Frage an Oskar Lafontaine von Sebastian T. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Lieber Hr. Lafontaine,
wie steht die Linke.PDS zum Thema Mindestlohn? Jetzt fragt sich der Leser sicherlich, warum ich eine Frage stelle deren Antwort schon bekannt ist. Dazu muss ich ein wenig ausholen.
Vor einigen Wochen stellte ich fest, dass die Linke eine sehr ambivalente Einstellung zu diesem Thema haben muss. Ich fand in meinem Briefkasten einen Brief dessen Absender Oskar Lafontaine lautete. Im Innern des Briefes war Parteiwerbung,das Briefcouvert fand ich jedoch wesentlich interessanter. Bei genauerer Betrachtung des Briefes stellte ich fest, dass dieser nicht über die deutsche Post sondern über einen privaten Zusteller namens Saariva versendet wurde. Jeder der sich im privaten Zustellergewerbe auskennt weiß, dass Saariva unter Tarif (Dumpinglöhne) bezahlt. Solche Unternehmen zu unterstützen, obwohl man gegen Privatisierungen und für gerechte Löhne steht, finde ich schon etwas befremdlich. Sie gehen durch die Fernsehlandschaft und prangern die Doppelzüngigkeit der anderen Parteien (insbesondere der SPD) an, während Sie selbst nicht authentisch handeln. Ich bitte um eine Erläuterung der Umstände.
rote Grüße
Sebastian Thul
P.S. mit meinem Augen ist alles in Ordnung und ich konnte das Saariva Logo deutlich erkennen
Sehr geehrter Herr Thul,
Mehr als ein Jahr tritt die Koalition beim Mindestlohn nun schon auf der Stelle. Das ist eine Schande angesichts von Millionen Menschen, die nicht von ihrer Arbeit leben können. Und es ist eine politische Farce, weil es im Bundestag eine Mehrheit für den Mindestlohn gibt, die von der SPD aber um des lieben Koalitionsfriedens Willen nicht genutzt wird.
Der Union sind Armutslöhne und die Meinung der Bevölkerung, die mehrheitlich für einen gesetzlichen Mindestlohn ist, offensichtlich völlig wurscht. Stattdessen werden ungeachtet der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Nutzlosigkeit von Steuersenkungen für Großunternehmen weitere Milliardengeschenke vorbereitet.
Um die eigene Unfähigkeit zu kaschieren, mit einem gesetzlichen Mindestlohn ein Stück soziale Gerechtigkeit herzustellen, treibt die Bundesregierung mit der Idee eines „Erwerbstätigenzuschlags“ nun eine neue Sau durchs Dorf. Müntefering behauptet, mit der Einführung staatlicher Einkommenszuschläge für Geringverdiener solle vermieden werden, dass diese zu ihrem Einkommen noch Arbeitslosengeld (ALG) II erhalten.
Tatsächlich bekäme die staatliche Lohnsubvention nur einen neuen Namen. Denn so wie der „Erwerbstätigenzuschlag“ aus Steuern erbracht werden soll, wird heute schon die Aufstockung von Hungerlöhnen durch das ALG II vom Steuerzahler finanziert. Die Unternehmen würden auf Kosten der Gesellschaft weiterhin von ihrer Pflicht entbunden, Existenz sichernde Löhne zu zahlen. Das ist das Gegenteil eines allgemeinverbindlichen gesetzlichen Mindestlohns.
Warum die Briefpost, die Ihnen zugegangen ist, von einem privaten Zusteller, hier Saarriva, übermittelt wurde, und nicht über die Deutsche Post, kann im Nachhinein nicht geklärt werden. Grundsätzlich arbeitet die LINKE nicht mit Zustellern zusammen, die Dumpinglöhne zahlen bzw. nicht den von uns geforderten Mindestlohn von acht Euro/Stunde auszahlen. Die Post wurde gewiss nicht vom MdB-Büro verschickt sondern von einer Gliederung der Partei, die selbstständig sich für den privaten Zusteller entschieden hat. Es gibt in der Satzung der Partei keinen Passus, der solches verhindern kann. Aber dennoch sind alle Parteigliederungen gehalten und es entspricht auch dem Geist der LINKE wie Sie zu Recht erwähnen, ihre Post nicht mit privaten Zustellern zu verschicken, die Dumpinglöhne zahlen.