Portrait von Paul Klemens Friedhoff
Paul Klemens Friedhoff
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Paul Klemens Friedhoff zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Kai M. •

Frage an Paul Klemens Friedhoff von Kai M. bezüglich Wirtschaft

Sehr gehrter Herr Friedhoff!

Sind Ihnen nicht die Begrifflichkeiten durcheinandergeraten? Als Selbstverwaltung kann man doch wohl nur eine Organisation bezeichnen, die von den Betroffenen selbst gegründet und eigenverantwortlich geführt wird. Warum verbietet der Gesetzgeber uns eigentlich unter Verletzung von Artikel 9 GG, Kammern zu gründen, wenn wir die Erfahrung gemacht haben, daß unsere Kammer nicht nur unsere Interessen nicht vertritt sondern auch noch gegen uns handelt? In der Vollverwammlung haben nur die Unternehmer eine Stimme, die über ihre Seilschaften Mitglieder dieser Vollversammlung geworden sind. Welcher kleine Unternehmer mit einem 12 - 16 Stunden Tag hat die Zeit und Lust, sich mit einer Sache zu beschäftigen, die ihm keinen Nutzen bringt sondern nur Ärger und Kosten verursacht und damit schadet? Sollen die Vertreter der großen Unternehmen doch austreten oder uns kleine ausschließen. Wir gründen schon eigene Kammern, wenn wir solche brauchen. Die geringe Beteiligung bei den Wahlen zur Vollversammlung ist eine Abstimmung mit den Füßen!!! Müssen auch wir kleine Unternehmer erst unsere Firmen ins Ausland verlegen, so wie viele DDR-Bürger das Land verlassen haben? Das IHK-Gesetz hieße besser Kammerfluchtgesetz? Weil wie in der ehemaligen DDR eine selbsternannte Elite auf Kosten anderer ein schönes Leben führen kann, während wir nur etwas verdienen, wenn wir Leistungen erbringen. Wir wollen keine Mitglieder der derzeitigen Kammern sein. Wir wollen uns selbst verwalten und unsere Interessen selbst vertreten. Wir sind selbstständige Unternehmer und lassen uns nicht von Angestellten etwas vorschreiben, die nicht eigenverantwortlich und mit vollem Haftungs- und Insolvenzrisiko arbeiten. Wir können und wollen auch selbst entscheiden, ob wir eine Leistung von einer Kammer oder einer Behörde beziehen. Von Polemik kann keine Rede sein. Alles was ich über diese Thema bisher gelesen habe, wurde mehrfach bewiesen.

Mit freundlichen Grüßen
Kai Marlow

Portrait von Paul Klemens Friedhoff
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Marlow,

mir sind keine Begrifflichkeiten durcheinandergeraten.

Eine Kammer ist kein Interessenverband, daher kann man sie auch nicht einfach so gründen. Art. 9 GG hier heranzuziehen hilft hier nicht weiter, schließlich können Sie auch keine Behörde gründen. Es ist zudem falsch zu sagen, dass Selbstverwaltung voraussetze, dass die Selbstverwaltungseinrichtung durch ihre Mitglieder selbst gegründet worden.ist. Es steht jedem Bürger dagegen frei, Interessenvereinigungen jeder Art zu gründen. Die Begriffe/Bereiche "selbst verwalten" ( = staatliche Verwaltung durch von Unternehmern gewählte Verwaltung ersetzen) und "selbst Interessen vertreten" sollten Sie nicht vermischen.

Die Kammern nehmen zu großen Teilen staatliche Aufgaben wahr. Schlicht zu sagen, "wir wollen mit Kammern nichts zu tun haben", ist nicht zielführend. Wenn die gleichen Aufgaben von Behörden wahrgenommen würden - was in Teilen zwingende Konsequenz freiwilliger Mitgliedschaft wäre -, könnten Sie genau so wenig sagen, "mit den Behörden der Wirtschaftsverwaltung möchte ich nichts zu tun haben".

Was Ihre Argumentation zur Arbeitszeit von Unternehmern betrifft, gebe ich Ihnen insofern recht, als dass sich ein ökonomisch denkender Wirtschaftsteilnehmer mit einer Sache nur befassen wird, soweit er von ihr einen Nutzen erwarten kann. Die Briefwahl zur Kammervollversammlung dürfte sich dennoch im Arbeitsalltag eines jeden an eigener Mitbestimmung interessierten Unternehmers unterbringen lassen. Zudem haben nach meinen Informationen bereits einige Kammern (u.a. Ulm, Hannover) die Möglichkeit zur Online-Wahl eingerichtet.

Was die Wahlbeteiligung angeht, so sollten Sie gerade die umgekehrte Sicht vorantreiben: Eine Abstimmung mit den Füßen hin zu den Kammerversammlungen, damit Entscheidungen der Vollversammlung Ihre Legitimität und die der anderen Unternehmer haben. Veränderung setzt Teilhabe voraus und nicht Boykott.

Ihre Anspielungen auf die DDR machen sich zwar plakativ ganz gut, gehen aber an der Lebenswirklichkeit komplett vorbei und zeugen nicht von Kenntnis der unterschiedlichen Wirtschaftsordnungen.

Freundliche Grüße,
Paul Friedhoff