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Peter Rzepka
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Frage von Martin W. •

Frage an Peter Rzepka von Martin W. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Rzepka,

die CDU hat bislang die Einführung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid auf Bundesebene blockiert, obwohl sich regelmäßig etwa 80% der Bürger für Direkte Demokratie als Ergänzung der parlamentarischen Demokratie aussprechen.

Wie stehen Sie persönlich zu Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid auf Bundesebene? Würden Sie bei einer Abstimmung im Bundestag für eine entsprechende Grundgesetzänderung stimmen?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Wilke,

vielen Dank für Ihre Frage vom 31. August.

Es ist ein Irrtum, zu glauben, bei Volksabstimmungen hätte der Einzelne mehr Einfluss. Tatsächlich würde die Bedeutung von Verbänden und Interessengruppen, die große Kampagnen organisieren können, wachsen. Engagierte Minderheiten erhielten großen Einfluss auf die Staatsgeschicke - ohne dafür dauerhaft in der Verantwortung zu stehen.

Im Folgenden will ich Ihnen einige schwerwiegende Einwände gegen plebiszitäre Elemente auf Bundesebene darlegen.

1. Die Komplexität einer Gesetzgebungsmaterie und ihre Vernetzung mit anderen Regelungsbereichen lassen in einer modernen pluralistischen Demokratie eine Ja/Nein- Alternative nicht zu.

2. Demagogie und Populismus wären bei einem Plebiszit Tür und Tor geöffnet. Die Entrationalisierung bewirkt auch, dass sachfremde Erwägungen in den Entscheidungsprozess einfließen oder gar den Ton angeben. Es geht dann nicht um das Gesetzgebungsvorhaben als solches, sondern darum, die Regierung oder die Opposition allgemeinpolitisch "abzuwatschen".

3. Plebiszite geben darüber hinaus aktiven Minderheiten und gut organisierten Vertretern partikularer Interessen das Instrumentarium, ihre Macht noch stärker als bisher auf Bundesebene durchzusetzen.

4. Plebiszite zögen unweigerlich die Schwächung föderaler Strukturen nach sich. Darin änderte sich auch nichts durch die Einführung eines Länderquorums. Dem Bundesrat, der nicht lediglich eine Summe der Länder, sondern eine selbständige Einheit innerhalb unseres Systems ist, wäre die Möglichkeit der Mitgestaltung genommen.

5. Es ist illusionär zu erwarten, dass die Einführung plebiszitärer Verfahren die sog. "Parteienverdrossenheit" überwinden könnte. Wenn Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid mit in das Grundgesetz aufgenommen würden, so würden sich - legitimerweise - auch die politischen Parteien dieser Verfahren bedienen, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Durchführung solcher Verfahren in aller Regel ihrer Organisation und Initiierung bedarf. Wenn die politischen Parteien aber die freie Entscheidung darüber hätten, ob sie ein bestimmtes Anliegen auf plebiszitärem oder parlamentarischem Wege verfolgen wollten, drohte erneut die Flucht aus der parlamentarischen Verantwortung. Darüber hinaus wüchse die Macht der politischen Parteien gegenüber dem heutigen Rechtszustand noch dadurch, dass ihnen neben ihren parlamentarischen Entfaltungsmöglichkeiten auch die Wege zur Anrufung wie die Organisation von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid eröffnet würden.

6. Die Einführung plebiszitärer Elemente würde das parlamentarische Regierungssystem nicht ergänzen, sondern grundlegend verändern. Denn das ausbalancierte Verhältnis der Verfassungsorgane zueinander müsste neu justiert werden.

Aus den dargelegten Gründen befürworte ich die Einführung plebiszitärer Elemente /auf Bundesebene/ nicht und würde daher gegen eine entsprechende Grundgesetzänderung stimmen.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Rzepka