Frage an Oliver Krischer von Otto M. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Krischer,
Sie und Ihre Partei verlangen einen möglichst schnellen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor.
Dies mag aus einer klimapolitischen Perspektive notwendig sein, aber angesichts der gigantischen Bedeutung der Autoindustrie - neben VW-Konzern, BMW und Daimler gibt es ja noch die vielen Zulieferer - für den Standort Deutschland ruinös. Auch das Frauenhofer-Institut geht von starken Beschäftigungs-Einschnitten durch den Umstieg auf die Elektromobilität aus. Sollte die Politik Maßnahmen ergreifen, um diesem drohenden Beschäftigungsverlust entgegen zu wirken?
Zudem: Nach den europäischen CO2-Richtlinien können sich die Hersteller Elektroautos als Null-Emissions-Wagen anrechnen lassen. Macht es Sinn, dass ein Audi e-tron mit 2.5t und 500PS - der aus betriebswirtschaftlicher Sicht natürlich lohnenswerter zu bauen ist als ein Kleinwagen - vor dem Gesetz als klimaschädlicher gilt als ein VW up? Oder sollte man die Richtlinie so verändern, dass auch Herstellungsemissionen und Energieverbrauch berücksichtigt werden?
Sehr geehrter Herr Meyer,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte.
Eine aktuelle Studie des Institutes für Arbeitsmarkt und Berufsforschung befasst sich mit den Herausforderungen des Ausbaus der Elektromobilität für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze (http://doku.iab.de/forschungsbericht/2018/fb0818.pdf).
In den Medien wurde zuletzt besonders die Botschaft vermittelt, dass durch den Umbau viele Arbeitsplätze bis 2035 gefährdet seien. In der Berichterstattung wurde aber oft übersehen, dass durch die Umstellung auf die Elektromobilität erst einmal positive Beschäftigungseffekte bis zum Jahr 2022 prognostiziert werden. Im Jahr 2019 werden durch den Umbau zur E-Mobilität etwa 40.000 mehr Menschen beschäftigt sein als bei einem „Weiter-So“. 2020 sind es noch immer etwa 30 Tausend mehr Jobs.
Neue Beschäftigung wird es dabei weniger im Fahrzeugbau selbst geben, aber dafür in anderen Branchen. Das hängt mit dem Investitionsbedarf durch die Elektromobilität zusammen. So profitieren zum Beispiel der Maschinenbau, das Baugewerbe, aber auch die Informations- und Kommunikationstechnologie und die Weiterbildungsbranche. Auch die Energieversorger profitieren selbstverständlich von der Umstellung auf Strom als Antriebsmittel und werden dauerhaft neue Stellen schaffen. Dabei wird es grundsätzlich eine Nachfrage nach Arbeitskräften aller Qualifikationen geben, Fachkräfte und ExpertInnen werden besonders profitieren.
Interessant an den Prognosen ist vor allem folgender Punkt: Abhängig davon, wie sich die Batterieproduktion in Deutschland entwickelt, sind auch langfristig positive Wirtschafts- und Beschäftigungseffekt zu erwarten. Hier anzusetzen ist Aufgabe eines langfristig denkenden Managements. Politisch gilt es, jetzt geeignete wirtschafts- und beschäftigungspolitische Voraussetzungen zu schaffen.
Dass die Klimakrise unser aller Wohlbefinden und Wohlstand gefährdet, ist eine Tatsache. Es muss von daher aus ökonomischer Sicht im ureigenen Interesse unserer Industrie sein, notwendige wirtschaftliche Trends nicht zu verschlafen und sich dementsprechend aufzustellen. Ein Blick nach Detroit zeigt, welche schweren wirtschaftlichen und auch sozialen Verwerfungen zu erwarten sind, wenn gerade große Konzerne den Anschluss verlieren. Viele Unternehmen haben das inzwischen erkannt. Auch bei der deutschen Automobilindustrie ist ein langsames Umdenken erkennbar.
Von daher ist richtig: Wenn der ökologische Umbau nicht von den Unternehmen mit politischer Unterstützung konsequent vorangetrieben wird, dann sind viele Arbeitsplätze in ernsthafter Gefahr. Wir müssen darum ökologische Leitplanken setzen, planbare und verbindliche Ziele formulieren und die Unternehmen in die Pflicht nehmen und bei der Veränderung unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Krischer