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Paul Lehrieder
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Frage von Ulrich P. •

Frage an Paul Lehrieder von Ulrich P. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Lehrieder,

ich bitte Sie um Ihre Meinung zur in Deutschland praktizierten verdeckten Schwiegerkindhaftung. Folgen sind Streit und Spannungen in Ehe und Familie. Anwälte raten zur Scheidung.

Der Elternunterhalt (EU) leitet sich von einem 114 Jahre alten Gesetz ab, für heutige Familienstrukturen. Länder wie z.B. Österreich und die Niederlande haben den EU abgeschafft, skandinavische Länder nie eingeführt. Diese stehen finanziell dennoch gut da.

In einer ökonomischen Analyse wurde bewiesen (Quelle: Körber-Stiftung Studienpreis 2012 Dr. M. Hillebrecht http://tinyurl.com/jwqfz84 ), dass selbst unter günstigsten Annahmen durch den Sozialhilferegress max. 12 Mio. € p.a. an fiskalisch wirksamen Einnahmen generiert werden. Dies begründet sich nicht zuletzt durch die sehr hohen Verwaltungskosten, die für die Bearbeitung der Regressfälle bei den Sozialhilfeträgern entstehen. Die Verwaltungskostenquote bei den von Bund und Ländern erhobenen Steuern beträgt durchschnittlich 1,7 %, während sie beim EU-Regress mehr als 35 % ausmacht, bedeutet 20-mal so teuer wie eine vergleichbare Steuererhebung!

Der EU-Pflichtige kommt über von ihm gezahlte Steuern, auch für die Pflegekosten Kinderloser, sowie Beamter, Beamtenkinder sind vom EU ausgenommen, auf.

Falsch ist, dass es nur Gutverdiener trifft. Der Selbstbehalt für Verheiratete liegt beim EU bei 2880 €.

Als Schwiegerkind für die Schwiegereltern zu haften hat nichts mit familiärer Solidarität zu tun. Das Schwiegerkind muss einen regelmäßigen Finanzoffenbarungseid ablegen, es stehen Anwalts- und Gerichtstermine an. Der EU ist ungerecht und finanziell sinnlos, auch wegen leistungsfeindlicher Prinzipien. Freiheiten werden eingeschränkt, Art. 6 GG verletzt und Familien massiv belastet.

Warum wird diese mittelalterliche Praxis, Unsinnigkeit und Ungerechtigkeit in Deutschland fortgeführt, welche in anderen Ländern erfolgreich abgeschafft bzw. nie eingeführt worden ist?

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Pfefferer

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Sehr geehrter Herr Pfefferer,

vielen Dank für Ihre Nachricht zum Unterhalt für Eltern und Schwiegereltern. Der gesetzliche Anspruch auf Elternunterhalt basiert auf der gegenseitigen Pflicht von Eltern und Kindern zu gegenseitigem Beistand und Rücksicht. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Unterhaltspflichtig sind nur die eigenen Kinder des Berechtigten. Ein von Ihnen angesprochener und kritisierter Unterhaltsanspruch gegen die Schwiegerkinder besteht mangels Verwandtschaftsverhältnisses nicht. Grundsätzlich muss das Einkommen des Ehegatten des Unterhaltsschuldners außer Acht bleiben.

Gleichwohl ist es unterhaltsrechtlich nicht bedeutungslos und natürlich im Einzelfall zu prüfen, ob und wenn ja in welchem Umfang sich das Einkommen des Ehegatten möglicherweise auf die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Kindes auswirkt. So gibt es einige Fallkonstellationen, die indirekt zu einer Einbeziehung des Einkommens des Ehegatten in den Elternunterhalt führen. Ein solcher Fall ist zum Beispiel gegeben, wenn das Zusammenleben mit dem Schwiegerkind zu einem Synergieeffekt führt, also zu einer Ersparnis, die durch gemeinsames Wirtschaften eintritt oder das unterhaltspflichtige Kind kein oder kein ausreichendes eigenes Einkommen hat. Allerdings ist in letzterem Fall zu bemerken, dass ein Anspruch des Unterhaltspflichtigen auf Familienunterhalt nicht auf Geldzahlung, sondern nur auf Teilhabe am Familieneinkommen gerichtet ist und hieraus allein keine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Kindes abgeleitet werden kann. Allein ein sogenannter Taschengeldanspruch des einkommenslosen Kindes könnte hier herangezogen werden. Dieser Anspruch bemisst sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten und wird in der Regel mit etwa sechs Prozent des zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens angenommen.

Im Übrigen tragen die Oberlandesgerichte mit ihren Unterhaltsleitlinien der Tatsache Rechnung, dass - anders als die Eltern – die Kinder nicht darauf eingerichtet sind, eines Tages den Eltern Unterhalt zahlen müssen, indem die Selbstbehalte vergleichsweise hoch angesetzt sind. So gilt für das zum Elternunterhalt verpflichtete Kind ein Selbstbehalt von 1.600 Euro und für dessen Ehegatten von 1.280 Euro. Dies ergibt einen Familienselbstbehalt von 2.880 Euro.

Diese Regelungen halte ich unter dem Gesichtspunkt der familiären Verpflichtung zu gegenseitigem Beistand und Rücksicht für sachgerecht und angemessen. Ob und inwiefern sich die diesbezügliche Rechtsprechung in Anbetracht des kürzlich ergangenen Urteils des Bundesgerichtshofes zum Unterhalt für Eltern in absehbarer Zeit verändern wird, vermag ich nicht zu beurteilen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen behilflich sein.

Mit freundlichen Grüßen
Paul Lehrieder, MdB

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