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Oskar Lafontaine
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Frage von Wilfried M. •

Frage an Oskar Lafontaine von Wilfried M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Lafontaine,

die kommunistische Bewegung hatte früher die Kommunistische Internationale, welche das Vorgehen in einzelnen Ländern strategisch koordinieren sollte.

Daß heute in den Ländern des Westens immer wieder wie im (z.T. verzögerten) Gleichschritt bestimmte politische Themen auf die Agenda gesetzt und umgesetzt werden, läßt mich an eine Art kapitalistische Internationale denken. Meinungsunterschiede zwischen westlichen Regierungschefs scheint es kaum noch zu geben, dafür viele Küßchen bei den vielen Treffen in kurzen abständen. Überall wird beispielsweise die Privatisierung in den Bereichen Bildung Eisenbahn Post Energie Sicherheit "Public Private Partnership" vorangebracht.
Könnte es auch nach Ihrer Meinung sein, daß die "Kapintern" aus den Führungsgremien von Organisationen wie McKinsey, BCG, Ernst& Young besteht, vielleicht der alle verbindenenden Scientology- Organisation?

Global tätige Netzwerke beraten ja Regierungen, Parteien, Ministerien und Firmen hierzulande und woanders.

Mit freundlichen Grüßen
W. Meißner

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Antwort von
BSW

Sehr geehrter Herr Meißner,

Ob die von Ihnen erwähnten Unternehmen, "Kapintern" genannt, mit der Organisation Scientology in irgendeiner Form in Verbindung stehen, entzieht sich der Kenntnis der LINKE. Fest steht, dass die Hedge-Fonds ("Heuschrecken") ihr Spiel der Jagd nach hohen Renditen immer offensiver treiben. Deutschland ist inzwischen zum Paradies für Hedge-Fonds geworden. Maßgeblich daran beteiligt war die alte Bundesregierung durch die Steuerfreiheit für Beteiligungsveräußerungen und die Zulassung von Hedge-Fonds im Investmentmodernisierungsgesetz.

Hedge-Fonds sind zum geradezu sinnbildlichen Ausdruck eines Kapitalismus geworden, in dem die Rendite-Ansprüche der explodierenden Finanz-, Vermögens- und Pensionstitel vorgeben, wo es lang gehen soll. Hedge-Fonds haben sich weltweit in zehn Jahren verachtfacht, in Deutschland sind sie bereits an mehr als der Hälfte der 30 Dax-Unternehmen beteiligt. Sie bestimmen auf Hauptversammlungen immer stärker die Firmenpolitik. Sie kaufen profitable Unternehmen auf und filetieren sie, wenn sie nicht mindestens die Eigenkapitalrendite von 20 bis 25 Prozent erzielen und picken sich – zu Lasten der Beschäftigten - die Rosinen heraus.

Die ganz überwiegend in steuerbegünstigten Steueroasen ansässigen Hedge-Fonds- und Private-Equity-Gesellschaften genießen gegenüber traditionellen Investmentfirmen große Privilegien. Sie agieren weitgehend ohne Kontrolle. Während kleine deutsche Volksbanken streng überwacht werden, können die milliardenschweren Hedge-Fonds ihren Geschäften ohne Kontrolle nachgehen. BaFin-Präsident Sanio bezeichnet die Hedge-Fonds als "die schwarzen Löcher des Weltfinanzsystems", niemand wisse, was dort vor sich geht.