Frage an Paul Lehrieder von Ulrich W. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Lehrieder,
herzlichen Dank für Ihre Antwort und den Hinweis auf Ihren eigenen Redebeitrag. Diesen habe ich mehrmals angesehen und auch das dazugehörige Protokoll gelesen.
Ihre Aussage: „Das traurige Beispiel der Schwangeren, die sich um jeden Job bemühen muss, rührt einen direkt zu Tränen.“ muss man sich zum Verständnis ihrer Wertung jedoch im Film ansehen.“
Zu Frau Kollegin Kipping gewand behaupten Sie kühn: „Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Vermittlung nur in zumutbare Beschäftigungsverhältnisse erfolgt. Das heißt, eine Hochschwangere wird kaum in eine körperlich anspruchsvolle Tätigkeit vermittelt werden können.“
Mit Ihrer Behauptung geben Sie zu erkennen, dass Sie keine Ahnung von der Umsetzung der Sanktionspraxis im Behördenalltag haben.
Sie zitieren zwar mutig die Verfassungsrichter mit den Worten:
„Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Er gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit …, als auch die Sicherung der Möglichkeit … zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst …“
die Umsetzung kennen Sie nicht.
Aus meiner Beratungspraxis im Verein aufRECHT e.V. in Iserlohn kenne ich mehrere Beispiele von 100% Sanktionen und Energiesperren im Bereich des Jobcenters MK, die als rechtwidrig abgeurteilt und als Beispielklagen im Internet dokumentiert sind. Es sind auch Beispiele Sanktionsbedingter Obdachlosigkeit bekannt.
Darf ich Sie einladen sich beim Jobcenter Märkischer Kreis über die vielen verlorenen Sanktionsklagen und Ihre Auswirkungen zu erkundigen und danach hier Stellung zu beziehen?
Sehr geehrter Herr Wockelmann,
ich möchte Sie zur Beantwortung Ihrer Frage erneut auf meinen gesamten Redebeitrag verweisen. Das Zitat des Verfassungsrichters entspricht genau unserer gesetzlichen Situation. Und dieser entspricht es eben auch, dass Schwangere ausschließlich in Tätigkeiten vermittelt werden, die zumutbar sind.
Allein soweit es sich um eine zumutbare Arbeitsgelegenheit handelt, führt die Ablehnung dieser Tätigkeit zu einer Sanktion nach § 31 SGB II, nämlich dann, wenn Leistungsberechtigte keinen wichtigen Grund für ihr Verhalten nachweisen.
Doch bei der Prüfung des wichtigen Grundes hat der zuständige Leistungsträger alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und hierunter fällt eben auch zu prüfen, ob eine bestehende Schwangerschaft ein wichtiger Grund für die Ablehnung einer konkreten Tätigkeit oder Maßnahme ist.
Zu einer vollständigen Leitungskürzung im SGB II kommt es erst dann, wenn Leistungsberechtigte wiederholt ihnen zumutbare Tätigkeiten oder Eingliederungsmaßnahmen ohne wichtigen Grund abgelehnt haben.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Lehrieder, MdB