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Frage von Kaj M. •

Frage an Peter Altmaier von Kaj M. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Altmaier,

in den VDI-Nachrichten vom 17.8.12 werden Sie bei der Inbetriebnahme der neuen Blöcke des Braunkohlekraftwerkes Neurath zitiert, es sei ein "Herausragender Beitrag zum Gelingen der Energiewende". Hierzu habe ich folgende Fragen:

1. Was genau kennzeichnet aus Ihrer Sicht die Energiewende?
2. Kohlekraft kann keine Zukunft haben. Der theoretisch erreichbare Wirkungsgrad liegt bei der Neurather Betriebsweise bei ca. 67%. Weder theoretisch, geschweige denn in der Praxis wird man den Brennstoff mit dieser Technologie je besser auszunutzen können ( https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4rmekraftwerk#Wirkungsgrad ).
Wussten Sie das?
3. Um das 2°C-Ziel zu halten, müssen wir bis 2050 die CO2-Emissionen weltweit um über 90% reduzieren und sofort beginnen. ( http://www.thefifthestate.com.au/archives/7128 --> Figure 3 ). Noch mehr müssen die Industrieländer schaffen. Heute müssen wir beginnen.
Was rechtfertigt es, heute ein Kraftwerk in Betrieb zu setzen, das 40 Jahre lang 17 Mio t fossiles CO2 emittiert ( http://news.de.msn.com/politik/rwe-nimmt-weltgr%C3%B6%C3%9Ftes-braunkohlekraftwerk-in-betrieb )?
4. Die Dampfwolke hinter Ihnen ( http://www.dtoday.de/cms_media/module_img/505/252532_1_lightbox_502bb4cb3f77f.jpg ) gibt wertvolle Wärme ungenutzt in die Umgebung ab - und entsprechend unnötig CO2.
Dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung nutzt den Brennstoff zu über 90% aus, denn sie erzeugt Strom dort, wo die Wärme auch genutzt wird d.h. in Wohn- und Gewerbegebieten. Sie ist hochflexibel - die perfekte Ergänzung zu den fluktuierenden Erneuerbaren Energien - und bereitet den Boden für die Nutzung des einzigen saisonalen Energiespeichers Gasnetz und die von Ihnen ja schon als interessant bezeichnete "Power-to-Gaz"-Technologie.

Planen Sie die verbesserte Förderung der Stromeinspeisung aus kleiner, dezentraler, hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung bei Ihren Vorschlägen im Herbst mit ein?

Vielen Dank, dass Sie sich mit diesen Fragen befassen.

Kaj Mertens-Stickel

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CDU

Sehr geehrter Herr Mertens-Stickel,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 18. August 2012, für Ihr Interesse an der Energiewende und Ihre Anregungen zu deren Umsetzung. Je mehr Bürgerinnen und Bürger an diesem Prozess mitwirken, desto besser wird er gelingen. Die breite, konstruktive Aus-einandersetzung mit diesem Thema ist eine der Grundvoraussetzungen für den Erfolg der Energiewende.

Die Energiewende ist ein komplexer und langwieriger Prozess. Sie verbindet den zeitlich klar festgelegten Ausstieg aus der wirtschaftlichen Nutzung der Kernenergie mit einem umfassenden, auf vier Jahrzehnte angelegten Gesamtkonzept. Ziel ist es, innerhalb der nächsten 40 Jahre die deutsche Energieversorgung weitestgehend auf zwei Säulen aufzubauen: Erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Hier betreten wir an vielen Stellen Neuland: Deutschland kann als erste große Industrienation die Wende zu einem hocheffizienten, erneuerbaren Energiesystem schaffen. Entsprechend groß ist das Interesse auf europäischer und internationaler Ebene an der Umsetzung der im September 2010 und Sommer 2011 getroffenen Entscheidungen.

Dementsprechend groß sind aber auch die Herausforderungen, vor denen wir stehen. Hierzu arbeitet die Bundesregierung zusammen mit den Ländern und Kommunen, der Wirtschaft, Wissenschaftlern und Verbänden intensiv daran, die Rahmenbedingungen für das Gelingen dieses Prozesses optimal zu gestalten. Die Organisation und Durchführung der Energiewende stellt eine gesamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Aufgabe erster Ordnung dar, deren Gelingen oberste Priorität hat.
Die Entscheidung, die Energieversorgung schrittweise und über fünf Jahrzehnte im Wesentlichen auf Erneuerbare Energien umzustellen, war und ist richtig. Im Bereich der fossilen Energien drohen mittel- und langfristig erhebliche Preissteigerungen und die Auswirkungen auf das Klima wären anderenfalls unverantwortlich.

Unter Berücksichtigung der Kraftwerksstilllegungen und des vollständigen Ausstiegs aus der Kernkraft bis zum Jahr 2022 ist vor dem Hintergrund der Versorgungssicherheit der Bau von thermischen Kraftwerken sinnvoll. Aufgrund der schwankenden Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien muss die Möglichkeit bestehen, durch thermische Kraftwerke die Residuallast abzudecken, die nicht durch Wind, Photovoltaik und Wasserkraft befriedigt wird. Diese thermischen Kraftwerke können mittel- bis langfristig zunehmend auch mit Biomasse oder Gas aus erneuerbaren Energien betrieben werden. CO2-Emissionen und der Verbrauch fossiler Energieträger können so reduziert werden. Wenn neue Kraftwerke mit einem höheren Wirkungsgrad ältere Kohlekraftwerke mit geringerem Wirkungsgrad ersetzen, führt auch dies kurz- und mittelfristig zu einer Reduktion der CO2-Emissionen.

Die Bundesregierung verfolgt mit dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz das Ziel, dass neue thermische Kraftwerke bevorzugt in Kraft-Wärme-Kopplung errichtet werden, um eine besonders effiziente Ausnutzung der Brennstoffe zu ermöglichen.

Die Bundesregierung steht daher unverändert hinter den deutschen Klimaschutzzielen. Deren Umsetzung ist jedoch kein Selbstläufer. Weitere Anstrengungen sind auch hier notwendig. Dabei stehen die energiebezogenen Aktivitäten deutlich im Vordergrund.

Abschließend kann ich Ihnen versichern, dass wir alles tun, um die Energiewende voran zu treiben und auch international ein Beispiel zu geben, wie Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit in einer führenden Industrienation vereinbart werden können.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Altmaier, MdB