Frage an Peter Aumer von Raphael H. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Aumer,
was genau hat Sie dazu bewogen, gegen ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen zu stimmen?
Ein Tempolimit nimmt Hektik und Aggression aus dem Verkehr und sorgt stattdessen für mehr Gelassenheit und Sicherheit.
Es wird an die Eigenverantwortung des Autofahrers appelliert. Diese Freiheit soll dem Autofahrer erhalten bleiben. Wenn wir hier wirklich von dem Argument der Freiheit reden wollen, dann können wir uns einmal unterhalten über das geplante Gesetz in der Gesundheit für 2021 und der Digitalisierung der Patientenakte. In diesem Falle wird auch die Freiheit des Menschen beraubt. Was, wenn jemand nicht will, dass seine Daten nun noch mehr im Netz landen? Pech gehabt dann wohl. Was ist mit der Vorratsdatenspeicherung? Hat man die Möglichkeit dagegen vorzugehen? Nein, die Daten werden gespeichert. Was ist mit dem Zahlen von Steuern? Hat man hier eine Freiheit? Nein, man zahlt sie eben. Was ist mit der Masernimpfpflicht? Hat man hier die Freiheit, sich dagegen zu entscheiden? Nein, jedenfalls nicht ohne Konsequenzen.
Dass BMWs, Porsches, Mercedes und Audis dann nicht mehr ihre volle Leistung ausfahren können im Falle eines Tempolimits, damit hat die Debatte gegen ein Tempolimit natürlich überhaupt nichts zu tun nehme ich mal an.
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Gerne erläutere ich Ihnen, warum ich mich gegen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ausspreche und dies nicht für zielführend halte.
Mit Blick auf die Verkehrssicherheit ist festzustellen, dass Deutsche Autobahnen verkehrstechnisch sehr gut ausgebaut sind und zu den sichersten Straßen der Welt zählen. Zudem können die Straßenverkehrsbehörden der Länder die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten. Bereits heute gilt daher auf rund 30 Prozent der Autobahnen ständig oder zeitweise ein Tempolimit. Zählt man Geschwindigkeitsbeschränkungen im Bereich von längerfristigen Baustellen hinzu, erhöht sich der Anteil auf insgesamt rund 40 Prozent.
In meinen Augen trägt der Einsatz und das Aufrüsten mit moderner Technik, wie zum Beispiel Warnsysteme, die rechtzeitig auf Stau, Baustellen oder Unfälle hinweisen, in einem viel stärkeren Ausmaß dazu bei, das Sicherheitsniveau auf deutschen Autobahnen weiter zu erhöhen. Zudem schreiben die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften vor, dass die Fahrzeuggeschwindigkeit den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen ist. Das heißt, es darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke angehalten werden kann. Die situationsangepasste Geschwindigkeit ist daher nicht an ein generelles Tempolimit auszurichten, da diese auch deutlich unterhalb eines Tempolimits von 130 km/h liegen kann.
Positive Auswirkungen auf das Klima sind wissenschaftlich und statistisch im Vergleich zu anderen verkehrlichen Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2030 sehr gering. Aktuelle Berechnungen zu den CO₂-Minderungseffekten eines Tempolimits haben ergeben, dass eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 130 km/h auf deutschen Autobahnen den CO₂-Ausstoß lediglich um rund eine Million Tonnen pro Jahr senken würde. Die Maßnahmen des Bundesverkehrsministeriums bei der finanziellen beziehungsweise steuerlichen Förderung beim Kauf von Elektrofahrzeugen sowie klimafreundlicher Dienstwagen spart im Vergleich dazu neun bis zehn Million Tonnen CO₂-Ausstoß pro Jahr ein und nimmt die notwendige langfristige Verkehrswende in den Blick.
Zudem entspricht die mit dem Antrag verfolgte Verbotsmentalität nicht meinem Verständnis einer freien und selbstbestimmten Gesellschaft. So wollen die Union und ich anstelle von Verboten positive Anreize für ein klimaschonendes Mobilitätsverhalten sowie die Förderung von innovativen Technologien in den Mittelpunkt unseres klimapolitischen Handelns stellen. Beispiele sind hier das automatisierte und vernetzte Fahren und alternativen Antriebe, die ich für einen besseren Weg zu mehr Verkehrssicherheit und zur Erreichung der klimapolitischen Zielsetzungen im Verkehrssektor halte.
Das von Ihnen aufgezeigte Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit ist immer auf das jeweilige Thema und die äußeren Rahmenbedingungen bezogen spezifisch zu bewerten. Das Freiheitsrecht des Individuums ist ein hohes Schutzgut in unserer Gesellschaft, das eine Einschränkung erfährt, wenn der Sicherheit des Einzelnen oder der Gesellschaft sowie gesamtgesellschaftlichen Interessenlagen der Vorzug zu geben ist. Dadurch kann sich das vom Staat geregelte Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit immer wieder zwischen den beiden Polen verschieben.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Aumer