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Frage von Michael H. •

Frage an Peter Lundkowski von Michael H. bezüglich Bildung und Erziehung

Lieber Herr Lundkowski!

Ich war selber Schüler am Eckener-Gymnasium und habe sehr von Ihrem Unterricht profitiert. Deshalb weiss ich auch, wie wichtig Ihnen Problemanalyse, eigenes Denken, eigene freie Meinungsäusserung sind. Ich bin inzwischen selbst Lehrer, Religionslehrer, und erlebe, wie der rot-rote Senat die Schulen behindert und gerade aus ideologischen Gründen das Wahlpflichtfach Ethik/Religion ablehnt um das Einheitsfach Ethik durchzusetzen (das letztlich aus Lehrermangel häufig ausfallen wird :-). Würden Sie die freie Wahl in diesem Bereich unterstützen?
Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören!

Ihr Michael Heinrichs, PW-Grundkurs, FL2-Klasse Erdkunde

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Antwort von
FDP

Lieber Herr Heinrichs,
vielen Dank für Ihre Frage. Mit Freude habe ich gelesen, dass Sie sich noch positiv an Ihre Schulzeit an der Eckener-Oberschule erinnern. Ich freue mich, dass die organisatorischen Hürden, die die Senatspolitik in den letzten 10 Jahren für den Lehrerberuf errichtet hat, Sie nicht davon abgehalten haben, den Lehrerberuf zu ergreifen und auch weiterhin auszuüben. Als Religionslehrer merken Sie am eigenen Leib, welche Folgen sich aus der verfehlten, ideologisch behafteten Schulpolitik in der Schulpraxis ergeben. Ihre Frage zur Thematik „Religionsunterricht/Ethik“ werde ich kurz beantworten, zusätzliche Einzelheiten können Sie meinen Antworten zu den 5 Fragen des Konsistoriums entnehmen, die ebenfalls ins Internet gestellt wurden ( www. ekbo.de oder www.erzbistumberlin.de ) . Dort finden Sie auch Antworten anderer Kandidaten.

Die Einstellung der FDP zum Thema „Werteunterricht“ ist ganz eindeutig: Wahlpflichtfach statt staatlicher Wertekunde. Diese Position ist auf dem letzten Parteitag mit ca. 95 % Zustimmung angenommen worden. Ethik als „neues Fach“ hat durchaus seine Berechtigung, allerdings nur in Verbindung mit dem Prinzip der Wahlfreiheit. Gerade im Bereich der Werteerziehung muss der Schüler eine Wahlmöglichkeit haben. Freiheit und Wahlmöglichkeit sind Grundwerte unserer Gesellschaft. Diese Werte dürfen nicht durch ein staatliches Zwangsfach konterkariert werden. Werteerziehung kann nur mit Offenheit und Freiheit praktiziert werden - und dazu gehört das Prinzip der Wahlfreiheit. In der Praxis bedeutet die Einführung des neuen Faches – der Schüler in der 7. Klasse hat nun in der Woche 33 Unterrichtsstunden – dass der freiwillige Religionsunterricht nun in den Randstunden stattfinden wird- u. U. sogar in den Nachmittagsstunden. Dagegen bedeutet das andere Modell – Wahlfreiheit zwischen Ethik/Philosophie und Religion - eine angemessene Verankerung der Werteerziehung in der Berliner Schule. Außerdem wird damit auch das generelle Prinzip - Fachunterricht wird von Fachlehrern erteilt - verwirklicht : Philosophie ( Ethik als wesentlicher Teil der Philosophie ) wird von Philosophielehrern, Religion von Religionslehrern unterrichtet. Das bedeutet dann auch, dass Religion und Philosophie/Ethik in der Sekundarstufe I ordentliche Unterrichtsfächer werden.

Mich ärgert die Einführung des Faches Ethik auch deshalb, weil seit etlichen Jahren an mehreren Gymnasien der Modellversuch „Ethik/Philosophie und Religion“ ( als Wahlalternative ) mit Erfolg – siehe Lessing-Gymnasium – mit Erfolg praktiziert wird. Der Erfolg dieses Modells ist so groß, dass der Senat eine Bilanz dieses Versuchs nicht veröffentlicht. Sicher deshalb, um die Zustimmung zum staatlichen Zwangsfach in den eigenen Reihen nicht zu gefährden.

Ein anderer Aspekt, der gegen das neue Fach Ethik spricht, ist die damit verbundene Stundenplankürzung in den Fächern Erdkunde ( 7./8. Klasse ) und Geschichte/Sozialkunde ( 9./10. Klasse ). D.h. in der Praxis, dass z.B. das Fach Erdkunde in der 7.Klasse nur noch einstündig in der Woche unterrichtet wird. Damit werden z.B. Kenntnisse der Schüler über europäische Staaten, über politische Krisenherde weiter reduziert. Gerade ein Brückenfach ( Mensch – Natur ) liefert wesentliche Einsichten für die transkulturelle Wertevermittlung. Noch gravierender werden die Folgen bei der Kürzung des Faches bzw. der Fächergruppe Geschichte/Sozialkunde in den Klassenstufen 9 und 10. Das Fach Sozialkunde ( Kernfach der politischen Bildung in der Sekundarstufe I – bisher innerhalb der dreistündigen Fächergruppe einstündig unterrichtet ) verschwindet damit in der Realität vom Stundenplan ( nach der Kürzung nur noch 1/3 von der zweistündigen Fächergruppe, d.h. ca. 12 -14 Stunden pro Halbjahr !! ) , damit wird das Kernfach der politischen Bildung in der Sekundarstufe I eigentlich nur noch zur Farce.
Es kann nur ein Fazit geben: das Zwangsfach Ethik muss gestrichen werden, der erfolgreiche Modellversuch „Philosophie/Ethik und Religion“ als Wahlalternative muss in der Berliner Schule Regelfall werden!!!!