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Oskar Lafontaine
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Frage von Jürgen H. •

Frage an Oskar Lafontaine von Jürgen H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Lafontaine,

Zunächst möchte ich Sie zu Ihrer politischen Tätigkeit, bei der Einigung der Linken beglückwünschen.
Ich selber stehe politisch, wahrscheinlich aus der Blickrichtung und der Lebenserfahrung mehr rechts als links.
Jedoch ist diese Betrachtungsweise sowieso mehr oder weniger überholt. Ich halte es deshalb, wenn ich gefragt werde wo ich stehe mit der nautischen Regel Steuerboard vor Backboard.
In den Foren, wo ich seit einiger Zeit schreibe, rate ich den Leuten, die sich einen politischen Kurswechsel wünschen,: Wenn ihr Euch nicht getraut rechts zu wählen, dann wählt wenigsten links, denn dieses System in seiner heutigen Ausprägung ist unser aller Untergang.
Ich hatte in jungen Jahren geglaubt auf der richtigen Seite zu stehen, u.a. diente ich der BRD, genauer gesagt der OMF-BRD als Zeitsoldat in den 60er Jahren.Die DDR sah ich damals aus persönlichen Gründen als das zu bekämpfende System an.
Heute stelle ich fest, daß wir alle in Ost oder West gemeinsam fremden Herren gedient haben. Die Rede von Prof. Carlo Schmidt 1948 vor dem parlamentarischen Rat ist meiner Meinung nach noch aktuell und beschreibt die Situation eindeutig.
Ich möchte deshalb, da Sie ein Träger des Systems waren und sind, einige Fragen an Sie richten.
1. Wie fremd bestimmt ist diese BRD ? Warum stehen immer noch Fremde Nato – Truppen in Deutschland?
1. Die Staatsverschuldung beträgt angeblich 1,5 Billionen € . Wie groß war der Zins- und Tilgungsanteil des im Bundeshaushalt 2006 mit ca. 38 Mrd. € ausgewiesenen Titel für die Deckung der Staatsschulden ( Neuverschuldung )
3. Wenn es Ihnen gelingen sollte, das politische System OMF-BRD zu kippen, was erwartet uns dann?
4. Wie stellen Sie sich zu einem ethnisch völkischem Zusammenhalt? Ich bin mir über die Tragweite meiner hier zu letzt gestellten Frage durchaus bewußt. Ich denke jedoch, daß Sie sich im Gegensatz zu vielen Systemträgern dieses Staates, eine eigene Urteilsfähigkeit, auch zu diesem Thema bewahrt haben.

Portrait von Oskar Lafontaine
Antwort von
BSW

Sehr geehrter Herr Hoffmann,

aufgrund der vielen Anfragen an Herrn Oskar Lafontaine, erhalten Sie von unserem Abgeordnetenbüro eine Antwort.

Frage 1: Die NATO ist für die USA heute primär ein Instrument für das so genannte „vorbeugende Eingreifen“. Ihre Erweiterung bis an die Grenze Russlands zielt unter dem Vorwand des Kampfes gegen Tyrannei und Terrorismus auf die Einrichtung von US-Stützpunkten zur Kontrolle der Energieströme ab. Damit schwächt die NATO elementar UNO und OSZE und teilt Europa sicherheitspolitisch. Sie leistet als Militärpakt keinen Beitrag zur Lösung der Überlebensprobleme der Welt, sondern vergrößert sie. Hinzu kommt, dass aufgrund divergierender Interessen zwischen den militärisch absolut dominanten USA und europäischen Mitgliedern immer häufiger zum Zwecke militärischer Aktionen auch außerhalb der bestehenden Bündnisstrukturen ad-hoc-Koalitionen gebildet werden.
Beispiele: Afghanistan und Irak.
Die LINKE. fordert daher:
Überführung der NATO in kollektive UNO/OSZE-Sicherheitsstrukturen.
Keine deutsche Beteiligung an NATO-Interventionen.
Keine deutsche Teilnahme am Auf- und Umrüstungsprogramm der NATO.
Keine NATO-Kopie „europäische Militärunion".

Frage 2: Der Anstieg der öffentlichen Verschuldung um 2,6 Prozent in 2006 ist ein finanzpolitisches Armutszeugnis, denn mit einer sozial gerechten Steuerpolitik wäre er zu vermeiden gewesen. Und er ist wirtschafts- und sozialpolitisch inakzeptabel. Denn die Schulden wurden nicht etwa gemacht, um mehr Arbeit, bessere Bildung und soziale Wohlfahrt zu finanzieren. Die Schulden sind in letzter Instanz die Folge einer massiven Umverteilung von Unten nach Oben. Die Politik von Schwarz-Rot ist ebenso wie die von Rot-Grün darauf ausgerichtet, Unternehmen, Besserverdienenden und Vermögenden Vergünstigungen und Steuergeschenke in Milliardenhöhe zukommen zu lassen. Gleichzeitig werden den meisten Beschäftigten Steuervergünstigungen wie die Pendlerpauschale gestrichen, Erwerbslose müssen massive Kürzungen staatlicher Leistungen hinnehmen. Und trotzdem reicht es nicht zu ausgeglichenen Kassen. Eine sozial gerechte Steuerpolitik, wie die LINKE sie fordert, würde diese Probleme lösen. Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die Reform der Erbschaftssteuer und die Erhebung einer Börsenumsatzsteuer würden die öffentlichen Haushalte stabilisieren und Spielräume für eine nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik und eine aktive Sozialpolitik eröffnen.

Frage 3: eine lebens- und liebenswerte Gesellschaft, in der jeder Mensch - vom Säugling bis zum Greis – endlich sein Recht auf die unteilbare und unantastbare Menschenwürde nach Artikel 1 Grundgesetz ausleben kann.

Frage 4: Zum jüngsten Integrationsgipfel der Bundeskanzlerin hat die LINKE ein eigenes Integrationskonzept vorgestellt. Während in der anhaltenden Debatte um Integration immer nur der wirtschaftliche Nutzen der Menschen gesehen wird, stellen wir als einzige den Menschen selbst in den Mittelpunkt und machen ihn zum Maßstab aller Integrationsbemühungen. Das Integrationskonzept befasst sich im Kern mit den Bedingungen und Voraussetzungen einer guten Integrationspolitik. Wir sind dagegen, Integration allein auf Spracherwerb zu reduzieren. Sprache ist ein wesentliches Element für die Integration von Migranten. Wenn sie allerdings zum alleinigen Schlüssel erklärt wird, wird sie zum Ausgrenzungsinstrument. Ohne die Möglichkeit einer gleichberechtigten Partizipation am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben kann es keine erfolgreiche Integrationspolitik geben. Die LINKE fordert ein radikales Umdenken in der Integrationsdebatte. Mit dem Konzept tritt sie Forderungen entgegen, Integration durch die Androhung von Sanktionen zu erzwingen. Sanktionsdebatten sind fehl am Platze. Wir müssen uns eher Gedanken darüber machen, wie wir das Angebot zum Spracherwerb und die Voraussetzungen für eine gleichberechtigte Teilhabe an Bildung, Ausbildung und Erwerbsleben verbessern können.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

Katja Cönen
Mitarbeiterin