Frage an Oskar Lafontaine von Hans-Jürgen E. bezüglich Wirtschaft
Lieber Oskar Lafontaine,
warum erklärt ein Politiker mit Ihrer Reputation den Bürgern nicht mal den täglichen Betrug mit der angeblich geringen Teuerungsrate ihres Euro? Was meine ich wohl, der Euro wurde allen Bürgern als großer Vorteil 2001 dargestellt. "Liebe Oma - statt 2, DM für ein Brot, zahlst Du nur noch etwa 1,--Euro! Na und? Tatsächlich sind seit Einführung, ich nenne es aktiv - die Teuerungsraten für Güter des täglichen Lebens und fast alle normalen Dienstleistungen für die Wähler und Bürger um satte 183,4 % gestiegen. Die Löhne, Einkommen, Gehälter und Renten aber nicht, die sind real eher geschrumpft. Nach meinen Berechnungen hat der Bürger im Jahre 2006 nur noch die Realkaufkraft seiner DM Bezüge von 38,6 % Kaufkraft von 100.-- DM vor Währungsreform. Mich würde Ihre Meinung zu dem brisanten Thema interessieren, ich halte diesem Umstand für einen gigantischen Umverteilungsbetrug.
Mit solidarischen Grüßen
H. J. Engelhardt
Sehr geehrter Herr Engelhardt,
Den Apologeten des Neoliberalismus müssen die Ohren klingen. Real, also unter Einrechnung der Preissteigerung für die Lebenshaltung, hatten die Privathaushalte in Deutschland 2006 im Durchschnitt zwei Prozent weniger Einkommen zur Verfügung als im Jahre 1991. Diese vom Statistischen Bundesamt mitgeteilten Daten belegen das Fiasko der neoliberalen Wirtschafts- und Sozialpolitik der Bundesregierungen unter Beteiligung von CDU, SPD, Grünen und FDP. Auf der Basis einer solchen Einkommensentwicklung kann es kein nachhaltiges, Arbeitsplätze schaffendes Wachstum geben. Wer glaubt, mit Steuersenkungen für Unternehmen und Vermögende, Lohnzurückhaltung sowie massiven Sozialkürzungen gesellschaftlichen Fortschritt zu erreichen, ist auf dem Holzweg. Der neoliberale Weg ist gescheitert. Er schließt breite Bevölkerungsschichten von der steigenden Wirtschaftsleistung aus.
Der Euro wurde bei seiner zunächst auf den Giralverkehr (bankeninterne Transferströme)zum 1. Januar 1999 eingeführten Währung und in der Folge später, als Bargeldeinführung zum 1. Januar 2002, zu einem festen Umtauschkurs für alle EU-Staaten eingeführt, die den Euro damals eingeführt haben. Es liegt inzwischen auf der Hand, dass gerade viele Betriebe aus Gastronomie, Einzelhandel und Dienstleistungsgewerbe bei und nach der Währungsumstellung die Preise angezogen und nicht dem offiziellen Umtauschkurs folgend gehandelt haben.
Der Politik sind in diesem Falle jedoch Handlungsweisen kaum möglich, da die Verkaufspreise im Einzelhandel bzw. in der Gastronomie oder im Dienstleistungsbereich von den Inhabern selbst festgelegt werden können.
Lediglich bei den im BGB normierten "Wucherpreisen" besteht über den Gesetzgeber die Möglichkeit des Eingreifens. Der Staat kann über Steuern und Abgaben Preise indirekt beeinflussen, aber selbst nur dort festsetzen, wo er selbst als Verkäufer tätig ist, zum Beispiel beim Verkauf staatlicher Liegenschaften. Jeder Bürger sollte daher durch Preisvergleiche Informationen einholen, wo er preisgünstig einkaufen kann. Ein Mittel dazu sind die Werbeprospekte von Einzelhändlern, die den Haushalten fast täglich in die Briefkästen zugehen.