Ottilie Klein
Ottilie Klein
CDU
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Frage von Julian N. •

Werden Sie ein Wahlergebnis unter dem neuen Wahlgesetz anerkennen? Erwarten Sie, dass Ihr Parteivorsitzender Friedrich Merz das Wahlergebnis anerkennen wird?

Sehr geehrte Frau Klein,
Friedrich Merz hat am 29.01. gesagt, dass mit der geplanten Änderung des Bundeswahlgesetzes "wieder einmal das Wahlrecht manipuliert" wird.
Alle Parteien (inkl. der CDU) haben versprochen den Bundestag zu verkleinern. 2023 hat die Ampel das Bundeswahlrecht so geändert, dass alle Parteien prozentual gleich viele Sitze verlieren werden, sodass das Verhältniswahlrecht erhalten bleibt (dessen Bedeutung vom Bundesverfassungsgericht 2012 in einem Urteil hervorgehoben wurde).
Und jetzt werden die Wahlkreise angepasst, wie es das Bundeswahlgesetz vorsieht und zwar gem. eines Vorschlages der Wahlkreiskommission (BTDrucksache 20/5200).

Uns ist allen bekannt, wie Trump seit Jahren an der amerikanischen Demokratie sägt. Wird der Weg der Republikaner auch der der CDU sein?

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
JLN

Ottilie Klein
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr N.

um Ihre Frage klar zu beantworten: Natürlich werden wir das Ergebnis der Bundestagswahl anerkennen, unabhängig davon, ob nach dem Wahlrecht von 2023 (das von Ihnen genannte Wahlrecht der Ampelregierung), dem Wahlrecht von 2020 oder einer Mischform der beiden gewählt wird.

Auch die CDU sieht sich ihrem Versprechen verpflichtet, sich für eine Verkleinerung des Bundestages einzusetzen. So hatte die letzte große Koalition eine Wahlrechtsreform durchgeführt, durch die die Anzahl der Direktmandate von 299 auf 280 herabgesetzt worden wäre. Darüber hinaus wären bis zu drei Überhangmandate nicht ausgeglichen worden. Das Bundesverfassungsgericht entschied bei der Überprüfung dieser Wahlreform, dass die beschlossenen Änderungen verfassungskonform gewesen wären. Wir als Unionsparteien wären darüber hinaus auch bereit gewesen, die Zahl der Wahlkreise auf 270 zu reduzieren. Große Zahlen an Überhangs- und Ausgleichsmandaten wären hier zwar rechnerisch noch möglich gewesen, praktisch aber nahezu ausgeschlossen. Dieser Weg wäre weitaus gerechter als die Wahlrechtsreform der Ampelregierung.

Das Wahlrecht der Ampel bringt, meiner Meinung nach, zwei große Probleme mit sich:

Erstens bewirkt die Abschaffung der Grundmandatsklausel, das ganze Bundesländer potenziell benachteiligt werden. Nehmen wir das Beispiel der CSU. Da die CSU nur in Bayern antritt, ist sie dementsprechend nur für eine verhältnismäßig kleine Wählerschaft wählbar. Die CSU hat bei der vergangenen Bundestagswahl 45 der 46 Wahlkreise direkt gewonnen, bei einem bundesweiten Wahlergebnis von „nur" 5,1 Prozent. Nehmen wir nun an, bei der nächsten Bundestagswahl würde die CSU wieder fast alle Wahlkreise direkt gewinnen, würde aber unter der 5%-Hürde verbleiben. Im Ergebnis würde das bedeuten, dass (fast) ganz Bayern nicht von den Politikern vertreten werden würde, die in ihren Wahlkreisen direkt gewählt worden sind. Das wäre eine massive Verzerrung des Wählerwillens. Die Ampel ist sich dieses Problems zwar bewusst, hat aber bisher keine Lösung vorgeschlagen.

Zweitens verzerrt das Ampelwahlrecht die Erstimmenwahl, da es die Möglichkeit vorsieht, dass direkt gewonnene Mandate nicht vergeben werden, wenn eine Partei nicht ausreichend Zweitstimmen erhält. Die Entscheidung, welches Direktmandat letzten Endes zieht und welches nicht, hängt laut dem Ampelwahlrecht davon ab, welche Kandidaten den höchsten Erststimmenanteil erhalten. Diese Regelung führt wiederum zu zahlreichen weiteren Verzerrungen des Wählerwillens. Der Grund dafür liegt darin, dass Parteien meist regionale Schwerpunkte haben. Das könnte beispielsweise dazu führen, dass Bewohner von Städten seltener von Unionsabgeordneten und Bewohner des ländlichen Raums seltener von grünen Politikern vertreten wären. Hinzu kommt, dass Wahlkreise mit knapperen Ergebnissen letztendlich oft gar keinen direkt gewählten Wahlkreisvertreter in den Bundestag werden senden können.

Aus diesen Gründen haben wir in Karlsruhe vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt. Wir hoffen auf eine Revision des Wahlrechts und im Idealfall auf die Rückkehr zu dem Wahlrecht, auf das man sich überparteilich 2020 geeinigt hatte. Egal, wie sich das Bundesverfassungsgericht aber entscheiden wird: Wir werden das Urteil selbstverständlich akzeptieren.

Mit freundlichen Grüßen

Ottilie Klein

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