Frage an Oskar Lafontaine von Franz-Dominik I. bezüglich Wirtschaft
Mit Interesse habe ich Ihren Redebeitrag im Bundestag zum Jahreswirtschaftsbericht 2007 verfolgt.
Ihre klare Analysen, auch an anderer Stelle und insbesondere in den Bereichen internationale Geldwirtschaft, Zoll-, Tarif- und Steuerpolitik sind eine Wohltat für viele "kleine" KämpferInnen, die ihre Einsichten teilen doch ob dem jahrelangen Leugnen selbst offensichtlicher Zusammenhänge durch grosse Teile des politischen Establishments zu (ver)zweifeln drohen.
Zu Ihren Ausführungen zum Jahreswirtschaftsbericht habe ich jedoch im Zusammenhang mit Ihrer Begrüssung des Wachstums als notwendiger Faktor für positive Änderung folgende Frage:
Die Aussage scheint mir sehr unspezifisch, insbesondere da "Wachstum" ein Wort ist, das nicht nur, ähnlich wie die von Ihnen oft angeführten "Lohnnebenkosten", neben den positiven Faktoren ja auch viele negative kaschiert (Ressourcenverbrauch), sondern ja auch ganz unsinnige oder gar unwünschbare Entwicklungen umfasst (Die Produktion und der "Verbrauch" von Kriegsmaterial ist ja eben so "Wachstum" wie die Arbeit der berühmten drei Gärtner, wo der mittlere, der den Samen einlegt, krank ist.
-Vertreten Sie damit die Ansicht, Wachstum ist eine inhärente Voraussetzung der deutschen (und vergleichbaren) Gesellschaften.
-Was verstehen Sie unter dem Schlagwort Wachstum. Schlicht die Erhöhung des Bruttosozialprodukts? Oder eher Faktoren wie Produktivitätszuwachs.
-Wie stehen Sie zur Problematik wachstumsorientierter Wirtschaftsmodelle. Glauben Sie, man müsse mittelfristig Konzepte für eine nachhaltige, wachstumsfreie Wirtschaft entwickeln/umsetzen oder halten Sie Wachstum als auch in Zukunft notwendige Komponente und falls ja, erachten Sie Konzepte im Umfeld von Schlagwörtern wie "qualitatives Wachstum" die eine Verschiebung von Produktion auf Dienstleistung als Ansatz in der Ressourcenproblematik sehen, für wichtig?
Es grüsst
Franz-Dominik Imhof
Bern, Schweiz
Sehr geehrter Herr Imhof,
aufgrund der vielen Anfragen an Herrn Oskar Lafontaine, erhalten Sie von unserem Abgeordnetenbüro eine Antwort.
Es wird auf Dauer nicht gelingen, die Verteilung in Deutschland zu ändern, wenn man nicht entsprechende Gesetze auf den Weg bringt. Daher sagen wir: Es ist positiv, dass die Wirtschaft wächst, es ist aber ein Skandal, dass das Wachstum der Wirtschaft nur einer Minderheit unseres Volkes zugute kommt. Die LINKE tritt für das Primat demokratischer Politik über die Wirtschaft sowie für einen sozialen und ökologischen Wandel in der Europäischen Union ein. Alternative Wirtschaftspolitik ist gestaltende Politik. Sie zielt auf ein starkes Gewicht sozialstaatlicher Politik gegen deren Unterordnung unter Marktzwänge. Sie misst längerfristiger Struktur-, Wissenschafts- und Technologiepolitik erhebliches Gewicht bei.
Gewinnorientiertes unternehmerisches Handeln ist wichtig für Innovation und betriebswirtschaftliche Leistungsfähigkeit, führt jedoch zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen, zunehmender sozialer Ungleichheit und Spaltung, wenn es nicht gesellschaftlichen Schranken und Regeln unterworfen wird. Deshalb strebt Die LINKE eine neue sozial-ökologische Rahmensetzung für die Marktmechanismen an, weil ohne Mitbestimmung, gewerkschaftliche Gegenmacht und sozialstaatliche Regulierung private Unternehmerinteressen zu volkswirtschaftlich, sozial und ökologisch verlustreichen Fehlentwicklungen führen. Für mehr Investitionen und die Sicherung des Sozialstaats braucht der Staat Geld. Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten. Durch höhere Einnahmen kann auch die Verschuldung sozial gerecht abgebaut werden. Wir streiten mit unserem Wirtschaftsmodell für die Einheit von sozialer, ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit. Die nachhaltige Bewahrung und Wiederherstellung einer lebenswerten Umwelt ist eine zutiefst soziale Angelegenheit und zentrale Säule von wirtschaftspolitischer Gerechtigkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Katja Cönen
Mitarbeiterin