Wie stehen Sie zu einer Anpassung der Rechtslage bezüglich sogenannter S-Pedelecs?
Sehr geehrter Herr Krischer,
Ich bin Aachener Bürger und seit einigen Monaten außerhalb Aachens in Oberforstbach angestellt. Ich würde mir gerne ein Jobrad für die Pendelstrecke anschaffen. Die 25Km/h Geschwindigkeitsbeschränkung für die Tretunterstützung sind allerdings außerorts arg langsam. S-Pedelecs unterstützen bis 45Km/h. Diese sind nach aktueller Rechtslage allerdings Mofas gleichgestellt und dürfen selbst außerorts keine Radwege nutzen, nicht an Radstellplätzen abgestellt werden usw. usf. Ich habe keine Lust, morgens auf der Straße von 70Km/h+ -fahrenden Autos hupend überholt zu werden, oder alternativ das Gesetz zu brechen und auf den Fuß- und Radwegen zu fahren. In der Schweiz ist das beispielsweise anders. Radwege dürfen von S-Pedelecs benutzt werden (natürlich nur mit 25Km/h innerorts), Ich sehe keinen Grund, warum das in Deutschland nicht auch möglich sein sollte. Wie stehen sie zu diesem Sachverhalt?
Mit freundlichen Grüßen
Oliver H.
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich kann Ihr Anliegen sehr gut nachvollziehen - was moderne und klimafreundliche Fortbewegungsmittel angeht, ist die Infrastruktur in Deutschland häufig noch nicht optimal ausgestaltet, fehlt gänzlich oder ist schlichtweg überlastet. Darum setzen wir uns seit langem z.B. für einen Ausbau der Fahrradinfrastruktur an Bundesstraßen, mehr Radschnellwege oder für Tempo 30 innerorts ein.
Der Freigabe aller Radwege außerorts für S-Pedelecs stehen wir allerdings kritisch gegenüber, zumal solche Wege meist gemeinsame Geh- und Radwege sind. 25 km/h ist eine typische Entwurfsgeschwindigkeit für Radwege, das heißt Radwege werden für diese Geschwindigkeiten geplant. Da S-Pedelecs bis zu 45km/h schnell sind, muss damit gerechnet werden, dass diese Geschwindigkeit auf den Radwegen tatsächlich auch gefahren wird. Das wäre ein deutlich höheres, weiteres Geschwindigkeitsniveau und würde entsprechend zu mehr Überholvorgängen führen. Sind die Wege stark frequentiert, führt dies erfahrungsgemäß zu Stress & Konflikten auf der oftmals ohnehin viel zu schmalen Radinfrastruktur.
Dem Argument, dass das S-Pedelec auf Radwegen Autofahrer*innen wie Sie zum Umsteigen bewegt, steht auf der anderen Seite die Befürchtung entgegen, dass es Radfahrer*innen (besonders die interessierten, aber vorsichtigen) von der Fahrradnutzung abschreckt. Deren Potenzial für den Radverkehr ist aufgrund ihrer Anzahl, trotz kürzerer Fahrstrecken, weitaus größer.
Aktuell erwarten wir erste Erfahrungsberichte der Freigabe von Radwegen für S-Pedelecs in Tübingen. Diese werden wir uns sehr genau anschauen.
Herzliche Grüße
Oliver Krischer