Frage an Oskar Lafontaine von Jan P. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Lafontaine,
warum fordern Sie die (Rück)Enteignung von Milliardären wie der Familie Schäffler? Auf welchem Konzept baut diese Forderung auf? Sie erinnern - zurecht - immer wieder an die Freiburger Thesen der FDP (insbesondere der zweite Teil: "Vermögensbildung"), wonach sich der Zuwachs an Produktivkapital aus Gewinnen in den Händen weniger Kapitalbesitzer konzentriert. Dies sei sozial ungerecht und nicht liberal. Was damals galt, gilt nach der Phase der durch die Einführung der EWU (und das nun mögliche aufwertungsfreie Lohnsenken) erfolgten Explosion der Unternehmsgewinne wegen der Verzerrung des innereuropäischen Wettbewerbs erst recht.
Dennoch: Im Freiburger Programm wird zur Überwindung dieser
Ungerechtigkeiten keineswegs eine schlichte Enteignung großer Vermögen vorgeschlagen. Vielmehr soll ein solcher Prozess über mehrere Jahre oder Jahrzehnte stattfinden, nicht in einer Art Revolution, die die Gesellschaft nur spalten würde. Bietet es sich daher nicht an, eine deutlich progressive Vermögensteuer einzuführen, die bei einem Milliardenvermögen für eine allmähliche Reduzierung sorgt - in Verbindung mit einer höheren Zinsbesteuerung?
Und zum Umgang der Linkspartei mit dem "Kapitalismus" allgemein: Sie sollten doch wissen, dass der Wettbewerb bzw. die Marktwirtschaft in neoklassischer Reinform durchaus sozial ist, weil die entstehenden Unternehmensgewinne umgehend wegkonkurriert werden. Mit einer linken Wirtschaftspolitik fängt die Marktwirtschaft also erst an! - Denn Gewinne (abgesehen vom Unternehmerlohn) sind in der perfekten Marktwirtschaft garnicht vorgesehen. Bei exorbitant hohen Gewinnen handelt es sich also um Marktversagen, das durch hohe Unternehmensteuern korrigiert wird.
Ein letztes sei ihnen daher gesagt: Ihre politischen Standpunkte sind
mehrheitsfähig, ihre Rhetorik jedoch noch nicht. Zumindest im Vorfeld
entscheidender Wahlen sollte das Motto: "Arm und reich versöhnen statt spalten" heißen.
Freundliche Grüße
Jan Perlak, Bonn
Sehr geehrter Herr Perlak,
Oskar Lafontaine fordert, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der besagten großen Familienunternehmen angemessen am Gewinn dieser Unternehmen beteiligt werden. Denn sie sind es, die diesen Milliardengewinn erwirtschaften und nicht die Frau Schaeffler und ihr Sohn. In so fern gibt es einen Unterschied zu dem was Oskar Lafontaine fordert und was einige Medien daraus für Schlagzeilen produzieren.
Freundliche Grüße,
Thomas Lutze
Mitarbeiter Oskar Lafontaine