Frage an Oliver Krischer von Philipp W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo, Herr krischer
glauben sie das die AFD IRGENDWANN stärkste Partei im Bundestag wird. Hoffen die ich es natürlich nicht.
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne versuche, zu beantworten - so schwierig derlei Prognosen natürlich immer sind.
Wir nehmen die AfD und die durch sie ausgehende Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung sehr ernst. Die Ziele der AfD im Spektrum zwischen ultrakonservativ und völkisch-nationalistisch lehnen wir ab, genauso wie der Großteil der Bevölkerung.
Die Wählerschaft für die AfD ist zum Glück begrenzt. Langzeitstudien zeigen, dass der Anteil der Bevölkerung mit rechtsextremen Einstellungen seit Jahrzehnten relativ konstant ist. Dieser Gruppe bietet die AfD nun eine Heimat, sie ist aber nicht groß genug, um die AfD zur stärksten Partei im Bundestag zu machen. Damit dies so bleibt, scheuen wir nicht die Auseinandersetzung mit der AfD. Wir treten der Diskusverschiebung nach rechts entschieden entgegen und bemühen uns, den rassistischen und antifeministischen Kern der AfD offen zu legen. Gleiches gilt für die von der AfD präsentierten Scheinlösungen. Es gibt dabei nicht die eine, richtige Strategie. Dauerempörung bringt uns nicht weiter. Vielmehr brauchen wir ein stetiges Ausloten des passenden Umgangs mit der zunehmenden rechtspopulistischen Enthemmung. Essentiell ist jedoch, weiterhin für eine offene, tolerante, soziale und ökologische Gesellschaft einzutreten: Wir müssen die Existenzgrundlagen der Menschen sichern. Wichtig ist dabei z.B. die Stärkung der Sozial- und Verkehrsinfrastruktur zur Förderung von Chancengerechtigkeit, um dem Gefühl des „abgehängt seins“ etwas Substanzielles entgegenzustellen. Und wir werden weiterhin für eine demokratische, gerechte, solidarische Gesellschaft in Deutschland und in Europa einstehen.
Protest aus der Mitte der Gesellschaft wie zuletzt gegen Neonazis in Ostritz in Sachsen Ende April oder gegen die AfD in Berlin Ende Mai ist ebenso nötig. Er macht unmissverständlich klar, dass die AfD eben nicht für die Mehrheit der Bevölkerung spricht, sondern nur eine wütende Minderheit repräsentiert. Angesichts dieses lautstarken BürgerInnenprotests und des nach wie vor tragfähigen zivilgesellschaftlichen Engagements bin ich sehr zuversichtlich, dass die AfD niemals stärkste Kraft im Bundestag werden wird.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Krischer