Frage an Peter Tauber von Steffen K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Dr. Tauber,
ich habe soeben von dem traurigen Schicksal des 4-jährigen Joel-Rayan im STERN gelesen ( http://www.stern.de/panorama/tod-des-kleinen-joel-rayan-ein-trauernder-vater-appelliert-an-die-politik-1569524.html ).
Die Wut der Eltern über die Umständes des tragischen Todes ihres Sohnes ( http://www.joel-rayan.de/ ) ist mir sehr verständlich, bin ich doch selbst Vater eines kleinen Jungen.
Seit Jahren ist mir schon unverständlich, warum die Gesetzgebung in Bezug auf Fahrtauglichkeitsuntersuchungen älterer Führerscheininhaber nicht geändert wird, wie dies in anderen europäischen Ländern offensichtlich schon erfolgt ist.
Ist es Ihnen möglich, sich im Bundestag für dieses Thema einzusetzen? Wie stehen Sie zu dieser Problematik?
Die Haltung des ADAC hierzu geht m.E. völlig fehl, wenn dieser von Diskriminierung der älteren Generation spricht.
Besten Dank.
Viele Grüße
Steffen Kopetsch
Sehr geehrter Herr Kopetsch,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, die einen wahrhaft traurigen Anlass hat. Die Erschütterung der Eltern über den Tod ihres kleinen Sohns kann ich gut nach vollziehen und auch ich eine empfinde eine tiefe Trauer.
Nach Rücksprache mit Fachkollegen des Verkehrsausschusses, die dieses Thema bereits mehrfach erörtert haben, möchte ich Ihnen gerne meine Position zu Ihrer Frage erläutern.
Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass wir älteren Mitbürgern nicht grundlos den Führerschein wegnehmen und sie ihrer Mobilität berauben sollten. Es gibt viele Menschen, die trotz ihres Alters ein Fahrzeug sicher und ohne Gefährdung der Öffentlichkeit steuern und diese Mobilität benötigen, um ihre sozialen Kontakte zu halten und ihre Bedürfnisse des täglichen Lebens zu erfüllen. Eine pauschale „Verurteilung“ älterer Verkehrsteilnehmer lehne ich entschieden ab.
Daher ich bin auch gegen den im letzten Jahr eingebrachten Vorschlag von Bündnis90/Die Grünen und Die Linke, die verpflichtende Senioren-Tests gefordert haben. Die Unfallstatistik rechtfertigt eine solche Forderung nicht.
Statistisch gesehen verursachen Fahrer der Altersgruppe 60-plus laut ADAC weniger Unfälle als alle anderen Autofahrer. Und wenn ein Unfall passiert, dann meist auf Parkplätzen, beim Rückwärtsfahren oder Abbiegen. Knapp 17 Prozent aller Führerscheine in Deutschland sind im Besitz von Menschen, die älter als 65 Jahre sind - aber nur 7,8 Prozent aller Unfälle mit Verletzten werden von ihnen verursacht.
Die aktuelle Führerscheinrichtlinie der EU hat eindeutig festgelegt, dass die Mitgliedstaaten eigene Regelungen treffen können. Deutschland setzt hier auf Freiwilligkeit und Einsicht. Politische Regelungswut und Zwangsuntersuchungen sind das absolut falsche Signal; sie diskriminieren ältere Verkehrsteilnehmer und bringen kaum mehr Sicherheit.
Gegenseitige Rücksichtnahme und das Gefühl für die eigene hohe Verantwortung im Straßenverkehr ist nicht bestimmten Generationen vorbehalten, sondern muss sich vom ersten Tag der Verkehrsteilnahme an für alle Altersklassen gleichermaßen entwickeln.
Ich halte es daher für sinnvoller, ältere Mitbürger davon zu überzeugen, dass sie sich regelmäßigen Gesundheitstests unterziehen sollen. Auch hier gilt für mich das Prinzip der Eigenverantwortung statt staatlicher Bevormundung.
Ich hoffe, Ihnen meine Position erläutert zu haben und stehe für Rückfragen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Tauber