Frage an Peter Rzepka von Dr. Hans-Jürgen H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Rzepka,
Wie Sie vielleicht wissen, bin ich ehrenamtlich als Geschäftsführer des Zentralverbandes der Ingenieurvereine (ZBI) e.V. tätig.
Die Tätigkeit von Ingenieuren ist entscheidend für die Innovationskraft unserer Wirtschaft und garantiert den Wohlstand künftiger Generationen. Als wenig sprachgewaltig auftretende und in den Parlamenten von Bund und Ländern unterrepräsentierte Berufsgruppe haben die Ingenieure Wünsche und Erwartungen an den 16. Deutschen Bundestag, von denen ich Ihnen vier gravierende vortrage und Ihre Antwort erbitte. Werden Sie nach Ihrer Wahl in den Bundestag dafür eintreten, dass
1. neben den wichtigen Investitionen in die Forschung verstärkt auch solche in die Verkehrsinfrastruktur auf Schiene, Wasser und Straße geleistet,
2. ein flächendeckender kommunikationssichernder Breitbandausbau im Bundesgebiet realisiert,
3. die Berufsbezeichnung Ingenieur auch nach der Abschaffung von Diplom-Studiengängen zu Gunsten von Bachelor- und Masterabschlüssen erhalten und bundeseinheitlich gesetzlich geschützt und
4. die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zeitgerecht novelliert, aber als verbindliches Preisrecht erhalten werden?
Ihrer geschätzten Antwort sehe ich dankend entgegen und wünsche Ihnen einen guten Verlauf des kurzen Wahlkampfes 2005.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Jürgen Heß
Sehr geehrter Herr Heß,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 11. August.
Zu 1.
Ja. Die Infrastruktur Deutschlands gehört zu den besten der Welt und ist damit ein großer Standortvorteil für unser Land. Eine hochwertige und gut ausgebaute Infrastruktur ist zudem eine Voraussetzung für Investitionen und mehr Beschäftigung in Deutschland. Deshalb brauchen wir eine systematische und nachhaltige Planung zur Verbesserung von Verkehrsinfrastruktur und Mobilität.
Zu 2.
Ja. Eine moderne, breitbandige Telekommunikationsinfrastruktur ist ein immer wichtigerer Standortfaktor im internationalen Wettbewerb. Deutschland ist unter Rot-Grün bei der Breitbandpenetration im internationalen Vergleich weit zurückgefallen. Nur 17 % aller Haushalte in Deutschland nutzen einen Breitbandanschluss. Damit liegen wir weiter hinter den USA, Japan und Südkorea und noch unter dem europäischen Durchschnitt von 20 %.Neben der geringen Anschlussrate haben wir in Deutschland ein weiteres Problem: viele Regionen in Deutschland gerade in dünner besiedelten, ländlichen Räumen sind von der Breitbandnutzung gewissermaßen ausgeschlossen. Ein DSL-Anschluss steht nicht zur Verfügung, da es für die Telekommunikations-Unternehmen aus betriebswirtschaftlichen Gründen vielfach unrentabel ist, Leitungen zu verlegen.
Das zentrale Problem fehlender Flächendeckung ist die derzeitige Fokussierung in Deutschland auf DSL: 97% aller Breitbandanschlüsse entfallen darauf. Alternative Zugangstechnologien wie Fernsehkabel, Satellit oder Powerline (Zugang über Stromleitung) haben vor allem wegen der Kosten oder technischer Mängel nur äußerst geringe Marktanteile. Versorgungslücken gerade im ländlichen Raum könnten jedoch durch neue Zugangstechnologien geschlossen werden. Vor allem die neuen Funktechnologien wie WIMAX oder portable DSL (UMTS) könnten gerade für die bisher benachteiligten Gebiete erhebliche Chancen bieten. In Deutschland sind die Möglichkeiten, die Breitband für Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum bietet, bei weitem noch nicht ausgeschöpft.
Die CDU/CSU wird durch die Optimierung der gesetzlichen Rahmenbedingungen sicherstellen, dass sich die Versorgung der benachteiligten Regionen Deutschlands mit Breitband-Anschlüssen weiter verbessert.
Zu 3.
An Ingenieure werden bereits heute und mehr noch in der Zukunft neue und komplexere Qualifikationsanforderungen gestellt, denen auf Seiten der Hochschulen durch eine Reform der Ingenieurausbildung Rechnung getragen werden muss. Eine Revision der Hochschulcurricula sowie die bundesweite Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen erscheinen unumgänglich.
Es liegt im Aufgabenbereich der Länder, die Rahmenbedingungen richtig zu setzen und damit einen zentralen Zukunftsbeitrag für Deutschland zu leisten. Die Ausgestaltung neuer Studienabschlüsse im Bereich der Ingenieur- und Architektenausbildung muss dieser Verantwortung Rechnung tragen. Die konkrete Ausgestaltung wird sich nach den Fächerkulturen und den Möglichkeiten der jeweiligen Hochschulen richten. Qualitätssicherung wird unter anderem über die Akkreditierung durch unabhängige Agenturen erfolgen. Hierbei haben nicht nur Hochschullehrer, sondern auch Vertreter der Kammern Einflussmöglichkeiten.
Zu 4.
Ja. Die von Bundeswirtschaftsminister Clement wiederholt vorgetragenen Planungen, die HOAI zu beseitigen, lehnen wir ab. Notwendig ist jedoch eine strukturelle Überarbeitung. Der Fortbestand der HOAI muss auch im Zusammenhang mit den Diskussionen über die Dienstleistungsrichtlinie der Europäischen Union gesehen werden. Auf jeden Fall muss verhindert werden, dass es zu einem ruinösen Wettbewerb kommt und Architekten und Ingenieure benachteiligt werden. Außerdem darf es nicht zu einer Nivellierung von Standards nach unten kommen. Wir werden im Zusammenwirken mit den Ländern die angestrebte Strukturnovelle zur Entschlackung und Vereinfachung der HOAI, aber auch zur Verankerung von Anreizen zum kostensparenden Bauen, voranbringen. Ob es bei dem Ressortschnitt so bleibt oder zur Verlagerung der fachlichen Zuständigkeit kommt, wird sich im Zuge einer Regierungsbildung erweisen. Dies ist am Ende eine Frage von Koalitionsverhandlungen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Rzepka