Frage an Oliver Krischer von Heike B. bezüglich Verkehr
Die Abschaffung der Rückkehrpflicht für Mietwagen ist im Gespräch. Dies klingt harmlos, hat aber verheerende Folgen. Dies wäre das Einfallstor für Uber, Lyft und Co. Die Anzahl der Pkw zur Beförderung in den Städten erhöht sich um das bis zu 7-fache, (New York: 14.000 Cabs, plus 80.000 Uber, plus 23.000 Lyft) da man Neuanmeldungen nicht beschränken kann. Durch einen Zulassungsstopp für 1 Jahr, versucht New York dem Problem Herr zu werden. Dagegen klagt Uber. Uber ist Anstoß für eine Änderung des Ordnungsrahmen des PBefG, fühlt sich an Gesetze nicht gebunden, schreibt Verluste in Milliardenhöhe, ist bekannt für seine weitreichende Lobbyarbeit, Preisdumping und sein disruptives Vorgehen am Markt weltweit. Im PBfG spielt der Begriff der "persönlichen Zuverlässigkeit" eine besondere Rolle - ein Maßstab, der auch bei der Beurteilung neuer Anbieter beachtet werden muss. Hinzu kommt, das mit Freigabe des Marktes eine Kontrolle desselben, nicht mehr möglich wäre, da das Personal dazu fehlt, die Fahrtenaufzeichnung nicht vorhanden ist und die Wagen nicht kenntlich sind. Zwei Systeme, das Taxi mit seinen Auflagen, Vorschriften und Kosten, neben einem privaten Anbieter, der völlig frei von Pflichten ist. Das ist unlauterer Wettbewerb. Die Freigabe des Marktes, auf diese Art und Weise, würde das Taxigewerbe zerstören, das Steuerzahler und Arbeitgeber in Deutschland ist. Es geht um ca. 250.000 Arbeitsplätze. Uber zahlt in Deutschland keine Steuern und übernimmt keine Verantwortung. Alles das, was man sich für die Zukunft in der Mobilität wünscht, kann Taxi bereits. Es gibt unzählige Taxi-Apps (davon Taxi Deutschland, seit 2010 rund 2.600 Städte und Gemeinden), Bargeldlose Zahlung, Ride Pooling (mytaximatch), AST (Anruf-Sammel-Taxi) auf dem Land, etc. Mir ist es daher unerklärlich, warum man dieses Gewerbe nun vernichten will und den Markt an Uber verschenken. Wo liegt da der Vorteil? Daher möchte ich Sie fragen, wie stehen Sie zur Aufhebung der Rückkehrpflicht für Mietwagen?
Sehr geehrte Frau Becker,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Reform des Personenbeförderungsgesetzes hat uns in den letzten Wochen tatsächlich intensiv beschäftigt.
Grundsätzlich muss ein modernes Personenbeförderungsgesetz Antworten auf die drei größten Herausforderungen des öffentlichen Verkehrs geben. Wesentlich ist dabei die Frage nach den Rechten und Pflichten, die in Zukunft für neue Mobilitätsanbieter gelten sollen. Aber auch das Problem der überfüllten Busse und Bahnen in den Morgen- und Feierabendzeiten muss endlich angegangen werden. Zugleich muss eine Antwort auf den Umgang mit wachsenden Pendlerströmen aus dem Umland in die Stadt gefunden werden.
Während in Ballungszentren heute schon ein Überangebot an Mobilitätsdiensten existiert, ist es auf dem Land teilweise fast unmöglich überhaupt ein regelmäßiges und zuverlässiges Angebot mit Bus und Taxi sicherzustellen. Hier muss die öffentliche Hand regulierend eingreifen, denn Mobilität für alle – unabhängig vom Wohnort, Geldbeutel oder Alter – gehört, aus unserer Sicht, zur Daseinsvorsorge.
Daher müssen Car- und Ridesharing-Anbieter, genauso wie ÖPNV und Taxigewerbe, gesetzlich dazu verpflichtet werden ihre Fahrdienste nicht nur in lukrativer Innenstadtlage, sondern auch am Stadtrand anzubieten. Wer einen taxi- oder ÖPNV-ähnlichen Service anbietet, muss sich auch an die entsprechenden Regeln wie Betriebs-, Beförderungs-, und Tarifpflicht halten. Kannibalisierungseffekte zwischen ÖPNV, Taxigewerbe und Sharing-Systemen gilt es zu vermeiden. Ridesharing-Dienste können, richtig konstruiert, eine sinnvolle Ergänzungsfunktion in einem insgesamt qualitativ verbesserten Mobilitäts-System spielen, um den Individualverkehr mit dem eigenen Auto zu verringern.
Eine reine Marktliberalisierung und Öffnung für Sharing-Anbieter wie Uber und Co verfehlt jede ökologische und soziale Lenkungswirkung. Es besteht die Gefahr, dass am Ende faktisch mehr Fahrzeuge, ob nun Pkw oder Kleinbusse, auf den Straßen umherfahren und der Verkehrskollaps damit zum Verkehrs-Super-Gau mutiert. Um die Klimaziele der Bundesregierung im Verkehrsbereich bis 2030, nämlich die Reduktion der Treibhausgasemissionen um 40 Prozent im Verkehrsbereich im Vergleich zum Jahr 1990, zu erreichen, müssen wir darum auf mehr Mobilität bei weniger Verkehr setzen. Das heißt, Bus und Bahn müssen weiterhin den Vorrang im Nahverkehr genießen – schließlich bieten sie immer noch das effizienteste Ride-Pooling an. Neue Mobilitätsdienste dürfen, genauso wie bisher schon Taxis, das bestehende Angebot aus Bus und Bahn nur ergänzen, nicht ersetzen.
Voraussetzung für die Genehmigung ist neben dem Nachweis über Fachkunde auch die persönliche Eignung. Zudem sind – je nach Beförderungstyp - konkrete Marktzugangsvoraussetzungen vom Gesetzgeber festgelegt. Hierzu gehören die Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht sowie für das Mietwagengewerbe die Rückkehrpflicht. Durch diese Pflichten wird den Fahrgästen – je nach Bedürfnissen – eine verlässliche Mobilität, ob im Linienverkehr mit Bus und Bahn oder individuell mit Taxi oder Chauffeur-Dienst, gewährleistet. Darum fordern wir, eine Abgrenzung zwischen den einzelnen Transportformen mit den dazugehörigen Rechten und Pflichten beizubehalten und sinnvoll zu ergänzen. Im Personenbeförderungsgesetz ist, mit diesen Grundannahmen in seiner derzeitigen Form, bereits eine ökologische und soziale Lenkungswirkung verknüpft. Darum müssen die aus diesen Grundannahmen definierten Standards weiterentwickelt werden.
Dies haben wir im aktuellen Autorenpapier zum Thema noch einmal ausführlich erläutert: https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/mobilitaet/pdf/Autorenpapier_Personenbefoerderung.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Krischer