Portrait von Peter Hauk
Peter Hauk
CDU
85 %
11 / 13 Fragen beantwortet
Frage von Elisabeth S. •

Laut Bundeswaldinventur 2022 wäre es geboten große Teile des (Staats)Waldes sofort aus der Nutzung zu nehmen. Was spricht überhaupt noch für ein weiter so wie bisher in der Forstwirtschaft?

Laut Destatis hat sich die Menge des eingeschlagenen Holzes seit 1998 fasst verdoppelt. Im Bericht der Bundeswaldinventur Seite 46 ist zu sehen, dass das in Holzprodukten gespeicherte CO2 jedoch seit 1990 nicht mehr geworden ist. Damit hat die Forstverwaltung selbst belegt, dass die langfristige CO2 Speicherung in Bauholz, Möbel etc. nicht funktioniert sondern überwiegend in die Atmosphäre entweicht. Des Weiteren ist auf Seite 20 dargelegt, dass auf 19% des bewirtschafteten Waldes etwa 41% von Kalmitäten betroffen sind. Mit der Abnahme des gespeicherten CO2 in der oberirdischen Biomasse auf Seite 46 könnte man einen Zusammenhang vermuten. Jedoch zeigt die Grafik auf Seite 42, dass weniger Zuwachs an Biomasse stattgefunden hat wie durch Nutzung abgegangen ist. In dieser Unverhältnismäßigkeit ist das Todholz noch nicht mit eingerechnet. Somit hat die Forstwirtschaft mehr Frischholz aus dem Wald entnommen wie ökologisch vertretbar gewesen wäre.

Portrait von Peter Hauk
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau S.

vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie mögliche Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen der Bundeswaldinventur thematisieren.

Mit Ihrer Einschätzung, dass der jährliche Holzeinschlag in Deutschland in den letzten Jahren annähernd doppelt so hoch lag wie 1998 liegen Sie richtig. Gleichzeitig sehen Sie im Verlauf der Jahre aber auch deutliche Schwankungen in den Einschlagshöhen. Wenn Sie sich die Daten zum Holzeinschlag aus Baden-Württemberg anschauen, werden diese Schwankungen noch deutlicher, da die Daten bis 1950 zurückreichen: https://www.statistik-bw.de/Landwirtschaft/Ernte/Holzeinschlag-LR.jsp

Am Beispiel Baden-Württembergs sehen Sie deutliche Erhöhungen des Holzeinschlags in den Jahren 1989/90 als Folge der Stürme Vivian/Wiebke, in 2000 als Folge des Sturms Lothar und in den letzten Jahren als Folge der extremen Witterung. Nach den Phasen des erhöhten Holzeinschlags pendelten sich diese wieder auf einem niedrigeren Niveau ein.

Jedoch sollten die Holzeinschlagsdaten nach meiner festen Überzeugung nicht als Quelle herangezogen werden, um daraus waldpolitische Schlussfolgerungen zu ziehen. Hierfür müssen wir den Wald als komplexes Ökosystem ganzheitlich in den Blick nehmen. Auch die Bundeswaldinventur als wertvolle Quelle für eine evidenzbasierte Waldpolitik ist nur eines von verschiedenen Monitoringinstrumenten, die uns zu einem ganzheitlicher Bild über den Wald verhelfen.

So geht der in den letzten Jahrzehnten gesunkene Holzzuwachs nicht nur auf die Folgen des Klimawandels auf den Wald zurück. Er ist auch eine Folge der immer älter gewordenen Wälder, deren Zuwachs nachlässt. Der Holzeinschlag ist zudem kein Selbstzweck, sondern er hat auch immer eine Auswirkung auf den verbliebenen Waldbestand, indem andere Bäume gezielt freigestellt werden oder aber der kommenden Waldgeneration Licht und Raum gegeben wird.

Die Holzvorräte in Deutschland und insbesondere in Baden-Württemberg sind im weltweiten Vergleich auf einer Spitzenposition. Das heißt wir haben in den letzten Jahrzehnten deutlich weniger Holz genutzt als zugewachsen ist. Dies hat sich in immer weiter steigenden Holzvorräten und älter werdenden Wäldern gezeigt. Die Ergebnisse der Bundeswaldinventur zeigen auf, dass wir diesbezüglich an einem Wendepunkt stehen. Die Holzvorräte werden höchstwahrscheinlich nicht weiter steigen. Diese Entwicklung wurde, wie Sie richtigerweise ansprechen, durch die enormen Waldschäden beschleunigt. Wenn wir nun aber daraus die Schlussfolgerung ziehen die Bewirtschaftung auf weiteren Flächen einzustellen, verspielen wir wertvolle Chancen, um die Kohlenstoffspeicher und zahlreiche weitere Ökosystemleistungen der Wälder zu erhalten. Durch eine aktive Waldpflege und eine Waldverjüngung wird zudem das Risiko vor weiteren Waldschäden gesenkt und der Zuwachs langfristig auf einem stabilen Niveau gehalten.

Die Bereitstellung von Holz als wertvoller, nachwachsender und regionaler Rohstoff sollte unbedingt fortgeführt werden. Einerseits ist der im Holz gebundene Kohlenstoff, je nach Verwendungsart, kurz bis langfristig der Atmosphäre entzogen und kann somit nicht den Klimawandel weiter beschleunigen. Darüber hinaus hat die Holzverwendung auch eine unmittelbare positive Auswirkung auf die anderen Sektoren. Diese sogenannten Substitutionseffekte wirken beispielsweise wenn ein Haus aus Holz statt aus Beton gebaut wird. Die Klimaschutzleistung zahlt in dem Fall positiv auf den Gebäudesektor ein und ist dementsprechend nicht auf der Abbildung aus Seite 46 der BMEL Broschüre dargestellt.

Somit misst sich die von Ihnen angesprochene ökologische Vertretbarkeit nicht an den aktuellen Kohlenstoffvorräten, sondern daran, inwiefern die Wälder zukünftig noch in der Lage sein werden die Ökosystemleistungen für uns Menschen bereitzustellen. Dies wird uns nur gelingen, wenn wir die in den letzten Jahrzehnten begonnenen Bemühungen um den Waldumbau auch in Zukunft mit einer aktiven Waldpflege weiter fortsetzen.

Diese Einschätzung wird auch vom Wissenschaftlichen Beirat für Waldpolitik in einem kürzlich veröffentlichten Gutachten zur „Einordnung wichtiger Ergebnisse der Bundeswaldinventur 2022 in Bezug auf waldpolitische Handlungsfelder“ bestätigt: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/waldpolitik/einordnung-bwi-2022.html

Unsere Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt hat zudem das Thema „Der Wald in Baden-Württemberg – ein Klimasünder?“ umfassend und kurzweilig aufgearbeitet:

https://www.fva-bw.de/fileadmin/publikationen/holzauge_sei_wachsam/Faktencheck_2_BWI2022_Der-Wald-in-BW.pdf

Mit freundlichen Grüßen

Peter Hauk MdL

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Peter Hauk
Peter Hauk
CDU