Frage an Paul Lehrieder von Wolf Michael K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Kolbow!
Zur Zeit macht die Famile Dudek Schlagzeilen, die ihre Kinder zuhause unterrichtet. Der älteste Sohn hat gerade seinen Realschulabschluß mit einem Notendurchschnittt von 1.1 absolviert. Die Kinder sind durch Ehrenämter und Vereinsmitgliedschaften bestens sozial integriert. Nun sind sie zu insgesamt 6 Monaten Haft verurteilt worden, weil ihnen die Erziehung und Bildung ihrer Kinder mehr am Herzen liegt, als die in D geltende Schulpflicht. Was für ein Problem hat der Staat damit, wenn Eltern sich dem Grundgesetz beugen und die Ihnen "zuvörderst obliegende Pflicht zur Erziehung ihrer Kinder" erfüllen? Das schließt für mich die Schulbildung ein. Die sogenannte Schulpflicht aus dem letzten Jahrhundert hat sich zeitlich überholt. Wenn die Schüler durch Homeschooling vergleichbare oder, wie in diesem Fall, sogar bessere Leistungen abrufen können, und darüber hinaus sozial besser integriert sind, was spricht dann dagegen? Oder sieht hier der Staat möglicherweise seine Pfründe gefährdet und sieht sich deswegen veranlasst, die Bürger zu ihrem "Glück" zu zwingen?
Mit freundlichen Grüßen aus Würzburg,
Wolf Michael Kröger
Sehr geehrter Herr Kröger,
für Ihre E-Mail vom 1. Juli 2008 danke ich Ihnen sehr herzlich.
Für die Bereiche "Schule" und Bildung" sind in Deutschland grundsätzlich die Bundesländer zuständig und nicht der Bund. Für Ihr Anliegen ist deshalb in erster Linie das Kultusministerium des Freistaates Bayern in allen Belangen, die Bildungsfragen tangieren, der richtige Ansprechpartner.
Dennoch befasst sich das Grundgesetz in Artikel 7 mit dem Schulwesen in Deutschland. Das gesamte Schulwesen steht demnach unter der Aufsicht des Staates. Der Artikel regelt aber auch, dass private Schulen in Deutschland errichtet werden können. Diese allerdings nur dann, wenn sie sich an die Landesgesetze halten und von den Landesbehörden genehmigt werden. Zusätzlich dazu wurde die Schulpflicht auch in der Bayerischen Landesverfassung verankert. Sie wird erfüllt durch den Besuch einer Pflichtschule.
Die allgemeine Schulpflicht, die das Bundesverfassungsgericht nach ausdrücklicher Abwägung mit den in der Verfassung durch Art. 6 GG geschützten Elternrechte und -pflichten mehrfach bestätigt hat, dient dem legitimen Ziel der Durchsetzung dieses staatlichen Erziehungsauftrags.
Im Rahmen ihrer gesamterzieherischen Verantwortung steht es Eltern zu, über die jeweilige Situation der Schülerin oder des Schülers sowie über schulische Bildungsgänge und Planungen umfassend informiert zu werden. Aus Art. 6 Abs. 2 GG kann aber weder ein Anspruch auf Mitwirkung noch ein Bestimmungsrecht der Eltern über die Schule oder gar eine Befreiung von der allgemeinen Schulpflicht abgeleitet werden (BVerfGE 59, 360, 380f.). Eltern, die ihre Kinder beispielsweise aus religiös-weltanschaulichen Gründen nicht auf eine öffentliche Schule schicken möchten, bleibt es nach der in Art. 7 Abs. 4 und 5 GG garantierten Privatschulfreiheit ferner unbenommen, ihre Kinder auf einer ihren Auffassungen entsprechenden Ersatzschule in privater Trägerschaft unterrichten zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Lehrieder MdB