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Parsa Marvi
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Frage von Michael R. •

Wie stehen Sie zum Gesetzesentwurf zu Arbeitsverträgen in Papierform

Sehr geehrter Herr Marvi, gemäß dem Nachweisgesetz (§ 2 NachwG) haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf schriftliche Dokumentation der für sie geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen und können deshalb einen Arbeitsvertrag einfordern. Der Gesetzentwurf sieht nun vor, dass diese Dokumentation in Schriftform geschehen muss. Wie verträgt sich das mit der digitalen Agenda?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr R.,

in Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1152 hat der Deutsche Bundestag am 23.6.22 Änderungen im Nachweisgesetz beschlossen, die seit dem 1. August dieses Jahres in Kraft sind und die Pflichten von Arbeitgeber:innen dergestalt ausweiten, dass diese Informationen in Form einer schriftlichen Unterrichtung über die Arbeitsbedingungen und den wesentlichen Aspekten des Beschäftigungsverhältnisses ihrer Mitarbeitenden aushändigen müssen. Die in § 2 des Nachweisgesetzes benannten Informationen müssen Arbeitgeber:innen spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich festhalten, unterzeichnen und den Arbeitnehmenden zur Verfügung stellen und gemäß der Neufassung u.a. auch das einzuhaltende Kündigungsverfahren, die Dauer der Probezeit und das Enddatum bei befristeten Arbeitsverträgen benennen.

Auch wenn die EU-Richtlinie die Möglichkeiten einer elektronischen Übermittlung bzw. in ausdruckbarer Form erlaubt, haben wir uns als Ampelkoalition – und dabei insbesondere die SPD-Bundestagsfraktion – bewusst für eine Beibehaltung der Schriftform entschieden. Die Schriftform garantiert schließlich vollumfänglich die Einhaltung von Arbeitnehmendenrechten und leistet einen entscheidenden Beitrag zur Verhinderung von Missbrauch. Die Schriftform erweist sich zudem als wichtige Komponente bei etwaigen Rechtsstreitigkeiten. Schließlich soll es gerade für Arbeitnehmende leicht händelbar sein, unter Umständen ohne Rechtsbeistand Beweise in Gerichtsverfahren einzubringen. Bei einer elektronischen Form wäre dies derweil für einige Arbeitnehmende nicht machbar und könnte zu erheblichen Benachteiligungen führen.

Wenngleich spätestens zu Zeiten der COVID-19 Pandemie die Notwendigkeit der Digitalisierung und die damit einhergehenden Erleichterungen deutlich wurden, gehört leider auch zur Wahrheit, dass sie noch nicht vollumfänglich und ohne weiteres in allen Bereichen umgesetzt werden kann, sodass eine gleichberechtigte Teilhabe aller gewährleistet ist. Dies gilt aktuell auch noch für die in der europäischen Arbeitsbedingungenrichtlinie genannten elektronischen Übermittlungsmöglichkeit.

Ich möchte in diesem Kontext bewusst die derzeitige Situation abgrenzen, da das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit unserem SPD-Minister Hubertus Heil bereits angekündigt hat, eine Anpassung der Formvorgaben im Nachweisgesetz zu prüfen, sobald für Arbeitnehmende ein ebenfalls leicht anwendbares elektronisches Äquivalent zur Schriftform mit vergleichbarem Beweiswert nach der Zivilprozessordnung vorliegt.

Aus diesem Grund sehe ich derweil keinen Widerspruch zur digitalen Agenda. Die Gestaltung digitaler Lebenswelten in unserer Gesellschaft darf aus sozialdemokratischer Sicht schließlich nicht dazu führen, einzelne auszuschließen oder deren Rechte zu beschneiden. Vielmehr liegt der Ansatz der digitalen Agenda in der Idee begründet, Erleichterungen und Teilhabe für alle zu schaffen.

Herzliche Grüße

Parsa Marvi

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