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Frage von Karl-Heinz E. •

Frage an Oskar Lafontaine von Karl-Heinz E. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Lafontaine,

Warum wurde der Gesetzentwurf (16/6561), zur Klärung der Vaterschaft, von Ihnen abgelehnt?

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Antwort von
BSW

Sehr geehrter Herr Eckert,

auf Ihre kurze aber sehr konkrete Frage erlauben wir uns eine eher umfangreiche Antwort zu geben, da sich diese Materie auch im Interesse der Betroffenen nicht mit zwei Sätzen beantworten lässt.

Zum Hintergrund, bzw. zur Begründung der Entscheidung:

Die Fraktion DIE LINKE begrüßt grundsätzlich die Einführung des vom Bundesverfassungsgericht geforderten Vaterschaftsklärungsverfahrens.

Als positiv bewerten wir die in Folge der Sachverständigenanhörung vorgenommene Streichung des § 1600 b Abs.7 BGB. Diese Vorschrift, die einen Neunbeginn der Anfechtungsfrist im Vaterschaftsanfechtungsverfahren vorsah, hätte diese Frist vollständig ausgehöhlt. Damit wäre eine Vaterschaft nach dem vorher durchgeführten isolierten Klärungsverfahren, das nahezu voraussetzungslos und fristlos möglich ist, jederzeit möglich gewesen. Damit hätte einerseits ein Druckmittel gegenüber den anderen Familienmitgliedern bestanden. Andererseits wären die im Interesse des Kindes zu Recht hohen Anforderungen an eine Vaterschaftsanfechtung unangemessen aufgeweicht worden.

DIE LINKE kann dennoch dem Gesetzentwurf in der Fassung der Formulierungshilfe nicht zustimmen.

Denn: Negativ ist zum ersten, dass die Standards in Bezug auf die Durchführung des Klärungsverfahrens (§ 1598a Abs.1) nicht ausreichend festgelegt wurden. Es handelt sich bei der Abstammungsuntersuchung um einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen. Nahezu einhellig stellten die Sachverständigen in der Anhörung dar, dass die Qualitätsstandards beim Umgang mit den Proben nicht nur bei der Entnahme, sondern auch im Verlauf der Untersuchung gesichert sein müssen. Dies sieht auch der Bundesrat so. Im Gesetzentwurf findet sich auch nach den nun vorgesehenen Änderungen keine Berücksichtigung dieses Problems. Der Verweis auf das anstehende Gendiagnostikgesetz reicht nicht aus, da ein solches noch nicht existiert. Der Umgang mit solch sensiblen Daten darf aus unserer Sicht nicht dem Zufall der Auswahl des Antragstellers überlassen werden. In der Anhörung wurden verschiedene Wege aufgezeigt, dieses Problem zu lösen. Es wurde vorgeschlagen, entweder die Einholung des Gutachtens dem Gericht zu überlassen oder aber, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, den Wortlaut des § 1598a BGB-E so zu erweitern, dass nicht nur die Probeentnahmen, sondern auch die Untersuchung den anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen unterliegen muss.

Negativ ist zum zweiten, dass die Koalition nunmehr die vorhandene Kinderschutz-Klausel beim Anfechtungsverfahren herausnehmen will, also § 1600 Abs.5 BGB-E in der Formulierungshilfe gestrichen hat. Zwar ist es richtig, dass auch bisher im Anfechtungsverfahren keine solche Klausel vorhanden ist. Allerdings ist es so, wie im Gesetzentwurf auch ursprünglich für die nun gestrichenen Kinderschutzklausel auch ausgeführt war, dass die durch das Klärungsverfahren erleichterte Kenntniserlangung zu weit reichenden Folgen führen kann. Diese Gefahr erübrigt sich auch nicht durch den Wegfall des Neubeginns der Frist für die Anfechtung. Das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 13.02.2007, 1 BvR 421/05 (NJW 2007, 753ff.) hatte Folgendes ausgeführt:

„Allerdings ist der Gesetzgeber gehalten, Sorge dafür zu tragen, dass im Vaterschaftsanfechtungsverfahren das von Art. 6 GG geschützte Interesse insbesondere des Kindes, gegebenenfalls seine rechtliche und soziale familiäre Zuordnung zu behalten, auch weiterhin Berücksichtigung findet. Auch dabei hat der Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum. So kann er sicherstellen, dass die nun leichter zu erwerbende Kenntnis des rechtlichen Vaters, nicht biologischer Vater zu sein, im Anfechtungsverfahren nicht sogleich zur Beendigung der rechtlichen Vaterschaft führt, wenn dies wegen der Dauer der rechtlichen und sozialen Bindung zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater sowie der besonderen Lebenssituation und Entwicklungsphase, in der sich das Kind gerade befindet, zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Kindeswohls führte.“

Darüber hinaus hätte sich die Fraktion DIE LINKE gewünscht, dass das Klärungsverfahren mit den weit reichenden Folgen wie des Vertrauensbruchs das Kindeswohl auch im Wortlaut des Anspruchs selbst (§ 1598a Abs.1 BGB) mehr berücksichtigt worden wäre.

Freundliche Grüße,

Thorsten Hild, Thomas Lutze
Mitarbeiter Oskar Lafontaine