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Paul Klemens Friedhoff
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Frage von Stefan R. •

Frage an Paul Klemens Friedhoff von Stefan R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Friedhoff,

seit nunmehr einem Jahr wird die internationale Finanzwelt von einer Krise heimgesucht, deren Ende nicht in Sicht scheint. Es drängt sich mir auf Grund intensivster Beobachtungen die Erkenntnis auf, dass diese Krise unmittelbar mit unserem Finanzsystem und unserer Wirtschaftspolitik zusammenhängt.

Insbesondere eine Plausibilität einer auf exponentiellem Wachstum fußenden Finanzpolitik, bei welcher eine innewohnende Deflation stets durch eine gezielte Inflation der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgeglichen werden muss, scheint mir nicht vorhanden zu sein. Die EZB spricht dabei von Preisniveaustabilität, wenn real eine Inflation von 1-2% angestrebt wird.

Es wäre darüber hinaus ebenso interessant zu erfahren, ob und wie Sie und Ihre politische Bewegung die Schuldenproblematik der Geldentstehung ausschließlich durch Kredit betrachten und welche Gegenmaßnahmen Sie zur kommenden Deflationskrise, der ich sehr besorgt gegenüberstehe, als geeignet erachten.

Desweiteren stellt sich mir konsequenterweise die Frage, wie ein Finanzsystem, das einem Kettenbrief gleichkommt, überhaupt irgendeine rechtliche Legitimation besitzen kann und man sich an einem ständigen Wachstumszwang zur Zinsbedienung orientiert, der auf Grund der menschlichen Eigenschaft, nicht mehr und mehr bis ins Unendliche leisten zu können, vollkommen unmöglich ist und ganz zwangsläufig irgendwann in einer Krise enden muss.

Ich bitte Sie ausdrücklich um eine klare Stellungnahme Ihrerseits, sowie ob meiner dringenden Befürchtung einer nahenden desolaten Wirtschaftskrise einer Klärung der genannten Sachverhältnisse in einem Ausschuss ihrer Fraktion, in der diese Dinge klar und deutlich zur Sprache kommen und diskutiert werden können.

Vielen Dank.

Hochachtungsvoll,
Stefan Reintjes

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Reintjes,

ich erhielt Ihre Fragen zur Geld-, Währungs- und Finanzpolitik in der Eurozone.
Ich kann Ihre Besorgnis über die gegenwärtigen Turbulenzen an den internationalen Kapitalmärkten gut verstehen. Rückwirkungen auf die Realwirtschaft sind mittlerweile nicht mehr auszuschließen.

Die FDP bekennt sich weiterhin zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) und der sich daraus ergebenen Verantwortung für eine unabhängige, zentrale Geld- und Währungspolitik. Dies hat unsere Bundestagsfraktion z.B. in ihrem Entschließungsantrag zum Vertrag von Lissabon noch einmal herausgestellt: „Die Europäische Zentralbank (EZB) wird im Lissabonner Vertrag nur als eine EU-Institution unter vielen aufgeführt und nicht mehr, wie noch im Verfassungsvertrag, deutlich von diesen abgegrenzt. Auch wenn dies rechtlich keine Änderung des Status´ der Europäischen Zentralbank zur Folge hat, ist jede – auch nur symbolische – Schwächung der Unabhängigkeit der EZB abzulehnen.“ (Drucksache 16/8927).

Die bundesdeutschen Finanz- und Kapitalmärkte weisen seit Jahren eine weitgehende Krisenfestigkeit auf. Lediglich die Rentabilität hiesiger Finanzinstitutionen verzeichnet nachhaltige Defizite im Vergleich zu europäischen Partnerländern. Dies belegt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Sondergutachten „Das deutsche Finanzsystem: Effizienz steigern - Stabilität erhöhen“. Die gegenwärtige 3-Säulen-Struktur bietet somit Potential für Reformen um staatliche Maßnahmen zur Solvenzsicherung von Finanzinstitutionen zukünftig vermeiden zu können.

Nach Auskunft der Bundesregierung erhielten seit der Wiedervereinigung vier Institute öffentliche Mittel des Bundes oder einzelner Länder im Rahmen von „Rettungsmaßnahmen“. Dazu gehören die Bankgesellschaft Berlin (2001), die WestLB (2003) und die Fälle IKB Deutsche Industriebank AG, WestLB und SachsenLB (Drucksache 16/8519). Die Sozialisierung von Spekulationsverlusten ist in Deutschland somit ein Phänomen maßgeblich staatlicher Eigentümerschaft an Finanzinstitutionen. Denn trotz mehrerer Dutzend aufsichtsrechtlicher „Notfallmaßnahmen“ nach dem Gesetz über das Kreditwesen bei privaten Finanzinstitutionen wurde diesen Unternehmen keine staatliche Unterstützung gewährt.
Eine „Sippenhaft“ der Steuerzahler für politisches Fehlverhalten ist aus Sicht der FDP in jedem Fall unsozial. Die Sozialisierung von Spekulationsverlusten ist zu beenden. Im Interesse eines stabilen und nachhaltig wettbewerbsfähigen Finanzmarkts und der Wahrung der Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft muss sich der Staat wieder stärker auf seine Aufgaben als Marktregulierer besinnen.

Die Bundesregierung ist aufgefordert, notwendige Strukturreformen nicht länger auf die lange Bank zu schieben und nachhaltig tragfähige Voraussetzungen für ein innovatives und wettbewerbsintensives Finanzwesen in der Bundesrepublik zu schaffen. Hierzu zählt auch die Wahrung der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank. Eine politische Kommentierung der Zinspolitik erübrigt sich daher aus meiner Sicht.

Mit freundlichen Grüßen

Paul K. Friedhoff