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Otto Fricke
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Frage von Ulrich B. •

Frage an Otto Fricke von Ulrich B. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Fricke ,

ich bin auf der Suche nach Bundestagsmitgliedern mit echt liberaler Gesinnung, welche mit mir einer Meinung sind, dass die Zwangsmitgliedschaft zur IHK auf den Müllhaufen der deutschen Geschichte gehört.

Sind eventuell Sie mit mir darin einer Meinung? Oder könnten Sie mir freundlicherweise Bundestags-Kollegen namentlich benennen, welche sich dafür in Berlin einsetzen werden?

Finden Sie es richtig, dass IHKs mit Haftbefehl und Kontenpfändungen gegen Unternehmer vorgehen dürfen, so wie z. B. die Augsburger IHK dies gegen mich getan hat?

Im Internet unter Kammerwatch können Sie nachlesen mit welchen Leuten die Kammern verglichen werden und sich nicht wehren. Als Zwangsmitglied finde ich diesen Zustand unerträglich.

Es gibt hier auch schon Unternehmer die Ihr Gewerbe abmelden da diese diesen ekeligen Zwang nicht mehr ertragen.

Warum geht es in der Landwirtschaft und in den anderen EU – Ländern ohne diesen Zwang, dort läuft es prima ??

Würde mich auf eine Antwort von Ihnen sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Britzelmair

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Britzelmair,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Das Thema Mitgliedschaftspflicht in der Industrie- und Handelskammer hat auch auf dieser Plattform bereits einige Fragesteller beschäftigt. Da ich Ihnen ungerne per "copy and paste" hier anfügen möchte, was ich schon zuvor geschrieben habe, möchte ich Sie zunächst auf die Antworten verweisen, die ich Herrn Vetter am 07. August 2007, Herrn Ittermann und Frau Baumbach am 16. August 2007 sowie Herrn Huber am 20. August 2007 gegeben habe. Die Antworten sind ausführlich, und ich hoffe, dass diese Ihnen meine Position zum Thema IHK etwas näher bringen.

Die Antworten sind notwendig etwas länger, denn meine Position ist differenziert. Ich sehe die Vorteile der IHK-Pflicht ebenso wie ihre Grenzen. Mir ist es zu einfach zu sagen, aus der Abschaffung von Pflichten entstehe automatisch mehr Freiheit. Im Gegenteil: Eine Gesellschaft ist auf ein bestimmtes Maß an Pflichtenbindungen, also Verantwortung, angewiesen, und nicht nur in ethischen Fragen gilt, dass Verantwortung gerade Ausdruck von Freiheit ist - und ihren Gebrauch deshalb auch begrenzen darf. Was die Wirtschaftspolitik betrifft, so bietet das System der Industrie- und Handelskammern einen sicher historisch gewachsenen, aber doch auch funktionell bewährten Ordnungsrahmen der freien Betätigung am Markt. Auf den, wie Sie schreiben, Müllhaufen der deutschen Geschichte - der, nebenbei gesagt, nun beileibe nicht klein ist - gehören die Kammern meiner Ansicht nach nicht. Über Reformen der Kammern aber können und müssen wir reden.

Grenzen kennt die Pflicht, und Grenzen muss die Auflehnung gegen die Pflicht kennen. Das heißt: Ich sage keineswegs, dass jedes Mittel gegen einen "IHK-Verweigerer" angewandt werden darf; auch hier ist natürlich der rechtsstaatliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Aber ebenso offen gesagt: Dass die Zwangsmittel, die das Vollstreckungsrecht bereit hält, gegen den eingesetzt werden, der einer Pflicht nicht nachkommt, ist nicht nur legal, sondern auch legitim. Es kommt dabei auf das rechte Maß an.

Wie es in Ihrem Fall liegt, kann ich – insofern bitte ich um Verständnis - nicht beantworten, da ich Ihren Fall nicht kenne. Es liegt aber stets so, dass sich bei Haftbefehlen die Frage nach der Verhältnismäßigkeit besonders drängend stellt. Nicht bereits weil ein Titel gegen Sie – so entnehme ich es Ihren Schilderungen – erwirkt worden ist, ist bereits die Art, in der dieser Titel vollstreckt wird, richtig.

Die FDP-Bundestagsfraktion als ganze tritt, wie auch ich, für den prinzipiellen Fortbestand der Industrie- und Handelskammern mit verpflichtender Mitgliedschaft ein. Einer Reformdiskussion über eine noch effektivere, unternehmensfreundlichere Ausgestaltung dieses Systems steht sie, wie auch ich, jedoch aufgeschlossen gegenüber.

Weil ich ein großer Anhänger der Demokratie bin, hoffe ich, dass auch die IHK-Mitglieder sich ihres demokratischen Einflusses manchenteils bewusster werden als bislang zu beobachten ist. Die Mitgliederversammlungen der Industrie- und Handelskammern können auch ein Motor der Kammerreformen werden, wenn sie als Ort der demokratischen Auseinandersetzung gewürdigt werden.

Es grüßt Sie freundlich

Otto Fricke, MdB

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