Peter Stein
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Frage von Roland H. •

Frage an Peter Stein von Roland H. bezüglich Umwelt

Laut Umfragen sind 88 Prozent der Deutschen gegen Gentechnik in Nahrungsmitteln. Wie kommen Sie dazu, sich über diese Mehrheitsmeinung hinwegzusetzen? Artikel 38 des Grundgesetzes besagt, dass es Ihre Pflicht ist, sich als Vertreter des Volkes nicht an Aufträge und Weisungen zu binden und nur im Sinne des eigenen Gewissens abzustimmen. Sind Ihnen die Profitinteressen der multinationalen Konzerne wichtiger als die Interessen der übergroßen Mehrheit der Menschen?

Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Hacker,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 14. Februar 2014, bitte entschuldigen Sie die verspätete Antwort. Mitte Februar haben die Bundestagsabgeordneten von CDU, CSU und SPD einen Antrag von Bündnis´90/Die Grünen zur Grünen Gentechnik abgelehnt. In dem Antrag ging es nicht um die Frage „Grüne Gentechnik - ja oder nein?“. Vielmehr ging es um Bedenken hinsichtlich des Lepidopteren resistenten Maisprodukts (Zea mays L. Linie 1507).

Es hat nichts mit Profitinteressen multinationaler Konzerne zu tun, um gegen den Antrag gestimmt zu haben: Der Antrag war fehlerhaft begründet und konnte mit guten Argumenten ablehnt werden. Dies bedeutet nicht, dass ich ein glühender Anhänger der Grünen Gentechnik bin. Ihre Sorgen mit Blick auf den Schutz der Umwelt und des Menschen kann ich nachvollziehen. Auch für mich gilt, dass es beim Schutz der Umwelt und der Gesundheit der Menschen keine Kompromisse geben darf. Dies gilt selbstverständlich auch für den Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen. Auch ich bin der Meinung, dass auf den Anbau gentechnischer Pflanzen in Deutschland verzichtet werden kann. Es bleibt auch weiterhin das gute Recht von Verbrauchern und Landwirten, die Grüne Gentechnik abzulehnen.

Richtig ist aber auch: In der EU wurde 2003 mit Zustimmung der damaligen rot-grünen Bundesregierung beschlossen, den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zu erlauben, wenn ein fundierter Sicherheitsnachweis erbracht wird. Wenn nach eingehender wissenschaftlicher Untersuchung die strengen Zulassungsbedingungen erfüllt sind, ist eine Zulassung rechtlich sogar geboten.

Ich bin der Meinung, dass es keinen Sinn macht die europäische Ebene über jedes neue gentechnisch veränderte Lebensmittel entscheiden zu lassen. Vielmehr sollten dies die Nationalstaaten beziehungsweise die einzelnen Bundesländer entscheiden dürfen. Zwischen den Staaten gibt es verschiedene Standpunkte zu diesem Thema. Daher möchte ich anderen Staaten nicht unsere Meinung vorschreiben, genauso wie wir uns deren Meinung in Fragen gentechnisch veränderter Pflanzen nicht aufdrängen lassen sollten. Besonders beim Thema Grüne Gentechnik wird es immer wieder Meinungsveränderungen geben, die einen gentechnisch veränderten Organismus (GVO) verbietet und dann wieder zulässt. Das ist keine verlässliche Situation, weder für Verbraucher, noch für Landwirte.
Ob der nun aktuelle Mais 1507 bei uns auf den Acker kommt, entscheiden nun die Politik vor Ort und unsere Landwirte, sowie die Bürgerinnen und Bürger über ihr Verbraucherverhalten.

Eine etwaige Änderung des EU-Gentechnikrechts und die Möglichkeit nationaler GVO-Anbauverbote, eine sogenannte Opt-Out-Klausel, werden momentan auf europäischer Ebene diskutiert. Das Bundeslandwirtschaftsministerium befürwortet solche „Regionalklauseln“, die ich ebenfalls unterstützen würde.
Die Entscheidung vor einigen Jahren die Sorte MON810 (Monsanto) nicht zuzulassen sowie das Verbot der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern die BASF-Genkartoffel Amflora in den Verkehr zu bringen, hatte meine Unterstützung. Dort ist die Entscheidung richtig und auch zukünftig unabhängig davon, welche Mehrheitsmeinung augenblicklich in anderen europäischen Staaten herrscht.

Gleichzeitig bin ich aber auch der Meinung, dass es ein Fehler wäre, sich von vorn herein und ohne genauere Prüfung dieser neuen Technologie zu verschließen. Konkret auf den Mais bezogen, betonen seine Befürworter höhere Erträge, schnellere Reife und eine höhere Abwehrkraft gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Darüber hinaus würden weniger Schädlingsbekämpfungsmittel auf den Felder eingesetzt, heißt es.
Ich verstehe die Sorge, dass ein verstärkter Einsatz von glufosinathaltigen Pflanzenschutzmitteln erfolgen könnte. Dieses ist jedoch durch ein striktes Verbot der Anwendung derartiger Mittel im Maisanbau in Deutschland unterbunden. Insofern kommt es auch durch eine Zulassung von Mais 1507 nicht zu der befürchteten Erhöhung von Glufosinatanwendungen in Deutschland.

Auf der politisch-wissenschaftlichen Ebene geht es in der Diskussion auch um den Wirtschafts- und Forschungsstandort Deutschland. Wichtige Institute argumentieren, renommierte Forscher würden ins Ausland abwandern, wo der Genmais-Anbau teilweise erlaubt ist.
Die Pflanzenzüchtung ist eine Schlüsseltechnologie. Ihr kommt eine enorme Bedeutung für die Bewältigung der Nahrungsmittelversorgung in der Zukunft zu. Ohne Fortschritte in der Züchtung wird es nicht möglich sein, das Recht auf Nahrung für die bis zum Jahr 2050 auf neun Mrd. Menschen anwachsende Weltbevölkerung einzulösen. Die Landwirtschaft muss gleichzeitig noch einen zunehmenden Anteil an der Erzeugung für Energie und Rohstoffe leisten. Wir brauchen dafür eine nachhaltige und hohe Produktionssteigerung sowie robuste Sorten, die dem Klimawandel trotzen, und eine Qualitätssteigerung der Nutzpflanzen für Ernährung und nachwachsende Rohstoffe. Es ist ein wichtiges Anliegen von CDU und CSU, die deutsche Pflanzenzüchtung zu stärken. Dafür fördern wir die Züchtungsforschung und haben die Forschungsstrategie Bioökonomie ins Leben gerufen, unterstützen wir die Weizenforschungsinitiative der G-20-Agrarminister, haben wir das Züchterprivileg im EU-Patent verankert, setzen wir uns für eine klare Abgrenzung zwischen Sortenschutz und Patentrecht ein. Wir wollen keine Patentierung von gezüchteten landwirtschaftlichen Nutzpflanzen, sondern den Zugang zu genetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft erhalten, wir setzen uns für eine echte Entbürokratisierung im EU-Saatgutrecht ein.

Ich plädiere daher für mehr Sachlichkeit in der Debatte um Grüne Gentechnik.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Stein