Frage an Oskar Lafontaine von Jan R. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Lafontaine,
überall wird verkündet, daß es keine Alternative zum Rettungspaket gegeben hat. Auch DieLinke stimmte dem Plan im Prinzip zu, auch wenn das Gesetz wegen des mangelndes Einflusses der Politik auf die Geldverwendung etc. abgelehnt wurde.
Was wäre dann eigentlich passieren, wenn das Rettungspaket nicht verabschiedet worden wäre??
Die im Rettungspaket enthaltene Bürgschaft des Bundes dient der Vertrauensbildung der Banken untereinander.
Das ist für mich eher eine verdammt teure Psychotherapie für Banker (Stichwort "Vertrauen schaffen").
Der Rest ist zur Erhöhung der Eigenkapitalquote.
Aber welchen Einfluß hat dies auf die Kreditvergabe in Dtl.? Die Kreditvergabe ist Basel II gesichert, also mit relativ geringem Ausfallrisiko. Von einem Einbruch bei der Kreditvergabe an die Wirtschaft oder die Privathaushalte ist in Dtl. nichts zu hören. Hier ist es doch eher gegenteilig - die Banken versuchen Basel II gesicherte Kredite zu vergeben. Ich sehe daher momentan gar keine gravierenden Auswirkungen auf den normalen Wirtschaftskreislauf.
Die Steigerung des BIP hatte sich schon zu Beginn des Jahres verlangsamt, sprich es gibt keinen wirtschaftlichen Aufschwung und Dtl. geht in Richtung Rezession. Dies war jedoch die Welle der Finanzkrise über den großen Teich schwabte.
Daher die Frage - wieso steht DieLinke allgemein hinter Rettungsmaßnahmen?
Mit freundlichen Grüßen
Jan Raddau
Sehr geehrter Herr Raddau,
Ihre Frage haben wir dem Kollegen Dr. Axel Troost weitergeleitet. Ich übersende Ihnen seine Antwort:
DIE LINKE lehnte das Rettungspaket der Bundesregierung einstimmig ab. Wir wollten klar gestellt wissen, dass mögliche Verluste des Fonds in jedem Fall von der Finanzwirtschaft getragen werden. Der andere Grund unserer Ablehnung ist der von Ihnen erwähnte mangelnde Einfluss der Politik: Weder sieht das Verfahren künftig parlamentarische Einflussmöglichkeiten vor noch sind Eigenkapitalhilfen automatisch an Stimmrechte geknüpft.
Zugleich stimmt DIE LINKE darin überein, dass Rettungsmaßnahmen notwendig geworden waren. Wie der Zusammenbruch von Lehman-Brothers zeigt, kann der Zusammenbruch einer einzelnen Bank weitere Institute und private Spareinlagen mitreißen – ein Resultat jahrzehntelanger Deregulierung, vor der DIE LINKE ebenso wie Gewerkschaften und soziale Bewegungen gewarnt hatten. Heute läge die Refinanzierung vieler Institute ohne Rettungsmaßnahmen völlig brach – mit der Folge weiterer Zusammenbrüche und erhöhtem Kreditmangel.
Selbst trotz Rettungspaket geben Unternehmen an, dass ihre Hausbank bei der Kreditvergabe zurückhaltender geworden sei, so eine Umfrage des Bundesverbands mittelständischer Wirtschaft. Einige Kreditinstitute haben die Dispo-Zinsen erhöht. Der Zins für Studienkredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau ist von 5,2 auf 7 Prozent gestiegen. Die Finanzkrise verschärft die Wirtschaftskrise, deren Ursache die jahrelange Schwächung des Binnenmarkes ist. Basel II sichert zwar, dass Banken risikoreiche Kredite mit mehr Eigenkapital unterlegen. Die Kosten, die ihnen dadurch entstehen, geben sie jedoch an die Kundinnen und Kunden weiter.
Als DIE LINKE in diesem Jahr einen Sicherungsfonds vorschlägt ( http://dokumente.linksfraktion.net/drucksachen/7707987560_1608888.pdf ), für den nicht die Steuerzahlerinnen und -zahler, sondern private Banken aufkommen, stimmen alle anderen Parteien dagegen: »Eines weiteren Sicherungsfonds bedürfe es ... nicht«, so das Protokoll des Finanzausschusses. Zwei Wochen später schnürt die Bundesregierung das 500-Milliarden-Euro-Rettungspaket.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Troost