Frage an Paul Lehrieder von Thomas W. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Lehrieder,
dem Entwurf eines "Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes" vom 14.01.2009 zufolge soll jeder Anbieter von Internetdiensten wie Google, Amazon oder StudiVZ künftig das Recht erhalten, mein Surfverhalten ohne Anlass aufzuzeichnen – angeblich zum "Erkennen" von "Störungen". Damit müsste ich die unbegrenzte und unbefristete Speicherung jeder Eingabe und jedes Mausklicks beim Lesen, Schreiben und Diskutieren im Internet befürchten. Die Surfprotokolle dürften an Polizei, Bundeskriminalamt, Geheimdienste sowie an die Unterhaltungsindustrie herausgegeben werden. Eine richterliche Anordnung ist nicht vorgeschrieben, eine Beschränkung auf schwere Straftaten nicht vorgesehen.
Ich protestiere scharf gegen eine solche anlasslose Erfassung meines Surfverhaltens und bitte Sie, sich dafür einzusetzen, dass diese Klausel aus dem Gesetzentwurf gestrichen wird!
Im vergangenen Jahr sind zahlreiche Datenskandale aufgetreten: Plötzlich war weltweit nachzulesen, wer delikate Partneranzeigen unter Chiffre aufgegeben hatte, wer ein Erotikangebot von Beate Uhse genutzt hatte oder welche Kinder ein Forum des ZDF-Kinderkanals nutzten. Das zeigt: Nur nicht erfasste Informationen sind sichere Informationen. Es gefährdet meine Sicherheit, wenn jetzt neue Datenberge geschaffen und damit privateste Daten über meine Internetnutzung Missbrauchsrisiken ausgesetzt werden sollen. Bitte verhindern Sie dieses Vorhaben!
Bitte teilen Sie mir mit, was Ihre Meinung dazu ist und was Sie unternehmen wollen, damit ich das Internet weiterhin ohne verdachtslose Aufzeichnung nutzen kann.
Mit freundlichem Gruß
Thomas Weber
Sehr geehrter Herr Weber,
vielen Dank für Ihre Frage vom 26. Februar 2009 mit der Sie den Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes ansprechen. Nach Ihrer Darstellung würde dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung Anbietern von Internetdiensten ermöglichen, das Internet-Surfverhalten ihrer Nutzer ohne Anlass aufzuzeichnen oder entsprechende Daten verdachtslos zu speichern. Diese Darstellung beruht jedoch auf einer unzutreffenden Interpretation des Gesetzentwurfs, die sich auf einer Reihe von Internetseiten wiederfindet.
Die vorgesehenen Neuregelungen im Entwurf des Telemediengesetzes sollen die bestehende Rechtsunklarheit beseitigen, die sich gegenwärtig aus der Abgrenzung der Regelungen des Telemediengesetzes sowie des Telekommunikationsgesetzes ergibt.
Zukünftig sollen Diensteanbieter Nutzungsdaten (so genannte Protokolldaten oder Logfiles) erheben und verwenden können, soweit dies zum Erkennen, Eingrenzen oder Beseitigen von Störungen ihrer technischen Einrichtungen erforderlich ist. Diese resultieren insbesondere aus Hacker-Angriffen auf die Einrichtungen des Diensteanbieters. Nach § 100 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz war dies zwar schon bisher möglich, jedoch nur dann, wenn es sich bei der für das Internetangebot verwendeten Technik zugleich um Dienstleistungen im Sinne des Telekommunikationsgesetzes handelte. Deshalb soll nun im Telemediengesetz eine inhaltsgleiche Regelung aufgenommen werden.
Nach beiden Bestimmungen dürfen aber ausschließlich Daten erhoben und verwendet werden, die ein Anbieter tatsächlich benötigt, um Hackerangriffe auf seine Internetseite zu erkennen und abzuwehren. Eine unbegrenzte oder gar verdachtslose Speicherung sowie eine Speicherung zu anderen Zwecken, etwa zur Verfolgung von Urheberrechtsverstößen oder zur Erstellung irgendwelcher „Surfprofile“, ist auf der Basis der vorgesehenen Regelung nicht zulässig und wäre illegal. Auch werden im Telemediengesetz keine neuen Befugnisse für die Polizei-, Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden geschaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Lehrieder MdB