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Omid Nouripour
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Frage von Achim S. •

Warum werden ukrainische Bürger unter Beibehaltung ihrer bisherigen Staatsbürgerschaft ohne Schwierigkeiten eingebürgert und z.B. russische Staatsbürger nicht ? A. sollten vor dem Gesetz gleich sein

Meine russische Frau wohnt seit 9 Jahren in Deutschland, arbeitet als Gymnasiallehrerin und zahlt Steuern . Sie möchte ihre russsiche Staatsbürgerschaft nicht abgeben, da sie sonst ein Grundstück im Wert von ca. 40 K Euro und eine halbe Dreizimmerwohnung sowie ihre Rentenansprüche verlieren würde . Die neueste russische Gesetzgebung verbietet Ausländern Grund und Boden in Rußland zu besitzen . Den Nachweis hier für einen Ausnahmetatbestand zu führen, ist praktisch unmöglich, da das Beibringen dieser Bescheinigungen regelmäßig von den russischen Behörden verweigert wird . Bei den Ukrainern wird faktisch von einer Unmöglichkeit des Autritts aus der Staatsangehörigkeit wegen nicht Bearbeitung der Anträge ausgegangen und es ist zwinged die Ausnahmeregelung nach §12 Abs, 1 S.2 STAG anzuwenden . Sind urkrainische Menschen mehr wert als russische Menschen ?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Leider können wir weder die individuelle Situation Ihrer Frau abschließend beurteilen noch eine Einzelfallprüfung durchführen oder Rechtsberatung vornehmen.

Grundsätzlich verhält es sich so, dass Ihre Frau den deutschen Behörden nachweisen müsste, dass sie unter § 12 (1) 5 fällt: Eine Bescheinigung aus Russland (z.B. wie in Ihrem Fall über im Ausland vorhandenes Eigentum) muss hierfür erbracht werden, aus der ersichtlich ist, dass Ihrer Frau beim Verzicht auf die ursprüngliche Staatsangehörigkeit erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen würden. Die Behördengänge in Russland sind sicherlich langwierig. Die Erbringung eines derartigen Nachweises ist aber grundsätzlich machbar und zumutbar. Demzufolge könnte sie also bei der Einbürgerung die russische Staatsbürgerschaft behalten, insofern sie die entsprechenden Nachweise aus Russland erbringt.

Im Falle der ukrainischen Staatsbürger*innen wird derzeit in der Tat von den Voraussetzungen des §10 gemäß § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 StAG abgesehen. Dies lässt sich damit begründen, dass nach ukrainischem Recht der Präsident per Dekret Staatsangehörige entlassen muss, was aufgrund des Angriffskrieges Russlands derzeit de facto nicht möglich ist. Hierbei handelt es sich nicht um eine politische Wertung, sondern um die Anerkennung der Realitäten vor Ort.

Das Bundesinnenministerium hat vor wenigen Tagen den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts veröffentlicht. Die Einbürgerung soll künftig deutlich vereinfacht und die Mehrstaatigkeit ermöglicht werden – vielleicht kann diese Neuregelung die Situation Ihrer Frau langfristig verbessern.

Mehr Informationen finden Sie hier: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2023/05/staatsangehoerigkeitsrecht.html

Den detaillierten Referentenentwurf können Sie hier nachlesen: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/gesetzgebungsverfahren/DE/Downloads/referentenentwuerfe/VII5/gesetz-zur-modernisierung-des-staatsangehoerigkeitsrechts.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Freundliche Grüße
Team Nouripour
 

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