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Otto Fricke
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Frage von Robert B. •

Frage an Otto Fricke von Robert B. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Fricke,

wie werden Sie als Vorsitzender des Haushaltsaschusses, der vermutlich für das Bankenrettungspaket gestimmt hat, mit dem schwerwiegenden Vorwurf von Renate Künast fertig, das Rettungspaket sei ein "500-Milliarden-Euro-Blankoscheck"?

Haben Sie Argumente parat, welche die Feststellung von Frau Künast widerlegen können?

Mit freundlichen Grüßen

Robert Berg

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Berg,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage nach der Beteiligung des Parlaments am Vollzug des Gesetzes über den Finanzmarktstabilisierungsfonds (Art. 1 des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes). Genau jene Frage - nämlich den rechten Ausgleich zu finden zwischen dem Willen, sachkundige und rasche Entscheidungen zu ermöglichen, und der Notwendigkeit, auch dieses Handeln verlässlich und parlamentarisch zu kontrollieren - hat den Haushaltsausschuss in der vergangenen Woche lange, vor allem am Donnerstag bis spät in die Nacht, beschäftigt. Dabei ist es dem Ausschuss unter wesentlicher Mitarbeit der FDP gelungen, Veränderungen durchzusetzen, die eine vielleicht nicht optimale, aber doch hinreichende Parlamentsbeteiligung vorsehen. Der Vorwurf von Frau Künast wäre vielleicht zutreffend gewesen, wenn das Parlament das "Rettungspaket" in der Form beschlossen hätte, in der es die Bundesregierung dem Bundestag ursprünglich vorgelegt hatte. Nimmt man aber die geänderte Fassung, wie sie im Bundesgesetzblatt steht, so verbindet die Rede von einem "Blankoscheck" geringe Sachkenntnis mit einem Ansatz von Polemik, wie ich ihn angesichts der Bedeutung der hier getroffenen Entscheidungen für unangemessen halte.

Politiker sind keine Banker, und die Details der Bilanzen von Banken können kein Gegenstand öffentlicher Debatte sein. Denn wenn diejenigen über einzelne Geschäftsfragen von Banken zu entscheiden haben, die von Banken und Finanzmärkten nicht viel verstehen, und wenn Bilanzen von Banken im Bundestag öffentlich verhandelt werden, erreicht man nur eins: dass man Banken aus dem durch das Gesetz eingerichteten Stabilisierungsfonds einerseits mit viel Geld unterstützen muss, andererseits aber die Banken nicht auf die Beine kommen. Deshalb kann man sich parlamentarische Kontrolle nicht so vorstellen, dass wir Abgeordnete im Bundestag öffentlich darüber debattieren und dann entscheiden, wie im Einzelnen die Geschäftspolitik der aus dem Fonds unterstützten Banken auszusehen hat. Gerade die Banken, bei denen sich Politiker in der Vergangenheit eingemischt haben (Landesbanken, IKB) haben doch die grössten Probleme.

Parlamentarische Kontrolle braucht daher in diesem Fall eine besondere Form, und die hat dieses Gesetz - auf Vorschlag meiner Fraktion hin - geschaffen. Es sieht (in § 10a) ein "Gremium zum Finanzmarktstabilisierungsfonds" vor, das aus neun Mitgliedern des Haushaltsausschusses besteht und das vom Bundesministerium der Finanzen über alle den Fonds betreffenden Fragen unterrichtet werden muss (§ 10a Abs.2 S.1 des Gesetzes). Es ist außerdem befugt, die für die Verwaltung des Fonds Verantwortlichen - die Mitglieder des Lenkungs- und des Leitungsausschusses - jederzeit zu laden und damit von ihnen Bericht zu verlangen. Über dieses Gremium hat das Parlament umfassende Informationsrechte. Weil es um die Geschäftsgeheimnisse, letztlich auch der Kunden der Banken, geht - und Geschäftsgeheimnisse sind notwendig, damit eine Bank, also stets auch immer eine Sparkasse, wirtschaften und bestehen kann -, muss dieses Gremium geheim tagen.

Anders geht es nicht, und deshalb muss man das hinnehmen, mag es auch im Sinne von Transparenz nicht optimal sein. Aber nochmals: Die Öffentlichkeit der Beratungen würde hier den Zweck des Fonds, nämlich die Banken zu stabilisieren, auch damit Sie am Ende die Finanzmittel zurückzahlen, massiv gefährden. Deshalb ist hier Transparenz nicht in gleicher Weise möglich.

Schließlich bedarf eine Abwicklung oder Auflösung des Fonds nach § 13 Absatz 4 auch der Zustimmung dieses neuen, parlamentarischen Gremiums.

Die Kenntnisse, die dieses Gremium im Laufe seiner Arbeit über die Wirkungsweise des Fonds erlangt, können natürlich ferner auch zu Korrekturen auf gesetzlicher Ebene durch den Bundestag selber führen.

Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz hat zugleich die Bundesregierung in relativ großem Umfang zu Rechtsverordnungen ermächtigt. Damit gibt das Parlament, welches aber jederzeit die Ermächtigung durch Gesetz zurückholen kann, gewiss einen Teil seiner Einflussmöglichkeiten ab. Man muss aber auch sehen: Viele dieser Regelungen und Einzelfallentscheidungen könnten nicht ohne weiteres - und nicht hinreichend schnell - im Parlament beschlossen und ggfs. geändert werden.
Deshalb finde ich einen etwas größeren Spielraum der Regierung hier - aber auch nur ausnahmsweise - hinnehmbar. Wichtig war in diesem sehr eiligen, sehr konzentrierten Gesetzgebungsverfahren, dass der Bundestag sich nicht in solchen Fragen verzettelte, sondern dass er sich auf die wesentlichen Regelungen konzentrierte - und mit dem Gesetz einen geschlossenen Rahmen schuf, innerhalb dessen die Bemühungen für eine Stabilisierung der Finanzmärkte erfolgen können.

Aber auch bei den Rechtsverordnungen gilt: Parlamentarische Kontrolle ist gewährleistet. Das Gesetz sieht an zahlreichen Stellen (in § 3 Abs.7, § 4 Abs. 2, § 4 Abs. 4, § 6 Abs. 5, § 7 Abs. 4, § 8 Abs. 3, § 10 Abs. 3, § 13 Abs. 5) vor, dass Haushalts- und Finanzausschuss des Bundestag, also die beiden zuständigen Ausschüsse, über Erlass und Änderungen der Rechtsverordnungen unverzüglich unterrichtet werden. Weitere Unterrichtungspflichten sind in § 11 Abs. 3 vorgesehen.

Ich gebe zu: Ich bin durchaus nicht mit jedem Punkt dieses Gesetzes glücklich. Aber wenn man über fehlende parlamentarische Kontrollrechte lamentiert, dann gilt es auch zu beachten, was hier konkret möglich ist, und dann sollten sich Parlamentarier nicht deshalb in den Schmollwinkel begeben, nur weil nicht das erreicht ist, was für sie wünschenswert wäre. Dafür ist dieses Gesetz zu wichtig und unsere staatspolitische Verantwortung zu groß.

Es grüßt Sie freundlich
Ihr Otto Fricke, MdB

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