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Frage von Roman B. •

Frage an Patrick Kurth von Roman B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Durch Roman Breier:

Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V. (BPE)
Geschäftsstelle:
Wittener Str. 87
44789 Bochum

Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V. (die-BPE)
Geschäftsstelle:
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Straße 4
10405 Berlin

Sehr geehrter Herr Kurth,

vor der Bundestagswahl 2013 möchten wir,
der BPE e.V. (1)
und die-BPE e.V. (2),
Ihnen als Kandidat Gelegenheit geben, sich zu folgenden fünf Fragen zu äußern, die zum Teil unsere Grundrechte und Interessen zentral betreffen:

• Setzen Sie sich für eine bedingungslos folter- (3) und gewaltfreie Psychiatrie ein?
• Setzen Sie sich für eine Abschaffung aller psychiatrischen Sondergesetze ein, wie es die Behindertenrechtskonvention fordert?
• Verhindern Sie jeden Versuch, rechtliche Betreuung zu einem Ausbildungsberuf zu machen, weil Qualität nur durch Abschaffung der Zwangsbetreuung gesichert werden kann?
• Setzen Sie sich für eine Todesfallstatistik aller psychiatrisch Behandelten ein?
• Setzen Sie sich für mehr Geld für die Selbsthilfe Psychiatrie-Erfahrener ein?
Wir wollen für unsere Mitglieder, Unterstützer und die interessierte Öffentlichkeit die Anworten als "/Wahlprüfsteine/" publizieren. Wir werden auch eine Wahlempfehlung daraus ableiten.
Deshalb bitten wir Sie, uns bis spätestens 6.9.2013 Ihre persönliche Antwort zukommen zu lassen, bitte auch als E-Mail an die Absenderadresse (4). Wenn Sie uns nicht antworten sollten, erlauben wir uns davon auszugehen, dass Ihnen das Interesse an diesen Themen fehlt und Ihre ausbleibende Antwort als 5 "/Nein/" auf unsere Fragen zu werten.

Mit freundlichen Grüßen

Für den Vorstand des BPE: Johannes Georg Bischoff und Matthias Seibt
Der Vorstand von die-BPE: Roman Breier, Uwe Pankow, Rene Talbot

----

(1) BPE e.V.:
http://www.bpe-online.de/
(2) die-BPE e.V.:
http://www.die-bpe.de/
(3) Zum Folterbegriff aus Frage Nummer Zwei:
http://www.folter-abschaffen.de/
(4) Absenderadresse:
kandidatenwatch@gmx.de

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Breier,

wir setzen uns für eine folter- und gewaltfreie Psychiatrie ein, denn für die FDP hat das Recht auf Freiheit einen herausgehobenen Stellenwert. Das Recht auf selbstbestimmte Entscheidungen jedes Einzelnen steht im Mittelpunkt aller Überlegungen. Es ist Ausdruck der Selbstbestimmung jedes Bürgers, sich mit freiem Willen gegen eine ärztliche Behandlung zu entscheiden. Dieses liberale Leitbild setzt jedoch die Fähigkeit zur freien Willensbildung voraus. Ist diese freie Willensbildung krankheitsbedingt nicht mehr möglich, ist der Staat unter sehr engen Voraussetzungen aufgerufen und berechtigt, den Betroffenen vor sich selbst in Schutz zu nehmen. Ärztliche Zwangsmaßnahmen dürfen wegen des mit ihnen verbundenen erheblichen Grundrechtseingriffs daher nur das letzte Mittel sein. Insbesondere in Situationen drohender erheblicher Selbstgefährdung ist eine ärztliche Zwangsmaßnahme jedoch in Betracht zu ziehen. Mit dem bereits verabschiedeten Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme haben wir diese Anforderungen angemessen umgesetzt. Selbstverständlich ist die Diskussion zu diesem schwierigen Themenkomplex jedoch weiterzuführen und die Auswirkungen der gesetzlichen Regelung in der Praxis sind genau zu beobachten.
Schon heute ist gesetzlich geregelt, dass ein Betreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden darf, in denen die Betreuung erforderlich ist. Wir haben darüber hinaus eine hinreichend bestimmte gesetzliche Regelung für die Einwilligung des Betreuers in eine Behandlung des Betreuten, die dieser ablehnt, geschaffen. So muss zum Beispiel eine ärztliche Zwangsmaßnahme zum Wohle des Betreuten erforderlich sein, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden. Darüber hinaus muss ein erheblicher gesundheitlicher Schaden durch keine andere zumutbare Maßnahme abgewendet werden können, der Nutzen der Maßnahme muss die Beeinträchtigungen deutlich überwiegen und um jeglichen Missbrauch auszuschließen bedarf die ärztliche Zwangsmaßnahme der Zustimmung eines unabhängigen Richters. Hier sind also schon hohe Anforderungen an das stellvertretende Handeln des Betreuers gesetzlich formuliert.
Eine interdisziplinär besetzte Arbeitsgruppe zum Betreuungsrecht, die unter dem Vorsitz des Bundesministeriums der Justiz in den vergangenen Jahren beraten hat, wie das Betreuungsrecht weiter entwickelt und verbessert werden kann, hat die Forderung nach einer Professionalisierung zurückgewiesen. Insbesondere würde eine solche Regelung dem gesetzlichen Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung zuwiderlaufen, da eine Mindestqualifikation den Eindruck vermitteln würde, dass ein ehrenamtlich Betreuter eine Betreuung zweiter Klasse erhalte. Darüber hinaus lasse sich die fachliche Eignung mit Blick auf die Verschiedenheit der Anforderungen nicht sinnvoll normieren. Der Richter entscheide vielmehr im Einzelfall, welcher Betreuer für den Betreuten geeignet sei.

Die Aussagekraft einer Todesfallstatistik aller psychiatrisch Behandelten erschließt sich uns nicht, da sie einen nicht gegebenen Kausalitätszusammenhang suggeriert.

Die Selbsthilfeorganisationen leisten eine unverzichtbare Arbeit für die Patienten. Derzeit stehen bei den Krankenkassen Gesamtmittel in Höhe von rund 40 Millionen Euro für die Selbsthilfearbeit zur Verfügung. Da der FDP die Förderung der Selbsthilfe sehr am Herzen liegt, haben wir in dieser Wahlperiode auch mit dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz dafür gesorgt, dass die Selbsthilfegruppen, die Pflegebedürftige, Personen mit erheblichem Betreuungsbedarf und deren Angehörige unterstützen, analog der Krankenversicherung aus einem eigenen "Finanztopf" gefördert werden. Über die Verteilung der Selbsthilfemittel entscheidet letztlich aber nicht die Politik.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Patrick Kurth