Da laut Umfragen in Leipzig Süd ein knappes Rennen zwischen CDU und LINKEN zu erwarten ist, wäre dann eine Wahlempfehlung der Grünen nicht angezeigt, oder wollen Sie doch eine Koalition mit der CDU?
Seit nunmehr 13 Jahren arbeitet Herr Pellmann mit Grünen und SPD im Leipziger Stadtrat zusammen. Sie selbst sind nicht in der Fraktion und können gar nicht einschätzen wie die Zusammenarbeit ist. Die derzeitigen Umfragen zeigen eins deutlich: es wird ein knappes Rennen zwischen CDU und DIE LINKE geben. Also kann man doch nur jeden und jede, der keine CDU-Kandidatin haben will, und auch Laschet nicht als Kanzler will, bitten, beide Kreuze bei der LINKEN zu machen. An den LINKEN wird eine Zusammenarbeit mit SPD und Grünen im Bundestag sicher nicht scheitern, oder sehen Sie das anders bzw. sich als JUNIORpartner der CDU?
Sehr geehrte Frau Stange,
vielen Dank für Ihre zweite Frage, die ja durchaus eine gewisse Ähnlichkeit zu Ihrer ersten Frage aufweist. Aus diesem Grund habe ich auch noch einmal meine letzte Antwort an Sie beigefügt. Sie werfen jetzt noch einmal ein, dass es Umfragen geben würde, die ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen zwei Parteien vorhersagen würden. Ich weiß nicht, welche Umfragen Sie konkret meinen, aber aus meiner Sicht gibt es derzeit keine wirklich fundierten Daten dazu, wie die Wähler_innen im Leipziger Süden abstimmen könnten. Es gibt lediglich wenig belastbare sogenannte "Wahlkreisprognosen", beispielsweise unter https://www.election.de/cgi-bin/showforecast_btw21.pl?map=210730. Ich halte diese Daten für eher wenig aussagekräftig, aber in Ermangelung besserer Daten kann man zumindest zur Kenntnis nehmen, dass dort bei ungefähr Gleichverteilung der Wahrscheinlichkeiten zwischen Grün, Links und CDU keine eindeutige Aussage zum wahrscheinlichen Wahlausgang abgeleitet werden kann. Wenn Sie sich jedoch auf die bundesweiten Umfragen bezogen haben sollten, dann kann man der Aussage zum vermeintlichen Kopf-an-Kopf-Rennen noch weniger folgen: Sowohl Linkspartei als auch CDU haben einen erheblich schlechteren Bundestrend als 2017 zu verzeichnen, wobei die Linkspartei im mittleren einstelligen Bereich nicht einmal ansatzweise mit der CDU verglichen werden kann.
Ich bewerte die aktuelle Umfragelandschaft anders als Sie. Ich sehe einerseits eine enorme Schwankungsbreite, vor deren Hintergrund man mit Aussagen, was ggf. in drei, vier oder fünf Wochen passieren könnte, sehr vorsichtig sein sollte. Ich sehe außerdem, dass ein Unions-Kanzleramt nur verhindert werden kann, wenn andere Parteien ausreichend stark werden, um eine Regierung an der Union vorbei bilden zu können. Deswegen werbe ich dafür, dass die Parteien unterstützt werden, die schon jetzt ausreichend stark sind, um tatsächlich dieses Ziel erreichen zu können. Parteien um die 20 % gehören für mich dazu, Parteien im mittleren einstelligen Bereich eher nicht. Gute Oppositionsarbeit ist wichtig, aber angesichts der enormen Herausforderungen von europaweit brennenden Wäldern, Flutkatastrophen, Dürre, Corona-Pandemie und sozialer Spaltung, um nur einige zu nennen, brauchen wir ab Oktober endlich eine neue Regierungs-Mehrheit, die tatsächlich auch die dringend notwendigen Veränderungen von Klimaschutz-Gesetz bis Kindergrundsicherung durchsetzen kann, statt sie immer nur zu fordern. Darum geht es in diesem Wahlkampf: Um echte, spürbare Veränderung auf der Regierungsbank. Wer diese will, sollte Parteien wählen, die stark genug sind, um die Dominanz der Union zu brechen.
Lassen Sie mich am Ende jedoch noch einen Punkt ansprechen, auf den wir uns wahrscheinlich einigen können: Die CDU passt nicht zum Leipziger Süden, und deswegen sollten wir als progressive Kräfte in Leipzig im Gespräch mit Freunden und Bekannten, mit Eltern und Geschwistern, mit Kolleg*innen und Zufallsbekanntschaften immer wieder klar machen, warum ein CDU-Kandidat/eine CDU-Kandidatin den Leipziger Süden in seiner Vielfalt, Weltoffenheit und Solidarität nicht sinnvoll vertreten kann. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gute neue Woche. Anbei finden Sie noch einmal die Antwort auf Ihre letzte Frage, warum wir als Bündnis 90/Die Grünen den aktuellen Wahlkreisbewerber der Linkspartei nicht unterstützen können.
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Sehr geehrte Frau Stange,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Wir Sie als Anwohnerin im Leipziger Süden sicher wissen, haben wir als Bündnisgrüne in Leipzig sowohl 2020 im zweiten Wahlgang Herrn Jung von der SPD im Oberbürgermeister-Wahlkampf unterstützt als auch 2017 Herrn Pellmann zur Bundestagswahl. Darüber hinaus habe ich persönlich 2019 auf den Podien zur Landtagswahl Juliane Nagel gegen ungerechtfertigte Angriffe von rechts verteidigt und gemeinsam mit dem Bündnis "umkrempeln" mit René Jalaß (Die Linke), Luise Neuhaus-Wartenberg (Die Linke), Sophie Koch (SPD), Irena Rudolph-Kokott (SPD) und Anne Kämmerer (Bündnis 90/Die Grünen) für progressive Bündnisse in Sachsen geworben. Bei keiner der vergangenen Wahlen in Leipzig wurden Grüne Kandidatinnen oder Kandidaten von SPD oder Linkspartei unterstützt.
Obwohl wir 2017 Herrn Pellmann mit unserer Unterstützung einen enormen Vertrauensvorschuss gewährten, ist er diesem in keinster Weise gerecht geworden. Einem Kandidaten wie ihm, der im Leipziger Stadtrat weiterhin gegen Klimaschutz stimmt, teilweise auch gegen viele andere Stadträt_innen seiner eigenen Partei, können wir unter keinen Umständen unterstützen (siehe bspw. die Abstimmungen zu "Leipzig auf dem Weg zur "Wasserstoffstadt" oder seine Ablehnung der Abstimmung über ein Klima-Sofortmaßnahmen-Programm). Angesichts der immensen Bedeutung der Klimakrise können für den nächsten Bundestag niemanden unterstützen, der sich einer Lösung der Klimakrise in den Weg stellt.
Darüber hinaus teilen wir die großen Vorbehalte, die weite Teile der Leipziger Linkspartei ihm gegenüber empfinden. Mit seiner Einladung von Frau Wagenknecht auf den Leipziger Augustusplatz in diesem Sommer zeigt er, dass er eine Frau in der Linkspartei unterstützt, die offen alle Menschen beleidigt, die sich für eine gerechte Klimapolitik und Weltoffenheit einsetzen und falsche Aussagen über die Bewegung Fridays for Future verbreitet. Nicht ohne Grund läuft derzeit ein Parteiausschlussverfahren gegen Frau Wagenknecht. Sie als Person einzuladen bedeutet einen Schlag ins Gesicht für tausende Menschen in Leipzig, die sich für Klimagerechtigkeit und Weltoffenheit einsetzen. Ich unterstütze in diesem Zusammenhang jene Vertreter_innen der Leipziger Linkspartei, die diese Veranstaltung öffentlich als "unerträglich" bezeichnet haben.
Sören Pellmann als Kandidat hat mit seinem klimafeindlichen Abstimmungsverhalten im Stadtrat und seiner offenen Unterstützung für Sarah Wagenknecht leider alles dafür getan, dass er von uns aus inhaltlichen Gründen nicht unterstützt werden kann. Wir kämpfen als Bündnisgrüne für ein klimaneutrales, weltoffenes Sachsen und dafür werben wir auch bei der jetzt anstehenden Bundestagswahl. Herr Pellmann steht leider für das Gegenteil.