Frage an Oskar Lafontaine von Detlef O. bezüglich Wirtschaft
Ich möchte ausschließlich eine Antwort von Herrn Lafontaine.
Sehr geehrter Herr Lafontaine,
in den Volkswirtschaftslehren spielt der Zins bei der Beachtung wirtschaftlicher Abläufe kaum eine Rolle. Was ist die Problematik am Zins? Stark vereinfacht:
Angenommen es gäbe 10 Unternehmen als Wirtschaftsteilnehmer. Diese Unternehmen müssen erstmal in Produktionsmittel und Produktentwicklung investieren und brauchen dazu Kapital. Das Kapital erhalten sie von den Banken. Angenommen jedes Unternehmen benötigt 100.000 Euro. Die Banken geben also 1 Mill. Euro in den Wirtschaftskreislauf. Dazu wollen die Banken 5% Zinsen. Das sind 50.000 Euro an Zinsen. Jetzt fangen alle fleißig an zu werkeln. Die Banken geben also 1 Mill. Euro in den Kreislauf, wollen aber 1.050.000 Euro zurück haben. Es wird mehr Geld zurück verlangt als im Kreislauf ist! Wenigstens ein Unternehmen muss daher auf der Strecke bleiben und kann seine Verbindlichkeiten nicht nachkommen! Dann muss das Unternehmen Insolvenz anmelden oder braucht einen Überbrückungskredit. Vielleicht schafft das besagte Unternehmen durch Produktivitätssteigerungen etc. seine Verbindlichkeiten zu erfüllen. Dafür muss ein anderes Unternehmen scheitern ... Jeder neue Kredit wird wieder gegen Zinsen ausgegeben und erhöht die Gesamt-Verschuldung stetig!
Folgen:
- wachsende Gesamtverschuldung der Volkswirtschaften,
- wachsende Verschuldung der Staaten (weil der Staat systemstabilisierend eingreifen muss),
- Zwang zum Wirtschaftswachstum bei vollen Konsumtempeln,
- Rationalisierungszwang und wachs.Kostendruck bei den Unternehmen (res.stetig wachsende Arbeitslosigkeit und Armut),
- Expansionszwang der Volkswirtschaften, res. Export von Arbeitslosigkeit (Globalisierung),
- Zusammenbruch des Systems (wie vor 70 Jahren)
1. Wie konkret wollen Sie die Verschuldung des Staates beseitigen?
2. Wie wollen Sie den fortschreitenden Verschuldungszwang der Volkswirtschaft beseitigen?
3. Wie wollen Sie den Zusammenbruch des Systems verhindern?
Sehr geehrter Herr Quart,
Oskar Lafontaine bedankt sich für Ihre Anfrage und hat mich gebeten Ihnen zu antworten.
Kaum ein Land erzielt bei den vermögensbezogenen Steuern so geringe Einnahmen wie Deutschland. Zu diesen Steuern gehören die Grund-, Vermögen-, Erbschaft- und Schenkungsteuer. Die Einnahmen aus den vermögensbezogenen Steuern betragen in Deutschland gerade einmal 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das ist weniger als die Hälfte des OECD-Durchschnitts. In Großbritannien werden vermögensbezogene Steuern in Höhe 4,6% des Bruttoinlandsproduktes erhoben. Würden wir in Deutschland einen derartigen Satz haben, so würden rund 90 Milliarden Euro zusätzliche Steuereinnahmen fällig. Der Netto-Vermögensbestand, also abzüglich der Schulden, beläuft sich auf knapp 8 Billionen Euro.
Das Geldvermögen belief sich Ende 2007 auf 4,6 Billionen Euro. Hinzu kommen 4,8 Billionen Euro Immobilienvermögen, von dem jedoch die Schulden in Höhe von 1,6 Billionen Euro abzuziehen sind, insgesamt also 3,2 Billionen Euro. Die Zahl der Dollar-Millionäre in Deutschland stieg von 756.000 im Jahre 2003 auf 833.000 im Jahr 2007. 2008 ging ihre Zahl auf 810.000 zurück, ihr Vermögen verringerte sich um zehn Prozent. Das durchschnittliche Geld-Vermögen je Millionär liegt bei gut 2,4 Millionen Euro. Hinzu kommt ein vermutlich nicht geringer Anteil am Nettoimmobilienvermögen. Die Millionärssteuer, wie sie von der LINKEN gefordert wird, sieht einen Freibetrag von einer 1 Million Euro vor, so dass lediglich der Vermögensanteil darüber mit fünf Prozent besteuert werden soll. Nach den verfügbaren Zahlen kann für 2008 nach Abzug des Freibetrages von einer zu besteuernden Vermögenssumme von 1,7 bis 2,1 Billionen Euro ausgegangen werden. Bei einem Steuersatz von 5 Prozent ergeben sich daraus, bei konservativer Schätzung, Einnahmen von 80 Mrd. Euro. Gleichzeitig brauchen wir ein reguliertes Finanzsystem und stabile Wechselkurse und Tobin Steuer. Das sind die von der Linken vorgeschlagenen Maßnahmen.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Schindel
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