Frage an Peter Aumer von Dietrich K. bezüglich Recht
Guten Tag Herr Aumer,
ich möchte von Ihnen wissen, wie es sein kann dass wir beim Thema Cannabis in Deutschland nicht dazu in der Lage sind eine wissenschaftsbasierte Drogenpolitik zu machen?
Diverse Therapeuten aber auch Suchtmediziner, wie etwa Herr Derik Hermann ( Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/legalisierung-von-cannabis-suchtforscher-fordert-strenge.676.de.html?dram:article_id=430779 ) sind für die kontrollierte Abgabe von Cannabis.
Eine andere wissenschaftliche Studie die in den neunziger Jahren bereits vom BMG in Auftrag gegeben wurde (Quelle: http://www.cannabislegal.de/studien/kleiberstudiezusammen.htm). Stellte schon damals die aktuelle Drogenpolitik in Puncto Cannabis in Frage und entkräftete bereits Argumente.
So stellte das BMG bereits nach Vorstellung der Studie fest: "...daß für die Fortsetzung oder das Beenden des Cannabis-Konsums die objektive Verfügbarkeit des 'Stoffes' keine Rolle zu spielen scheint..."
Warum wird dann heute noch seitens der Bundesregierung argumentiert, dass das Cannabisverbot aus dem BtMG eine "generalpräventive Wirkung" hat (Quelle: https://hanfverband.de/nachrichten/news/bundesregierung-antwortet-zu-medizinalhanf-cbd-und-kanada , Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP Ende Mai 2020) ?
Auch eine Studie vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestages vom 25.11.19 kam zum Ergebnis dass die Tatsache ob kontrolliert abgegeben oder illegal ist keinen nennenswerten Einfluss auf die Konsumzahlen hat (Quelle: https://www.bundestag.de/resource/blob/675688/4ba9aed6de8e9633685a1cdc2d823525/WD-9-072-19-pdf-data.pdf ).
Grundsätzlich sollte der Staat ja stehts das mildest mögliche Mittel bei der Gesetzgebung, zur Durchsetzung von staatlichen Zielen verwenden.
In Ihrer Antwort vom 21.11 sagten Sie zudem zum Diskussionsschwerpunkt der Legalisierung des Online Glücksspiels, dass es einen gewissen Bedarf zu geben scheint.
Ist das bei Cannabis nicht auch der Fall?
Viele Grüße
Dietrich Kleinert
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
In Deutschland kann Cannabis seit 2017 bei medizinischer Indikation verschrieben werden. In Zusammenhang mit chronischen Schmerzen wird der Droge ein gewisser Nutzen zugeschrieben. Zu dieser Thematik hatte ich ein Gespräch mit Fachleuten der Universitätsklinik Regensburg aus den Bereichen Schmerz- und Palliativmedizin. Im Gespräch wurde deutlich, dass die schmerzlindernde und damit positive Wirkung von Cannabis deutlich überschätzt wird. Bei Patienten die erstmals Cannabis per medizinischer Verschreibung zu sich nehmen, kommt es nur ganz selten zu einer Verbesserung des Befindens durch den medizinisch kontrollierten Konsum. Patienten die im Laufe ihres Lebens bereits Erfahrungen mit der Droge gemacht haben, verspüren eher positive Wirkungen, die dann aber weniger auf Schmerzlinderung, sondern eher auf Befriedigung bestehender Abhängigkeiten beruhen. Daher erfolgt der Einsatz von Cannabis als Medizin ausschließlich aus therapeutischen Gründen, wenn der medizinische Nutzen durch den Arzt höher eingeschätzt wird als die Nebenwirkungen. Klar ist, dass die Nebenwirkungen auch bei Medizinalcannabis nicht ausbleiben.
Einer generellen Legalisierung stehe ich entschieden entgegen. Denn eine Legalisierung würde die negativen Folgen vom Cannabiskonsum verharmlosen. So ist erwiesen, dass Cannabis vor allem psychiatrische Erkrankungen wie Psychosen mit Halluzinationen und Paranoia fördert, Abhängigkeit erzeugt und massive Probleme im Bereich Gedächtnis und Lernen verursacht. All diese Nebenwirkungen würden über eine Legalisierung als durch den Staat „vertretbar“ hingestellt.
Richtig ist, dass es derzeit einen nicht unwesentlichen Cannabiskonsum in Deutschland gibt. Negative Folgen: 2018 mussten rund 32.000 Menschen stationär behandelt werden. Keine andere illegale Droge sorgt für vergleichbar viele Behandlungsfälle. Besonders häufig ist der Konsum in Deutschland in der Altersgruppe der 18 bis 21-jährigen. Genau in diesem Alter besteht jedoch eine besondere Gefährdung durch die Entwicklung einer Abhängigkeit. Während rund 9 Prozent der Menschen die Cannabis „ausprobiert haben“ eine Abhängigkeit entwickeln, sind es bei Personen in der Adoleszenz rund 17 Prozent. Zudem gilt, je häufiger die Droge konsumiert wird, desto wahrscheinlicher entwickelt sich eine Abhängigkeit. Da die THC-Konzentration beim konsumierten Cannabis zudem in den letzten 20 Jahren von rund 5 Prozent auf rund 10 Prozent gestiegen ist, verstärken sich die negativen Folgen für die Gesundheit und bei der Abhängigkeit.
Nach den mir vorliegenden Zahlen müssen uns die Zahlen aus Kanada mit Blick auf die Cannabislegalisierung eher alarmieren, als dass wir den Schritt der Legalisierung nachvollziehen. Zum einen hat sich in Kanada im ersten Quartal nach der Legalisierung die Zahl der Erstkonsumenten von Cannabis fast verdoppelt (Ihre Quelle: wissenschaftlicher Dienst des Bundestages 25.11.2019). Das heißt, die Legalisierung birgt ein enormes Risiko zusätzliche Abhängigkeiten über Erstkonsum zu schaffen. Zum anderen kaufen laut kanadischem Statistikamt weiterhin mehr als zwei Drittel der Konsumenten die Droge auf dem Schwarzmarkt. Auch hier zeigt sich keine positive Wirkung auf die Beseitigung krimineller Strukturen. Der Grund hierfür: Der Schwarzmarkt passt sich den legalen Konkurrenzangeboten an. Die Schwarzmarktpreise sind seit der Legalisierung in Kanada unter das Niveau des legalen Verkaufs dort gesunken.
Aus den oben geschilderten Gründen sehe ich absolut keinen Bedarf die Droge Cannabis in Deutschland zu legalisieren.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Aumer