Verband, die Stadt, ...)?

3.) Wer die Kosten tragen soll für X Führungszeugnisse aller Leiter? (Die Maßnahmen sind alle knapp kalkuliert und kaum noch bezuschusst)

Ich denke der richtige Weg kann nur in einer verbesserten und geförderten Ausbildung der ehrenamtlichen Leiter liegen, die sich, wie oft gefordert, in unserem Fall gesellschaftlich engagieren und in einer Alter sind, in dem sie tlw. auch noch selber "Reifen" müssen. Die Leiter bei uns entstammen zu 95% aus "der eigenen Jugend". Die Angst, etwas falsch zu machen erlebt man bei jeder Leiterschulung, da man als Leiter "sowieso mit einem Bein im Knast steht".

Sicherlich ist auch eine differenzierte Betrachtung zw. verbandlichen und kommerziellen Maßnahmen vonnöten.

MfG
Markus Stein

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Stein,

vielen Dank für Ihr Schreiben, in der Sie mich bitten, meine Haltung zum erweiterten polizeilichen Führungszeugnis zu erläutern. Dies tue ich gerne.
Wie Sie wissen, hat der Bundestag bereits im Jahr 2009 Änderungen im Bundeszentralregistergesetz beschlossen. Demnach kann schon jetzt von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die im „kindernahen“ Bereich arbeiten, verlangt werden, ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen. Bislang sind aber Arbeitgeber und Vereine nicht dazu verpflichtet, sich dieses Führungszeugnis vorlegen zu lassen, sondern müssen z.B. nur nach Aufforderung des Jugendamtes oder einer anderen staatlichen Stelle tätig werden.

Die zu Beginn dieses Jahres mit erheblicher öffentlicher Resonanz bekannt gewordenen Fälle von Kindesmissbrauch haben sowohl Familienministerin Kristina Schröder (CDU) als auch die Beauftragte der Bundesregierung für die Aufklärung der Missbrauchsfälle, Christine Bergmann (SPD), dazu bewogen, ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis für alle im kindernahen Bereich Beschäftigten und ehrenamtlich Tätigen zu fordern. Dieser Forderung schließe ich mich an.

Zum einen halte ich es für weniger diskriminierend, wenn unterschiedslos jeder dieses Zeugnis vorlegen muss, als wenn nur Einzelne – vielleicht fälschlicherweise Verdächtigte – dazu aufgefordert werden. Niemand wird stigmatisiert, wenn die Vorlage dieses Zeugnisses routinemäßig Voraussetzung für einen Einsatz in den betreffenden Bereichen wird. Ich kann darin auch keinen Generalverdacht gegen alle Ehrenamtlichen, keine Verdachtskultur erkennen. Auch die Gegenargumente „zu bürokratisch“ (der Verein muss ja die Zeugnisse nicht einholen, sondern sich nur vorlegen lassen) und „zu teuer“ überzeugen mich nicht. Der Schutz unserer Kinder muss im Vergleich dazu doch einen weitaus höheren Stellenwert haben. Nur ein erweitertes Führungszeugnis kann sicherstellen, dass sie niemandem anvertraut werden, dem in der Vergangenheit keinerlei Straftaten in Bezug auf Kinderpornographie oder sexuellen Missbrauch nachgewiesen wurde.

Natürlich kann die generelle Einführung eines erweiterten Führungszeugnisses nicht die einzige Maßnahme zum Schutz unserer Kinder gegen sexuelle Übergriffe sein. Das Führungszeugnis alleine sorgt nicht für ausreichende Sicherheit. Wir müssen daneben verbindliche Selbstverpflichtungserklärungen zur Aufstellung und Umsetzung klarer Verhaltensregeln im Umgang mit Kindesmissbrauch erarbeiten. Wir müssen Maßnahmen entwickeln einmal zur behutsamen Sensibilisierung und zur Stärkung von Mädchen und Jungen, damit sie Missbrauch erkennen und klar benennen können, aber auch zur flächendeckenden Sensibilisierung und Weiterbildung von Fachkräften unterschiedlicher Professionen sowie von Eltern und Erziehungsberechtigten zum Erkennen. Sie sind zur wirksamen Prävention und Intervention bei sexualisierter Gewalt an Mädchen und Jungen unverzichtbar. Erforderlich sind daneben aber auch Maßnahmen zur therapeutischen Unterstützung pädophil Veranlagter.

Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter sollten in regelmäßigen Abständen Fortbildungen besuchen müssen über die Strategien der Täter und Hilfen für die Opfer. Wir brauchen auch einen normierten Verhaltenskodex, der den adäquaten pädagogischen Umgang festlegt und definiert, wo der sexuelle Übergriff beginnt. Oft spielen sich Taten nicht im strafrechtlich relevanten Bereich ab, sind aber für Kinder und Jugendliche extrem belastend. Zum Beispiel könnte in einem solchen Kodex festgehalten werden, dass es keinem Trainer oder Betreuer erlaubt ist, einfach die Umkleidekabine von Jungen und Mädchen zu betreten.

Als Gesetzgeber können wir nicht alles regeln. Wir wollen aber Schulen, Sportvereine und Jugendgruppen ermutigen, eigene Richtlinien aufzustellen, wie sie Missbrauchsfälle verhindern können und wie sie – wenn es zu Übergriffen gekommen ist - reagieren werden. Zwar gibt es bereits Einrichtungen und Verbände, die für sich Regeln erarbeitet haben, aber das sind Ausnahmen.

Ich hoffe, dass Sie meine Positionen nachvollziehen können und stehe für Rückfragen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter Tauber