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Frage von Gerhard R. •

Frage an Peter Danckert von Gerhard R. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Dr. Danckert,

bei meiner Frage geht es nicht um einen konkreten Einzefall.

Im Bekanntenkreis wurde ich mit folgender Meinung konfrontiert:

Kooperationsverträge mit der Bundeswehr und Schulgesetze ändern nichts daran,daß Bundeswehrangehörige den Auftrag haben, in Schulen offen oder verdeckt für die Bundeswehr und für Auslandseinsätze zu werben. Zivile Organisationen können aufgrund ihrer nicht ausreichenden personellen und finanziellen Ausstattung nicht immer eine einseitige Beeinflussung der Schüler/innen verhindern.

Eltern haben einen rechtlichen Anspruch auf Befreiung ihrer Kinder von der Teilnahmepflicht am Unterricht mit der Bundeswehr, wenn sie folgenden Antrag stellen: "Wir erziehen unser Kind gewaltfrei mit dem Ziel, daß später der Dienst bei der Bundeswehr unterbleibt. Deshalb beantragen wir die Befreiung von der Teilnahmepflicht am Unterricht mit Bundeswehrangehörigen. Währenddessen soll unser Kind Ersatzunterricht in einer anderen Klasse erhalten".

Im Infobrief des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages vom 28.9.10, WD 3-3010-260/10 wurde auf Seite 3 erwähnt, daß Eltern das alleinige Erziehungsrecht haben, wenn es um den sogen.Gesamtplan der Eltern( Brenner, 2. Auflage 2004, S. 67) geht.

Manche Eltern wollen mit ihrer Erziehung darauf hinwirken, daß ihre Kinder sich nicht für den extrem gefährlichen Soldatenberuf entscheiden. Sie lehnen deshalb die Teilnahme ihrer Kinder am Unterricht mit der Bundeswehr ab, da das Risiko der einseitigen Beeinflussung besteht.
Da dieser Teil der elterlichen Erziehung zum sogen. Gesamtplan gehört, haben die Eltern in diesem Bereich das alleinige Erziehungsrecht und die Schule hat in diesem speziellen Fall keinen staatlichen Erziehungsauftrag. Die Folge: Es darf keinen Zwang zur Teilnahme am Unterricht mit der Bundeswehr geben.

Wie beurteilen Sie insbesondere die Meinung zum Gesamtplan und zu dem hier erwähnten
alleinigen Erziehungsrecht der Eltern?

Freundliche Grüße
Gerhard Reth

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Reth,

zunächst möchten wir uns für Ihre E- Mail, bezüglich der Teilnahmepflicht von Schülern an Unterrichtsveranstaltungen mit oder über die Bundeswehr, bedanken.

Da Sie den Infobrief des Wissenschaftlichen Dienstes zum Thema „Schule und Bundeswehr“ gelesen haben, ist Ihnen sicherlich bekannt, dass Informationen über die Bundeswehr im Pflichtteil des Schulunterrichts grundsätzlich zulässig sind. Zudem darf die Bundeswehr als Arbeitgeber für sich Werbung machen. Unzulässig sind diese Veranstaltungen dann, wenn die Informationserstattung und Werbung gegenüber den Schülern von Seiten der Bundeswehr einseitig erfolgt. Die Bundeswehr darf also nur dann Informationsveranstaltungen durchführen, wenn gleichzeitig auch andere Organisationen oder Institutionen den Schülern berufliche Perspektiven aufzeigen. Auch Veranstaltungen die sich kritisch mit der Bundeswehr auseinander setzen sind durchaus erwünscht. Insgesamt muss es den Schülern ermöglicht werden, sich eine eigene Meinung über ihre Zukunftschancen zu bilden.

Bekanntlich existiert eine Schulpflicht in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Abneigung der Eltern gegenüber Lehrinhalten der Schule, stellt grundsätzlich keinen Grund für eine Befreiung vom Schulunterricht dar. Es müssen wichtige Gründe vorliegen, die in Ausnahmekonstellationen die Befreiung vom Unterricht ermöglichen. „Das Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ ist nur dann zu bejahen, wenn im Einzelfall bestimmte Umstände dafür sprechen, einzelne oder mehrere Schüler von der Pflicht zur Teilnahme am Unterricht zu befreien.“

Weiterhin gehen Sie auf das Spannungsverhältnis von Art. 6 Abs. 2 GG: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“ und Art. 7 Abs. 1 GG: „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates“ ein. „Das Verhältnis des Elternrechts und des staatlichen Erziehungsauftrages, die in der Schule aufeinander treffen, wird vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als das der Gleichordnung gesehen; Eltern und Staat obliegt damit eine gemeinsame Erziehungsaufgabe, die von Eltern und Schule in einem sinnvoll aufeinander bezogenen Zusammenwirken zu erfüllen ist.“
Bezüglich des von Ihnen angesprochenen Gesamtplanes der Eltern handelt es sich nicht um die Möglichkeit an einzelnen Veranstaltungen nicht teilzunehmen. „Darunter fällt insbesondere das Recht der Eltern, zwischen den verschiedenen Bildungswegen und den verschiedenen Schularten, die vom Staat zur Verfügung gestellt werden, zu wählen und sich für denjenigen Bildungsweg zu entscheiden, den sie für ihr Kind am geeignetsten halten.“

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort behilflich sein und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Peter Danckert