Frage an Paul Lehrieder von Wolf Michael K. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Lehrieder,
Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages warnt in seinem Gutachten vom Februar diesen Jahres das Parlament, dem von der Regierung geplanten Euro-Rettungsschirm zuzustimmen. So wie er geplant sei, riskiert der Bundestag die Geldwertstabilität und einen Verfassungsbruch.
»Durch die Übernahme einer Bürgschaft wird ein Verfahren in Gang gesetzt, an dessen Ende die Pflicht zur Zahlung sehr hoher Summen stehen kann, ohne dass das Parlament entscheidenden Einfluss nehmen kann«, so die Juristen des Dienstes.
Die Bundesregierung hat die Absicht, beim Euro-Rettungsschirm für bis zu 168 Milliarden Euro zu bürgen. Dazu kommen 22 Milliarden Euro aus deutschen Steuergeldern hinzu, über die der Bundestag bereits entschieden hat. Das ergibt eine Gesamtbelastung von 190 Milliarden Euro. Das entspricht fast zwei Dritteln der Steuereinnahmen des Bundes!
Weiter: »Sollten die Bürgschaften greifen, würde einem künftigen Haushaltsgesetzgeber ein Verfassungsbruch quasi aufgezwungen (…) Bei der Einlösung der Zahlungspflicht käme der Haushaltsgesetzgeber nicht umhin, gegen die Schuldenbremse zu verstoßen.«
Auch der Bundesrechnungshof mahnt: »Alle Festlegungen zu Art und Höhe der deutschen Beiträge zum Euro-Rettungsschirm unterliegen der parlamentarischen Zustimmungserfordernis.«
Meine Frage an Sie als mein Stimmkreis-/Bundestagsabgeordneter lautet: Wie werden Sie sich entscheiden? Stimmen Sie einem offensichtlichen Verfassungsbruch zu oder sorgen Sie mit Ihrer Stimme und Ihrem parlamentarischen Einsatz dafür, dass Schaden von unserem Land und unserer verfassten Demokratie abgewendet wird.
Mit freundlichen Grüßen aus Würzburg,
Wolf Michael Kröger
Sehr geehrter Herr Kröger,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 09. Mai 2011, in der Sie sich gegen den von der Regierung geplanten Rettungsschirm aussprechen.
Ich bitte jedoch zu bedenken, dass ohne weitere Rettungsmaßnahmen – wie momentan beispielsweise im Falle Griechenlands – die erste ungeordnete Zahlungsunfähigkeit im Euro-Währungsgebiet droht.
Bei einer „Insolvenz“ Griechenlands wären die griechischen Banken und Pensionsfonds sofort pleite, weil die Konten geplündert würden. Renten und Gehälter würden nicht mehr ausgezahlt, der Sozialstaat bräche zusammen. Weil die Notenbank gar nicht schnell genug eine neue Währung drucken könnte, bräche der Euro ein – mit absehbaren Folgen für die Euro-Zone und den Aufschwung in Deutschland.
Weil Banken, Versicherungen und Pensionsfonds im übrigen Euro-Raum mit 99 Milliarden Euro in Griechenland engagiert sind und die EZB griechische Staatsanleihen über 45 Milliarden Euro erworben hat, bekämen wir eine zweite Bankenkrise, die auch weitere Euro-Länder in die Zahlungsunfähigkeit treiben würde.
Die nachhaltige Stabilisierung der Euro-Zone ist im Interesse Deutschlands und seiner europäischen Partner. Gerade die Bundesrepublik, deren Exporte zu 41 Prozent in die Euro-Zone gehen, hat ein hohes Interesse an einer Stabilisierung der Lage in Griechenland.
Vor diesem Hintergrund gab der Deutsche Bundestag der Regierung auf Initiative von CDU/CSU und FDP klare Richtlinien für das nächste europäische Gipfeltreffen auf den Weg. Den neuen Finanzhilfen sei nur dann zuzustimmen, wenn der Internationale Währungsfonds weiterhin in die Maßnahmen eingebunden bleibe. Im Sinne einer fairen Lastenteilung müsse auch eine angemessene Beteiligung privater Gläubiger, die in griechische Staatsanleihen investiert hatten, erfolgen. Von Griechenland verlangt die Koalition ein umfassendes Privatisierungsprogramm; eine Schuldenrückführung würde die Zinslast deutlich senken. Außerdem fordert der am 10. Juni 2011 im Deutschen Bundestag angenommene Antrag Griechenland unmissverständlich zu weiteren Reformen auf.
Schon mit dem bisherigen Programm ist kein einziger deutscher Steuercent an Griechenland verlorengegangen. Auch deshalb hat das neue, verbesserte Hilfsprogramm große Chancen, erfolgreich zu sein: Es soll ein stabiles Europa und damit die Prosperität unseres Landes sichern.
Ich hoffe, Ihrem Anliegen entsprochen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Lehrieder MdB