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Patrick Schnieder
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Frage von Michael B. •

Frage an Patrick Schnieder von Michael B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Schnieder,

ich wende mich an Sie in der Hoffnung, dass Sie mir einige Fragen bezüglich des ESM beantworten können. Da dieses Thema uns alle betrifft, gehe ich stark davon aus, dass auch Sie sich mit diesem Thema intensiv beschäftigt haben.

Konkret geht es um die unterzeichnete Version des ESM vom 02.02.12: ( http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_1270/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/Europa/Der__Euro/Stabilitaet/Stabilisierung-des-Euro/20120202-ESM-Vertrag,templateId=raw,property=publicationFile.pdf )

Wie Sie sicherlich wissen, hat der ESM ein "Stammkapital" (über diese Wortwahl will ich einmal hinwegsehen) von 700 Mrd. Euro zur Verfügung. (Artikel 8 Absatz 1)
Über diese Summe lässt sich sicherlich streiten, doch stellen diese meiner Meinung nur die Spitze des Eisberges dar. Dies sieht man auch in Artikel 10 Absatz 1, wo sinngemäß geschrieben steht, dass der Gouverneursrat diese Summe jederzeit beliebig verändern darf, auch nach oben.
Auch dies ist für sich gesehen ersteinmal nicht schlimmes.

Ein Problem kommt jedoch mit Art. 9 Abs. 3, wo es heißt, dass die Mitglieder des ESM binnen sieben Tagen "unwiderruflich und uneingeschränkt" zu zahlen haben, wenn der Geschäftsführende Direktor diese Weisung ausgibt. Dies gilt auch für etwaige Forderungen, die sich erst aus Artikel 10 Absatz 1 ergeben.
Zusammen mit Art. 32 Abs. 2, 3 und 4 sowie Art. 35 Abs.1 entsteht das größte Problem, dass ich mit dem ESM habe.

So wie ich das vestehe, ist der ESM als Firma zu vestehen, bei der die Mitglieder gar nichts zu sagen haben. Wenn der ESM Geld einfordert, muss gezahlt werden, ohne Anspruch auf rechtliche Schritte, da der ESM und seine Mitarbeiter Immunität jedweder Art genießen. Der ESM wird damit also absolut unantastbar.
Dagegen darf der ESM sehr wohl klagen, falls nicht gezahlt wird.

Finden Sie dies so in Ordnung? Könnten Sie ein "ja" zum ESM bei der kommenden Abstimmung verantworten? Wenn ja, mit welcher Begründung?

Mit freundlichen Grüßen

Michael Becker

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Sehr geehrter Herr Becker,

vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de. Ihre Befürchtungen, der ESM werde in Zukunft unkontrollierbar und ohne parlamentarische Bindung Entscheidungen über deutsche Steuergelder treffen, kann ich nicht teilen. Die wesentlichen Entscheidungen des ESM stehen immer unter Parlamentsvorbehalt. Das bedeutet, dass die ESM-Organe nur tätig werden können, wenn sie von den Parlamenten in den Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert wurden. Die entsprechenden Regelungen, die in das ESM-Finanzierungsgesetz eingehen, werden derzeit noch erarbeitet. Grundsätzlich gilt zudem das Einstimmigkeitsprinzip. Ist die deutsche Regierung mit Entscheidungen des ESM nicht einverstanden, kann sie durch ein Nein die Entscheidung verhindern.
Es gibt nur eine besondere Form der Entscheidungsfindung, bei der das Einstimmigkeitsprinzip bewusst nicht gegeben ist: Sollten Fälle auftreten, in denen dem ESM selbst Verluste oder sogar seine Zahlungsunfähigkeit drohen, sind Kapitalabrufe zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des ESM einfacher möglich. Aber auch in diesen Fällen wären Kapitalabrufe nur im Rahmen des durch die Parlamente genehmigten Kapitals möglich. Es können nicht mehr Mittel abgerufen werden, als zuvor durch die einzelnen Länderparlamente freigegeben wurden. Die Summe ist somit streng begrenzt. Der Geschäftsführende Direktor wäre in diesem Fall, sollte er eintreten, nur ausführendes Organ eines im Vertrag angelegten Automatismus, der die Existenz des ESM selbst sicherstellen soll.
Das Stammkapital des ESM wird durch den Gouverneursrat regelmäßig auf sein Darlehensvolumen und die Angemessenheit hin überprüft. Der Gouverneursrat besteht aus den Finanzministern der Mitgliedstaaten. Somit ist stets die aktuell, gewählte Regierung im Gouverneursrat vertreten. Auch in diesem Kreis gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Über die Höhe des Stammkapitals entscheiden somit immer die Mitgliedstaaten, nicht der Geschäftsführende Direktor. Deutschland hat im Gouverneursrat stets die Möglichkeit ein Veto einzulegen: Deutsche Steuergelder fließen nicht unkontrolliert in den ESM. Und selbst wenn der Finanzminister einer Erhöhung der Kapitaleinlagen zustimmt, ist hierfür immer noch die Zustimmung im Parlament erforderlich.
Die Ihrerseits kritisierte Immunität des ESM, der Amtsträger und der Angestellten entspricht einer üblichen Regelung bei internationalen Finanzinstitutionen. Die Tätigkeit des ESM beinhaltet äußerst komplexe Vorgänge, die natürlich auch mit Risiken behaftet sind. Durch die Regelung soll der ESM und sein Vermögen vor unberechtigten Zugriffen Dritter geschützt werden. Das ist im Interesse der ESM-Mitgliedstaaten und auch der deutschen Steuerzahler. Die persönliche Immunität kann durch den Gouverneursrat des ESM aufgehoben werden. Vergleichbare Regelungen gibt es heute bereits beim IWF, der Weltbank oder anderen regionalen Entwicklungsbanken.
Der ESM ist aus meiner Perspektive das fehlende Gegenstück zur gemeinsamen Geldpolitik in Europa. Die Strukturen sind durchdacht und an die einzelnen Länderparlamente gekoppelt. Deshalb werde ich bei der Abstimmung im Deutschen Bundestag für den ESM stimmen.

Mit freundlichen Grüßen
Patrick Schnieder MdB

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