Guten Tag Herr Krischer, was werden Sie unter Bedingung der Wahl in den Bundestag konkret unternehmen, um Zugverbindungen in Deutschland zuverlässiger, schneller und komfortabler zu gestalten?
Guten Tag Herr Krischer,
jedes Woche pendele ich zwischen Aachen und Kempten (Allgäu). Damit ergeben sich regelmäßig zwei Bahnfahrten pro Woche, die planmäßig gut fünfeinhalb Stunden dauern. Eine Reisedauer, die mit dem Auto wettbewerbsfähig ist.
Allerdings zeigt die Realität, dass ich bei etwa 50 % meiner Fahrten mehr als 60 Minuten verspätet am Ziel ankomme.
Die Gründe sind divers: belegte Streckenabschnitte, sodass Züge warten müssen (Infrastruktur!); verspätete Bereitstellung von Zügen (Material/Personal), Signalstörungen (Infrastruktur), defekte Züge (Güter, Personen; Infrastruktur (Ausweichgleise), Material). Teilweise fehlt auch beim Personal die Bereitschaft, sich ernsthaft um die Vormeldung von Anschlusszügen zu bemühen.
Was werden Sie unter Bedingung der Wahl in den Bundestag konkret unternehmen, um Zugverbindungen in Deutschland zuverlässiger, schneller und komfortabler zu gestalten? Was haben Sie in der ablaufenden Wahlperiode dafür getan?
Ich freue mich auf Ihre Antwort!
Sehr geehrter Herr Wollbrink,
vollstes Verständnis für Ihren Ärger über den Mangel an Verlässlichkeit und Qualität bei der Deutschen Bahn. Das die Verspätungsquote auf einer Strecke so schlecht ist, hätte ich nicht gedacht.
Die teilweise schlechte Performance der DB hat eine wesentliche Ursache: Über Jahrzehnte haben die unterschiedlichen Bundesverkehrsminister von Union und SPD allein dem Straßenbau Priorität eingeräumt und die Schieneninfrastruktur in Deutschland kaputtgespart - verschärft noch einmal in der Zeit von Bahnchef Mehdorn, als die schwarz-rote Bundesregierung die DB AG an die Börse bringen wollte. Bis heute hält die verkehrs- und klimapolitisch falsche Prioritätensetzung an: Im Jahr 2019 wurden 233 Kilometer neue Bundesstraßen und Autobahnen errichtet, aber gerade einmal 9 Kilometer Schiene. 2020 waren es 0(!) Kilometer neue Schienenwege, die Straßenbeläge wurden um 124 Kilometer verlängert. Und das obwohl Deutschland längst eines der dichtesten Straßennetze auf der Welt hat. Für den Autobahnausbau haben Union und SPD eine neue Bundesautobahngesellschaft gegründet ("Die Autobahn GmbH des Bundes"), die üppig mit Einnahmen u.a. aus der Lkw-Maut ausgestattet wird. Insgesamt stehen ihr an Investitionsmitteln jährlich 5 Mrd. Euro zur Verfügung. Für den Ausbau des Schienennetz mit dem Ziel, bis 2030 einen Deutschland-Takt mit kurzen Umsteigezeiten und entsprechend verlässlichen Anschlüssen zu schaffen (so das offizielle Ziel der Bundesregierung, das wir GRÜNE unterstützen) bleibt der erforderliche Aufwuchs der Investitionsgelder aus. Dazu kommt eine vernachlässigte Instandhaltung. Im reichen Deutschland ist jede 6. Weiche, jede 6. Brücke und jedes 6. Gleis reparaturbedürftig, der "kritische Nachholbedarf liegt inzwischen bei 29 Mrd. Euro. Wir GRÜNE fordern, bis 2035 zusätzlich 100 Mrd. Euro für das Schienennetz auszugeben, um den Bahnverkehr in Deutschland endlich fit zu machen.
Den deutlichen höheren Ausgabenbedarf zeigt übrigens auch der europäische Vergleich: Bei den Pro-Kopf-Ausgaben für den Schienenverkehr ist Deutschland im Tabellenkeller. Gerade einmal 76 Euro pro Kopf stellt die aktuelle Bundesregierung unter Finanzminister Scholz für die Schieneninfrastruktur bereit. Die Schweiz, Österreich, Schweden und sogar das kleine Luxemburg geben mitunter mehr als das Vierfache aus, um einen guten Bahnverkehr zu garantieren.
Geld alleine wird aber nicht reichen. Eine bessere Aufsicht des zuständigen Bundesverkehrsministeriums und eine Strategie, dass Baufirmen ihre Kapazitäten im Bereich Schiene ausbauen, gehören ebenso dazu.
Mit freundlichen Grüßen,
Oliver Krischer