Frage an Paul Nemeth von Marko N. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Rödling,
als Polizeibeamter muss ich feststellen, dass die Landesregierung - dem allgemeinen Trend folgend - am Personal der Polizei spart.
Als CDU/FDP die Polizei reorganisierten u. die Arbeitszeit auf 41 Stunden erhöhten, wurde propagiert, dass man die Präsenz erhöhen wolle. Davon will man nun nichts mehr wissen. Vielmehr wird bei der Polizeiverwaltung 20% des Personals abgebaut. Es heißt sogar, dass auch Vollzugsstellen abgebaut u. daher Pensionsabgänge nicht mehr ersetzt werden. Seit langem wird kaum Nachwuchs ausgebildet. Dabei überaltert die Polizei u. das Durchschnittsalter liegt in manchen Organisationseinheiten jenseits der 45!
Das Personal der Polizei, ob mit o. ohne Reorganisation und Arbeitszeitverlängerung, wird den Aufgaben nicht gerecht. Diese wurden in der Vergangenheit stetig ausgeweitet. Der Kriminalitätsentwicklung folgend, wurden neue Ermittlungsinstrumente besetzt, wie z.B. die DV-Auswertung oder die zentrale Informationsbeschaffung und -auswertung.
Natürlich stellen neue Ermittlungsinstrumente in den einzelnen Ermittlungsverfahren eine Erleichterung dar. In jedem Fall aber resultiert aus den zusätzlich gewonnenen Informationen auch das Bekanntwerden einer Vielzahl weiterer Straftaten, die anders nicht bekannt geworden wären u. ebenfalls bearbeitet werden müssen. Das kann man ohne weiteres der Kriminalstatistik entnehmen! Was nicht folgte, war neues Personal.
In der Folge ist es nur logisch, dass die Polizei viele Überstunden vor sich her schiebt, da die Kollegen noch motiviert genug sind, das Notwendigste auch über die 41 Stunden hinaus zu erledigen. Es ist doch schizophren, dass uns die Landesregierung diese Überstunden vorwirft u. uns regelmäßig (in jedem Fall vor den Wahlen) auffordert, sie abzubauen. Und das im Jahr der Weltmeisterschaft! Da heiße ich doch die Bundeswehr als Lückenbüßer willkommen (Ironie!).
Was sagen Sie zu dem vor allem an Ihre Partei zu richtendem Vorwurf?
m.f.G.,
M. Neuwirth
Sehr geehrter
Herr Neuwirth,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 17. Februar, in dem Sie die Situation der Polizei im Land ansprechen. Ich gehe davon aus, dass Sie mich meinen, auch wenn Sie Herrn Rödling in der Anrede ansprechen. Baden-Würtemberg steht wie alle anderen Länder im Bereich der Inneren Sicherheit vor einem Spannungsverhältnis: Einerseits gilt es, alles daran zu setzen, größte Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Andererseits stehen wir in der Pflicht, unsere Staatsverschuldung im Interesse nachfolgender Generationen zu reduzieren. Die Landesregierung hat in der Vergangenheit gezeigt, dass ein verantwortungsvoller Umgang in der Erreichung beider Ziele möglich ist. Seit ? 10 Jahren hat Baden-Würtemberg im Ländervergleich die niedrigste Kriminalitätsbelastung (zuletzt 5.784 Straftaten je 100.000 Einwohner) und teilt sich mit Bayern die Spitzenposition in der Aufklärungsquote (zuletzt 58,2 %). Das zeigt: Die Polizei in Baden-W?emberg leistet hervorragende Arbeit in der Kriminalitätsprävention und -bekämpfung. Die Verwaltungsreform und die von Ihnen angesprochene Reorganisation der Polizeireviere und Polizeiposten tragen dazu bei, den Einsatz an Personal- und Sachmitteln zu optimieren, um die allgemeinen Einsparvorgaben zu erreichen und die Kosten für den Einsatz neuer Techniken (z. B. Digitalfunk) zu decken. Dazu gehört auch die Erhöhung der Arbeitszeit auf 41 Stunden und der Abbau von Personal. Personalabbau findet allerdings ganz bewusst hauptsächlich in der Polizeiverwaltung statt, wo angesichts der Neuordnung und des Einsatzes neuer Techniken, Personalreduzierungen möglich sind. Der Vollzugsdienst bleibt davon weitgehend unbetroffen. Ich schätze Ihren Einsatz und den Einsatz Ihrer Kolleginnen und Kollegen für unsere Sicherheit und die Bereitschaft zu Übererstunden. Ich stimme Ihnen auch zu, dass diese Bereitschaft in machen Bereichen über die Maßen strapaziert wird. Bezug nehmend auf Ihre Aussage die Landesregierung betreffend, muss ich sagen, dass ich keine Äußerungen kenne, in denen die Landesregierung der Polizei vorwirft, dass sie in Erfüllung ihrer Aufgaben zu viele Überstunden zu verzeichnen hat. Es steht außer Frage, dass eine Erhöhung der Planstellenzahl im Polizeidienst, die Üerstundenproblematik lösbar wäre, die Einsparvorgaben des Doppelhaushaltes 05/06, von denen das Innenministerium im übrigen deutlich weniger betroffen ist als andere Ressorts, lassen dies jedoch nicht zu. Es muss daher Ziel der mittelfristigen Haushaltsplanung sein, mehr Stellen bei der Landespolizei zu schaffen.
Mit freundlichen
Grüßen
Ihr Paul
Nemeth