Frage an Oliver Luksic von Stefan Peter L. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Luksic
auch Sie als FDP-Politiker und als mein "Nachbar" in Holz möchte ich um eine Stellungnahme bitten. Ich verfolge z.Zt. die Diskussion im deutschen Bundestag zur Frage der Präimplantationsdiagnostik (PID). Für mich als Katholik ist diese Diskussion eine Herausforderung zum Schutz des Lebens. Da im Ethos des christlichen Glaubens das Leben mit der Befruchtung der Eizelle beginnt, ist jede Manipulation oder Eingriff an Embronen nicht hinnehmbar. Zudem wird m.E. mit der Zulassung der PID Tür und Tor geöffnet das, in Kreisen die es sich leisten können, nur noch "Designerbabys" mit "TOP-Erbanlagen" geboren werden. Ärme Schichten hätten nur "normale" Kinder, vielleicht sogar mit einer Behinderung was natürlich dann ein "Schandfleck" wäre, da man das Kind ja hätte "verhindern" können.
Ich möchte gerne Ihre Position zu dieser Frage erfahren.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Leinenbach
Sehr geehrter Herr Leinenbach,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, die ein sensibles und wichtiges Thema betrifft. Dies ist auch der Grund, warum sich der Deutsche Bundestag dazu entschieden hat die Regelung zu erlassen, dass sich die Abgeordneten verschiedenen Gruppenanträgen ohne Fraktionszwang anschließen können.
Wie Sie wissen, existieren insgesamt drei verschiedene Anträge: Zum einen der Antrag, der von der gesundheitspolitischen Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Birgitt Bender, und dem Vorsitzenden der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, initiiert wurde und der sich für ein vollständiges Verbot der PID ausspricht. Zum anderen existiert der Antrag der Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit, Ulrike Flach, und des parlamentarische Staatssekretär Peter Hintze von der CDU, der für eine eng begrenzte Freigabe der PID wirbt.
Ein dritter Antrag, der vom SPD-Ethikexperten und Sprecherin für Bildungspolitik und Biotechnologie der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, Priska Hinz, spricht sich ebenfalls für eine "eng begrenzte Zulassung" der PID aus.
Klar ist: Nach dem Urteil des BGH vom letzten Juli brauchen wir in Deutschland eine eindeutige gesetzliche Regelung, in welchen Fällen die PID zulässig ist und welche Verfahren wann angewandt werden dürfen. Der Bundesgerichtshof wies in seinem Urteil darauf hin, "dass es widersprüchlich wäre, einerseits die belastenden Schwangerschaftsabbrüche" straffrei zu lassen und andererseits die PID, "die auf einem weitaus weniger belastenden Weg dasselbe Ziel verfolgt, bei Strafe zu untersagen".
Wir alle müssen dem menschlichen Leben mit größter Sensibilität begegnen und stets unseren Mitmenschen Achtung und Würde entgegenbringen. Es muss immer klar sein, dass die Entscheidung, ein schwerbehindertes oder -krankes Kind zu bekommen, allein die Entscheidung der betroffenen Frau und ihrer Familie ist. Eltern müssen und dürfen sich nicht für die Existenz eines kranken oder behinderten Kindes rechtfertigen.
Beim Thema PID geht es für mich vor allem um die Möglichkeit, Paaren mit genetischen Dispositionen für schwere Krankheiten zu helfen, ein gesundes und lebensfähiges Kind zu bekommen. Daher unterstütze ich den Antrag der Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit, Ulrike Flach, und des parlamentarische Staatssekretär Peter Hintze von der CDU.
Den großen Wunsch, Leben zu schenken und ihrem Lebensbund mit einem Kind Ausdruck zu verleihen verspüren natürlich auch jene Paare, die genetisch vorbelastet sind. Diese Paare wissen aber zudem auch um das besondere Risiko einer Schwangerschaft und um spätere Lebensrisiken für das Kind, dem eine schwere genetische Vorbelastung mitgegeben wird. Diese Paare plagen sich mit Sorgen und inneren Nöten – vor allem in solchen Fällen, in der die Vorbelastungen mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit schon zu einer Totgeburt führen könnten.
Im Juli letzten Jahres entschied der Bundesgerichtshof, dass die PID nicht gegen das Embryonenschutzgesetz verstößt und mit unserer Rechtsordnung vereinbar ist. Zur Untersuchung schwerer genetischer Belastungen ist die PID erlaubt. Ein generelles Verbot der PID würde bedeuten, dass die Frauen in einer Schwangerschaft auf eine Probe gestellt werden würden. Denn wird nach der Einpflanzung eine schwere Krankheit des Embryos festgestellt, z.B. durch Pränataldiagnostik, ist bei der Gefahr einer Fehl- oder Totgeburt eine Abtreibung möglich. Dieser Schritt wäre aber physisch und psychisch erheblich belastender als eine Verwerfung des geschädigten Embryos schon vor der Einpflanzung. Diese Paare, die sich dafür entscheiden, Leben zu schenken brauchen in ihrer schwierigen Situation Zuwendung. Das heißt, das Verbot der PID würde in der Realität nicht zum Lebensschutz beitragen.
In vielen europäischen Ländern ist die PID erlaubt, wenn auch die gesetzlichen Regelungen von Land zu Land verschieden sind: So ist die PID in Dänemark nur bei bekanntem erheblichem Risiko der Übertragung einer schwerwiegenden Erbkrankheit oder um schwerwiegende Chromosomenanomalien aufzudecken oder auszuschließen, erlaubt. Seit 2004 ist die PID zudem erlaubt, damit ein geeignetes Spendergeschwisterkind für ein bereits geborenes, aber todkrankes Kind geboren werden kann. Ärzte in Dänemark müssen die PID innerhalb eines Monats bei einer staatlichen Stelle melden.
In Frankreich hingegen ist die PID nur in Ausnahmefällen zugelassen: Ein Arzt aus einem multidisziplinären Zentrum für pränatale Diagnostik muss dazu ein "hohes Risiko der Übertragung einer besonders ernsthaften, unheilbaren genetischen Erkrankung" bestätigen. Die Durchführung der PID erfolgt in Fachzentren für Pränataldiagnostik - nach der Bewertung durch eine Ethikkommission.
In keinem der Länder, in dem die PID erlaubt ist, hat die PID weder zur Massennachfrage noch zu einer hierzulande häufig befürchteten „Menschenzucht“ geführt. Nach Angaben der Europäischen Gesellschaft für menschliche Reproduktion und Embryologie (ESHRE) wurde die PID im Jahr 2007 europaweit 6.822-mal durchgeführt.
Die Möglichkeit der PID wird also nicht zu "Designerbabys" führen oder bedeutet gar eine Spaltung der Gesellschaft, da jeder einzelne Fall von einer interdisziplinären Ethikkommission geprüft werden wird, deren Zustimmung zwingend notwendig ist. Der Personenkreis wird sich also auf wenige hundert Paare im Jahr beschränken.
In der PID sehe ich persönlich die Chance, mit Hilfe der medizinischen Möglichkeiten anderen Menschen zu dienen und die Not leidender Menschen zu mildern.
Ein Verbot der PID halte ich vor allem ethisch für schwierig: Ein solches Verbot würde im Falle der Schwangerschaft einer genetisch schwer vorbelasteten Frau diese in eine schwere persönliche Konfliktsituation treiben und der Frau den seelisch belastenden und körperlich belastenden Eingriff des Schwangerschaftsabbruchs gestatten.
Die PID ermöglicht es, Frauen vor eben dieser seelischen Notlage zu bewahren und einen entscheidenden Eingriff in das Leben zu vermeiden. Ich halte es für ethisch geboten, erblich schwer vorbelasteten Frauen das „Ja“ zum Kind zu erleichtern.
Die Diskussion um die PID verfolge ich mit allergrößter Aufmerksamkeit und ich werde mich dem Antrag anschließen, der meinen eben skizzierten Anforderungen am besten entspricht.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Luksic